Читать книгу Sammelband "Tatort Hunsrück" Teil 1 - Hannes Wildecker - Страница 26

Kapitel 20

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Die klatschenden Geräusche waren schon zu vernehmen, als Leni durch den Flur zum Eingang des Dojo schritt. Es klang, als schlüge dort drinnen jemand abwechselnd auf ein Stück Fleisch und dann wieder gegen etwas Undefinierbares, Vibrierendes. In die Schläge mischten sich Schreie und Leni ahnte, was dort drinnen vor sich ging. Es klang nach nur einer Person und als sie die Tür zum Trainingsraum öffnete, sah sie sich bestätigt. Overbeck tanzte um einen Sandsack herum und schoss ab und zu Schläge mit der Faust oder dem Fuß ab. Dann tänzelte er zur Seite und schlug auf einen am Boden verankerten Pfahl ein, der in Schlaghöhe mit einer Art Seil umwickelt war.

Er ist tatsächlich gut, resümierte Leni, als sie Overbeck eine Zeitlang beobachtet hatte. Beruhigend zu wissen für einen Einsatz, bei dem es darauf ankommt, nicht den Kürzeren zu ziehen.

Overbeck gönnte sich eine Atempause, beugte sich im Oberkörper und stieß die Luft mehrmals scharf aus. Dann entdeckte er Leni.

„Du kommst tatsächlich?“, rief er. „Dann bist du meine erste Schülerin.“ Overbeck zeigte auf eine zweite Ausgangstür. „Dort kannst du dich umziehen. Such dir einen der Karategi aus. Sieh zu, dass er nicht zu klein ist.“

„Was soll ich?“

„Karategi, Karate-Anzug. Zieh einen über und komm her. Oder kneifst du?“

Kurze Zeit später stand Leni Overbeck gegenüber, der sie lächelnd betrachtete. „Aha, schwarzer Gürtel. Da muss ich wohl sehr aufpassen.“

„Es war nichts Anderes da“, erwiderte Leni mit grimmigem Gesicht. „Ich kann ihn aber auch ausziehen.“

„Nein, lass` mal. Wie sieht es aus? Hast du immer noch Interesse an diesem Sport?“

„Hab ich.“ Leni sah sich demonstrativ um. „Aber, sag mal, bin ich deine einzige Kundschaft?“

„Ich hoffe nicht“, lache Overbeck gequält. „Ich habe die Werbetrommel gerührt, Inserate gesetzt und Flugblätter verteilt. Die Leute müssen einfach kommen. Wovon soll ich sonst meine Miete hier bezahlen?“

„Aber es ist noch niemand hier … außer mir.“

„Du bist ja auch eine halbe Stunde vor der Zeit. Aber ich denke, dass deine Anwesenheit mir Glück bringt. Wir können ja die Zeit bis dahin überbrücken, indem ich dir einige grundsätzliche Dinge erklären werde. Einverstanden?“

„Dann sag mir doch, worauf du so wild drauflos gehämmert hast, als ich hereinkam.“

„Einen Sandsack kennst du doch sicher.“

„Nein, ich meine das Gerät dort hinten oder wie nennt man das Teil?“

„Das Teil nennt man Makiwara, ist so eine Art Sandsack, nur etwas härter.“

„Wozu soll das gut sein? Und wo ist eigentlich die Trainingspuppe?“

„Also eines nach dem anderen. Die Puppe habe ich noch nicht ausgepackt. Kann mich ja auf der Dienststelle an einer auslassen. Und was den Makiwara angeht, damit härtet man Körperstellen ab, mit denen man zuschlägt, die Handkanten, die Faustknöchel, Ellbogen, Fußballen, Fußspann …“

„Hoffentlich nicht den Kopf“, lachte Leni und sah sich in der kleinen Halle nach weiteren Trainingsmöglichkeiten um.

„Es gibt auch Kampfsportler, die härten ihre Stirn daran ab. Achte mal auf den Kopf von Jean-Claude van Damme. Suchst du etwas?“

„Eigentlich ist das doch ein ziemlich leerer Saal. Wo sind die anderen Geräte?“

„Es gibt keine, Leni. Im Training brauchen wir auch nicht den Sandsack oder den Makiwara. Beide habe ich für mich dort platziert. Kampfsport ist eine Art der Selbstverteidigung. Die wollen wir hier erlernen und praktizieren. Was gibt es Neues in unseren Mordfällen?“

„Wir haben seit drei Stunden Feierabend. Ich hoffe, dass es in dieser Zeit nichts Neues gegeben hat, es sei denn bezüglich der Aufklärung. In diesem Falle aber hätten sich die Kollegen bereits über Handy gemeldet.“

Overbeck sah zur Tür. Offensichtlich kam Bewegung in den Abend. „Da kommen die Ersten.“

Tatsächlich standen in der Tür Männer mit Sporttaschen in den Händen und schauten sich erwartungsvoll um.

„Ihr könnt euch dort umziehen“, rief Overbeck und zeigte auf die Tür, hinter der sich die Umkleiden befanden. Dann traute Leni ihren Augen kaum. Nacheinander betraten junge Männer und Frauen das Dojo und schließlich schätzte Leni die Anzahl auf über 20 Sportinteressierte.

„Ich werde dann mal die Anmeldungen entgegennehmen“, meinte Overbeck mit freudigem Gesichtsausdruck und machte Anstalten, den Raum zu verlassen.

„Lass mich das mal machen“, sagte Leni bestimmt. „Du kannst dich dann um dein Training kümmern. Aber mach` dir keine falschen Hoffnungen, es ist das einzige Mal. Für das nächste Training musst du dir etwas einfallen lassen.“

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