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IV. Neues Steuerungsmodell, Verwaltungsorganisations- und Dienstrechtsreformen
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„Neues Steuerungsmodell“
Während sich die Reformleitbilder des „schlanken Staates“ bzw. des „aktivierenden Staates“[139] eher auf die Makroebene der Staatsaufgaben und damit auf das Verhältnis zwischen Staat und Gesellschaft (und vor allem die Wirtschaft) bezogen, war das aus dem „New Public Management“ hervorgegangene, maßgeblich von der KGSt Anfang der 1990er Jahre entwickelte „Neue Steuerungsmodell“ letztlich auf die Mikroebene der internen Verwaltungsorganisation und Abläufe ausgerichtet, die nach betriebswirtschaftlichen Managementmodellen (re-)organisiert werden sollten.[140] Gunnar Folke Schuppert nennt als „Kernelemente“ des „Neuen Steuerungsmodells“:
- | den Aufbau einer unternehmensähnlichen, dezentralen Führungs- und Organisationsstruktur; |
- | eine Outputsteuerung durch Schaffung von Instrumenten zur Steuerung der Verwaltung von der Leistungsseite her, insbesondere auch mittels eines Kontraktmanagements; |
- | eine Aktivierung dieser neuen Struktur durch Wettbewerb und Kundenorientierung.[141] |
Dass das „Neue Steuerungsmodell“ in den 1990er Jahren einen so großen Einfluss auf die Verwaltungsreformpolitik gerade in den alten Bundesländern erringen konnte, dürfte vor allem mit den hiermit verbundenen Hoffnungen nach Einsparungen zum Ausgleich der durch die Wiedervereinigung bedingten erheblichen Transferleistungen von West nach Ost verbunden gewesen sein.[142] Rechtlich erforderte das „Neue Steuerungsmodell“ vor allem eine Flexibilisierung des Haushaltsrechts und des öffentlichen Dienstrechts. Gerade dies ermöglichte der Politik, Verwaltungsorganisations- und Dienstrechtsreformen als einzelne Schritte zur Umsetzung des (positiv besetzten) „Neuen Steuerungsmodells“ auszuflaggen.[143]
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Umsetzungsdefizite
Mittlerweile hat das „Neue Steuerungsmodell“ an „Strahlkraft“ verloren:[144] Die grundlegende Finanznot von Staat und Kommunen lässt sich nicht durch reine Organisationsverbesserungen beheben.[145] Auch standen die Reformkosten nicht immer im rechten Verhältnis zum praktischen Nutzen der Maßnahmen.[146] Teilweise konnten die Reformen nach dem Konzept des „Neuen Steuerungsmodells“ nicht greifen, weil dieses aus einem Bündel aufeinander abgestimmter Maßnahmen bestehende Modell[147] auf Landes- und Kommunalebene nur teilweise verwirklicht und in unterschiedlichen Stadien (auch aus Kostengründen) „stecken“ geblieben ist. Die vom „Neuen Steuerungsmodell“ angestrebte „Outputsteuerung“ setzte aber vor allem die Messung der Outputs in Form von Kennzahlen voraus, ohne dass bisher für alle Verwaltungsleistungen uneingeschränkt brauchbare Messinstrumente gefunden sind.[148]
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Fernwirkungen des „Neuen Steuerungsmodells“
Wenn auch das „Neue Steuerungsmodell“ als Gesamtkonzept heute geringere Leitfunktionen für Verwaltungsreformen entfaltet, so ist doch seine „Rhetorik“ nach wie vor wirkmächtig: So scheint das Konzept der „Eingliederungsvereinbarung“ nach dem Vierten Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003[149] (Hartz IV Reform) durchaus von der Idee des „Kontraktmanagements“ geprägt.[150] Darüber hinaus wurden mit den Begriffen der „Effizienzsteigerung“ und „Kundenorientierung“ als Synonyme für „Bürgernähe“ positiv konnotierte Begriffe in den Verwaltungsreformdiskurs zur Bezeichnung von Maßnahmen eingeführt, die vor allem Einsparungen durch Einschränkungen von Verwaltungsleistungen und Personalabbau ermöglichen sollen. Dies betrifft etwa die bereits erwähnten Maßnahmen zum Abbau des Widerspruchsverfahrens,[151] aber auch die Tendenz in einigen Flächenstaaten, Fachbehörden aufzulösen und deren Aufgaben als „Gesamtpaket“ auf die „bürgernäheren“ Kommunen zu übertragen – was generell zu einer Reduktion der für die betroffene Aufgabe zur Verfügung gestellten Ressourcen, zur „Kommunalpolitisierung“ der Aufgabe und teilweise auch zu einem „kalten Aufgabenabbau“ führt.[152] Auch die durch die Föderalismusreform 2006[153] ermöglichten Dienstrechtsreformen sind sowohl vom „Wettbewerbsgedanken“ (nun auch zwischen den Ländern durch weitgehende Reföderalisierung) und Bemühungen zur Einführung leistungsorientierter Besoldungs- und Aufstiegssysteme geprägt.[154] Ähnlich wie beim „Neuen Steuerungsmodell“ hat sich aber noch nicht erwiesen, dass diese Reformen den öffentlichen Dienst sowohl effizienter wie attraktiver gemacht hätten. Die „Leistungsmessung“ ist (auch)[155] hier die „Achillesferse“ der Dienstrechtsreformen.[156] Zudem hat sich gezeigt, dass die Einführung leistungsorientierter Besoldungselemente zur Verdeckung einer Besoldungskürzung dienen kann, wenn die tatsächliche Nicht-Auskehrung der Leistungszulagen als Sparmaßnahme entdeckt wird.[157]