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Fegefeuer
ОглавлениеDie europäischen Mächte hatten 1914 keine Vorstellung von dem totalen Krieg, der auf sie zukam. Der Sturmlauf der Deutschen im Westen führte binnen weniger Wochen in einen mörderischen Grabenkampf. Er wurde mit allen Mitteln geführt: Maschinengewehre mähten ganze Regimenter nieder. Feuerwalzen der Artillerie durchpflügten ganze Landstriche, hochgiftiges Gas kam erstmals zum Einsatz – mit fürchterlicher Wirkung. Der Name der französischen Festungsstadt Verdun wurde 1916 zum Menetekel für das Massensterben auf den Schlachtfeldern des zwanzigsten Jahrhunderts. Als der Vormarsch im Westen stockte, entschied sich der deutsche Generalstabschef Erich von Falkenhayn für eine verheerende Strategie: Entweder sollten seine Truppen die Bastionen um Verdun im Sturm nehmen oder den Gegner in einer »Abnutzungsschlacht« ausbluten.
Am 21. Februar 1916 begann die Offensive mit schwerstem Trommelfeuer. Ende Februar fiel Fort Douaumont, die stärkste Festung östlich der Maas, doch bald blieb die Offensive in einem zermürbenden Stellungskrieg stecken. Hohe Militärs sprachen von einer »Blutpumpe«, Frontsoldaten nannten es die »Hölle von Verdun«. Das Schicksal des Einzelnen galt nichts – auf beiden Seiten. Ein junger französischer Offizier hatte Glück im Unglück. Zwei Wochen nach Beginn der Schlacht wurde seine Einheit aufgerieben, doch er selbst war nur verwundet und geriet in deutsche Gefangenschaft. Charles de Gaulle wurde nach Deutschland gebracht, war im Lager besonders renitent, wollte ausbrechen. Sein Deutschlandbild erfuhr in jener Zeit seine erste Prägung.
Weit über 700 000 Soldaten starben in der Schlacht um Verdun, wurden verwundet oder blieben vermisst, ohne dass sich der Frontverlauf wesentlich änderte. Gemeinsam sahen sich immer mehr deutsche und französische Soldaten als Opfer einer selbstmörderischen Kriegführung, deren Befehlshaber aus der Ferne die blutige Tötungsmaschinerie des modernen Materialkriegs dirigierten. Der verlustreiche Kampf in den Stellungen setzte neue Maßstäbe – in Sachen menschlicher Verrohung. Doch soll es Ausnahmen gegeben haben: In den neu entstehenden Luftstreitkräften wuchs die Legende vom »ritterlichen Krieg«, hier ließen sich Kampfflieger wie Hermann Göring als Helden feiern. Doch später entpuppte sich die Heroisierung als trügerischer Schein. Ihre Popularität sollte sie später zu willfährigen Helfern Hitlers machen, wie so viele, die den Ersten Weltkrieg als junge Menschen erlebten und sich auch danach von nationalen Hassparolen hinreißen ließen.