Читать книгу Sammelband "Tatort Hunsrück" Teil 1 - Hannes Wildecker - Страница 35
Kapitel 29
ОглавлениеLangsam bewegte sich Satorius Zeigefinger in Richtung des Klingelknopfs. Sein erstes Läuten war unbeantwortet geblieben, zuerst. Doch dann hatten er und Maggie Geräusche gehört, ein Scheppern, als seien Töpfe oder sonstige metallene Gegenstände zu Boden gefallen. Sie kamen auf der Wohnung im Erdgeschoss, offenbar der Behausung Balthoffs. Dann war alles wieder still.
„Da war doch jemand“, hörte er Maggie neben sich sagen, während er verzweifelt versuchte, durch die milchige Glasscheibe etwas im Inneren des Hausflurs zu erkennen. Es blieb ruhig und ohne Bewegung.
„Ein Hinterausgang? Aus seiner Wohnung?“, flüsterte Maggie und sah Satorius fragend an. „Soll ich nachsehen?“
Ehe Satorius eine Antwort herausbrachte, war sie schon davongeeilt, an der linken Seite des Hauses vorbei. Dann war sie verschwunden.
Satorius schüttelte den Kopf. Frauen, dachte er. Ohne Überlegung einfach handeln. Musste das jetzt sein? Was war, wenn Balthoff ihr tatsächlich über den Weg liefe? Bei dem Gedanken, dass Maggie etwas zustoßen konnte, begann sein Herz höher zu schlagen. Er lauschte noch einen Moment, dann beschloss er, ihr zu folgen.
Als er sich von der Tür wegdrehte, fiel ein Schuss.
Meg! war sein erster Gedanke. Dann merkte er, wie er lief, automatisch, ohne nachzudenken. Er lief an dem Haus vorbei, den Weg entlang, den Maggie genommen hatte und bog um die Ecke.
Meg!
Gott sei Dank!
Maggie stand mit dem Rücken an die Hauswand gelehnt. Mit beiden Händen drückte sie ihre Handtasche gegen ihren Körper. Satorius sah, dass sie zitterte.
„Was ist geschehen“, rief er und eilte auf sie zu. „Wer hat geschossen?“
„Da …!“, stotterte Maggie. „Er ist dorthin gelaufen. Durch die Hecke. Er ist weg.“
„Wer ist weg? Was ist geschehen? Sagen Sie es doch.“
„Es muss Balthoff gewesen sein.“ Maggie atmete schwer. „Er hatte eine Pistole. Er kam dort aus dem Hinterausgang. Scheint zu seiner Erdgeschoss-Wohnung zu führen.“
Sie zeigte mit der rechten Hand dorthin, wo sich eine Metalltür befand. Offensichtlich war sie wieder zugefallen oder hatte einen automatischen Türschließer. Mit der anderen Hand presste sie weiter ihre Handtasche gegen ihren Körper.
„Hat er auf Sie geschossen?“ Satorius kam auf sie zu. Er hatte das Bedürfnis, sie irgendwie zu beruhigen. Am liebsten hätte er sie in die Arme geschlossen und sie hätte sich an seiner Brust ausgeweint. Doch er hielt sich zurück und wartete auf ihre Antwort.
„Er hat geschossen. Nicht auf mich. Vielleicht wollte er mich nur erschrecken. Dann ist er davongelaufen. Ich möchte hier weg.“
Sie sagte es im gleichen Atemzug und der verstörte und ängstliche Blick fiel bei Satorius auf fruchtbaren Boden.
„Ja, lassen sie uns von hier verschwinden, bevor die Polizei eintrifft. Irgendjemand wird sie schon verständigt haben.“
Er ergriff Maggies Hand und lief am Haus vorbei in die Richtung, wo er das Auto abgestellt hatte. Maggie stolperte hinter ihm her und konnte auf ihren Schuhen mit den hohen Absätzen nur schwer das Gleichgewicht halten.
Sie saßen kaum im Auto, als sie die herannahenden Polizeisirenen hörten. Satorius legte den Gang ein und langsam und unauffällig verließen sie den Ort, an dem sie glaubten, etwas erfahren zu können.
Satorius schlug den Weg zurück nach Hermeskeil ein. Hier konnten sie nichts mehr erreichen. Er hielt es für unsinnig, heute noch nach Balthoff zu suchen. Der würde irgendwo untertauchen und der Grund lag offensichtlich auf der Hand. Er wusste, dass man hinter ihm her war und Satorius bedauerte es aufrichtig, dass er kein Interview mit ihm führen konnte. In der momentanen Situation hätten die Aussagen einiges bewirken können. Er, Satorius, hätte die gewünschten Informationen für seine Storys gehabt und vielleicht hätte der Täter gerade durch die Veröffentlichung zumindest sein Vorhaben verschoben. Zeit, um neue Strategien zu erarbeiten, für die Polizei, für ihn selbst als Sensationsreporter.
Während der Wagen die Stadt verließ und die Autoauffahrt nahm, öffnete Maggie, die bis dahin kein Wort gesprochen hatte, ihre Handtasche und brachte ein seidenes Taschentuch zum Vorschein. Sie klappte den Spiegel an der Sonnenblende auf und tupfte sich die Stirn ab. Mit einem Lippenstift zog sie die verblassten Konturen nach. Dann richtete sie ihre Frisur.
Der offenen Handtasche entströmte ein Hauch von Pulvergeruch.