Читать книгу Handbuch des Verwaltungsrechts - Группа авторов - Страница 166
II. Das „DDR-Abwicklungsrecht“
Оглавление11
Privatisierungs-, Rückerstattungs-, Entschädigungs- und Rehabilitierungsrecht
Die Erstreckung des westdeutschen Verwaltungsrechts auf das Gebiet der ehemaligen DDR setzte zugleich ein umfassendes „DDR-Abwicklungsrecht“ voraus. Dieses Übergangsrecht ermöglichte die „Abwicklung“ der DDR-Planwirtschaft durch Privatisierung der ehemals volkseigenen Betriebe, die Vermögensrestitution[50] und die Rehabilitierung nach Maßgabe der Rehabilitierungsgesetze des 2. SED-Unrechtsbereinigungsgesetzes vom 23.6.1994.[51]. Diese Regelungen waren politisch (natürlich) hoch umstritten, rechtlich hoch komplex und zudem ständigen Änderungen unterworfen. Anwendungs- und Akzeptanzprobleme waren nicht zuletzt auch darauf zurückzuführen, dass diese Gesetzgebung ausschließlich Begrifflichkeiten mit westdeutschen Bedeutungsgehalten verwendete, die oft kaum zu den DDR-Realitäten passten.[52] Dreißig Jahre nach der Wiedervereinigung kann dieser Übergangsprozess, der die politische Wahrnehmung vom „Gelingen“ der Wiedervereinigung erheblich (und unterschiedlich) geprägt hat, als abgeschlossen gelten. Die spätere Entwicklung des nun gesamtdeutschen Verwaltungsrechts wurde hiervon jedoch kaum beeinflusst. Überlegungen, etwa die Privatisierungsverfahren der Treuhand als Verwaltungsverfahren zu begreifen und Verfahrensrechte von Bietern und Alteigentümern (nicht aber der veräußerten Unternehmen) zu konstruieren,[53] wurden von der Rechtsprechung sehr schnell zu Gunsten einer rein privatrechtlichen Sichtweise verworfen.[54] Dies hat wohl bis heute die Anerkennung eines wirklichen Privatisierungsverfahrensrecht verhindert.[55]
12
Stasi-Unterlagen-Gesetz und Informationsfreiheitsgedanke
Für die weitere Verwaltungsrechtsentwicklung im wiedervereinigten Deutschland von Bedeutung war jedoch das Stasi-Unterlagen-Gesetz vom 20.12.1991.[56] Es hat freien Zugang der Betroffenen zu den sie betreffenden Akten auch unabhängig von einem konkreten Verwaltungsverfahren letztlich in einem genuin „deutschen“ Sachzusammenhang denkbar gemacht und begründete insoweit durchaus auch einen Paradigmenwechsel für die vom Grundsatz der geheimen Verwaltung geprägte westdeutsche Tradition: Transparenz wurde hier als Instrument zur Aufarbeitung von Staatsunrecht und damit auch als Ausdruck demokratischer Verantwortlichkeit der Staatsgewalt vor dem Volk und als Reaktion auf die Geheimhaltungs- und Verdeckungspolitik der DDR-Diktatur verstanden.[57] Die Erfahrungen mit der DDR-Diktatur waren es u. a. auch, die dazu führten, dass die Verfassung des Landes Brandenburg vom 20.8.1992 als erste deutsche Verfassung in Art. 22 Abs. 4 ein voraussetzungsloses Akteneinsichtsrecht als „Recht auf politische Mitgestaltung“ garantierte,[58] weshalb in Brandenburg mit dem Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetz (AIG) vom 10.3.1998[59] auch das erste allgemeine Informationsfreiheitsgesetz geschaffen wurde.[60] Die weitere Diskussion über die Einführung der Informationsfreiheit in Deutschland[61] war allerdings eher von rechtsvergleichenden und europäischen Impulsen geprägt.[62]