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d) Interessenabwägung

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Soweit zwischen einer betroffenen Person und einem Verantwortlichen kein Vertrag angebahnt wird oder geschlossen wurde, der eine für den Vertragszweck erforderliche Datenverarbeitung gem. Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 lit. b DSGVO erlaubt, werden sich Verantwortliche bei einer Verarbeitung personenbezogener Daten ganz überwiegend auf den Erlaubnistatbestand Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 lit. f DSGVO stützen, der in der Praxis für zahlreiche Anwendungsfälle herangezogen wird. Voraussetzung dafür ist, dass die Verarbeitung erstens zur Wahrung berechtigter Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erfolgt, dass zweitens diese Verarbeitung dafür erforderlich ist und schließlich drittens die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person demgegenüber nicht überwiegen.205

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Die Vorschrift ähnelt damit sehr dem § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BDSG a.F., nach dem der verantwortlichen Stelle die Verarbeitung als Mittel für die Erfüllung eigener Geschäftszwecke erlaubt war, soweit sie zur Wahrung berechtigter Interessen der verantwortlichen Stelle erforderlich war und kein Grund zu der Annahme bestand, dass das schutzwürdige Interesse des Betroffenen an dem Ausschluss der Verarbeitung oder Nutzung überwog. Im Unterschied zu diesem Erlaubnistatbestand kann nach der DSGVO auch die Wahrung von Interessen Dritter zu einer Erlaubnis der Verarbeitung führen.

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Dieser Erlaubnistatbestand nach Buchstabe f erfordert folglich eine vom Verantwortlichen vorzunehmende Abwägung eigener berechtigter Interessen bzw. der berechtigten Interessen eines Dritten mit möglicherweise entgegenstehenden und überwiegenden Interessen der betroffenen Person, wobei nach ErwG 47 Satz 1 „die vernünftigen Erwartungen der betroffenen Personen, die auf ihrem Verhältnis zu dem für die Verarbeitung Verantwortlichen beruhen, zu berücksichtigen“ sind. Je näher das Verhältnis des Verantwortlichen zu den betroffenen Personen ist, umso eher dürfte die Abwägung zugunsten des Verantwortlichen ausfallen. Das ist jedenfalls die Annahme von ErwG 47, der davon ausgeht, dass ein berechtigtes Interesse vorliegen dürfte, wenn „eine maßgebliche und angemessene Beziehung zwischen der betroffenen Person und dem Verantwortlichen besteht, z.B. wenn die betroffene Person ein Kunde des Verantwortlichen ist oder in seinen Diensten steht“.206 Demnach kann eine Abwägung nur vorgenommen werden, wenn der betroffenen Person bekannt ist, dass Daten über sie verarbeitet werden. Das unterstreicht wiederum der ErwG 47, der davon ausgeht, dass bei einer Abwägung zu prüfen ist, „ob eine betroffene Person zum Zeitpunkt der Datenerhebung und angesichts der Umstände, unter denen sie erfolgt, vernünftigerweise absehen kann, dass möglicherweise eine Verarbeitung für diesen Zweck erfolgen wird“. Wieder wird hier der Grundsatz der Transparenz deutlich, nach dem erwartet wird, dass die betroffene Person entsprechend der Anforderungen aus Art. 13, 14 DSGVO über die Verarbeitung ihrer Daten informiert ist. Diese wertausfüllende Anforderung wird bei der Abwägung zu berücksichtigen sein.

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Bei der Abwägung gilt es weiter zu prüfen, ob die Verarbeitung wirklich erforderlich ist und ob Daten von Kindern verarbeitet werden, die eines besonderen Schutzes bedürfen. Keineswegs führt aber allein die Tatsache, dass die betroffene Person ein Kind ist, schon zu der Annahme, dass bei der Abwägung mit den Interessen des Verantwortlichen das des Kindes stets überwiegt, sodass die Verarbeitung dann ohne weitere Erwägungen unzulässig wäre.207 Gleichwohl muss der Verantwortliche sorgfältig abwägen, ob er die Daten eines Kindes ohne Einbeziehung der Eltern und deren Zustimmung aufgrund einer Interessenabwägung verarbeiten darf. Dabei sind das Alter des Kindes und die Art der Daten zu berücksichtigen. Die Wertung des Art. 8 DSGVO ist zu beachten. Danach wird die Verarbeitung der Daten von Kindern, die das 16. Lebensjahr vollendet haben, weniger problematisch sein, als die von noch jüngeren Kindern. Als Kind im Kontext des Art. 6 DSGVO werden mit den Entwürfen von Kommission und Parlament alle Personen anzusehen sein, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben (Art. 4 Nr. 18 DSGVO-E).208

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Außerdem ist zu beachten, dass Behörden eine Verarbeitung personenbezogener Daten nach Art. 6 Abs. 1 Satz 2 DSGVO dann nicht auf den Buchstaben f stützen können, wenn die Verarbeitung der Erfüllung ihrer Aufgaben dient.209 Hierfür wäre eine Erlaubnis in Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 lit. c bis lit. e DSGVO zu prüfen. In ErwG 47 Satz 4 wird dementsprechend darauf hingewiesen, dass „es dem Gesetzgeber obliegt, per Rechtsvorschrift die Rechtsgrundlage für die Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Behörden zu schaffen“, sodass die Behörden auch hiermit bei der Datenverarbeitung in Erfüllung ihrer Aufgaben auf Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 lit. e DSGVO in Verbindung mit einer Aufgabenzuweisung aus einem Fachgesetz als Erlaubnisnorm verwiesen werden.

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Bei einem fiskalischen Handeln treten Behörden wie Personen des Privatrechts auf. Schließen sie bei privatrechtlichen Hilfsgeschäften Verträge (etwa Kauf- oder Mietverträge), die die Verarbeitung personenbezogener Daten erfordern, dann werden sie eine Erlaubnis in Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 lit. b DSGVO finden können. Nur dann, wenn die Datenverarbeitung nicht der Aufgabenerfüllung dient, nicht zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung oder im Zusammenhang mit einer Vertragserfüllung steht, wenn ein berechtigtes Interesse die Datenverarbeitung erforderlich macht und Interessen der betroffenen Personen demgegenüber nicht überwiegen, könnte sich auch eine Behörde bei der Verarbeitung auf die Erlaubnis aus Buchstabe f stützen.210

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Auch eine Verarbeitung besonderer Kategorien personenbezogener Daten ist nicht auf der Grundlage einer Interessenabwägung nach Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 lit. f DSGVO möglich. Als lex specialis geht Art. 9 DSGVO als Erlaubnistatbestand für die Verarbeitung besonderer Kategorien personenbezogener Daten vor. In Art. 9 DSGVO findet sich eine vergleichbare Regelung mit einer Abwägungsoption nicht.

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Anwaltskanzleien haben Zugang zu Gerichtsakten. Darin enthaltene personenbezogene Daten sind nicht öffentlich zugänglich und genießen eine besondere Schutzbedürftigkeit. Deswegen dürfen die Anschriften der in der (Insolvenz-)Akte genannten Personen, zu denen zudem kein Kontakt bestand, von der Rechtsanwaltskanzlei nicht unter Berufung auf Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 lit. f DSGVO für Mandantenakquise (Marketingzwecke) verwendet werden.211

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