Читать книгу Sammelband "Tatort Hunsrück" Teil 1 - Hannes Wildecker - Страница 32
Kapitel 26
ОглавлениеDer silbergraue Benz der gehobenen Mittelklasse hatte die Stadt Hermeskeil verlassen und rauschte über die Bundesstraße der Autobahnauffahrt entgegen.
„Wir fahren nach Koblenz. Meg. Einer der beiden noch lebenden Männer wohnt in Koblenz. Ob die Anschrift, die ich in Erfahrung gebracht habe, noch immer aktuell ist, weiß ich nicht. Allerdings ist es die Meldeanschrift, aber unter den gegebenen Umständen würde ich es an seiner Stelle vorziehen, einen Ort zu wählen, an dem man mich nicht so schnell finden wird.“
Satorius sah zu Maggie, die es sich auf dem Beifahrersitz gemütlich gemacht hatte und gelangweilt aus dem Fenster sah. Er hatte ihr nicht viel erklären müssen, vor der Fahrt. Es reichte ihr, dass er sagte, er habe neue Erkenntnisse.
Er wird seine Quellen haben, dachte sie. Vielleicht schmiert er jemanden bei der Einwohnerbehörde, vielleicht hat er einen besseren Draht zur Polizei als den zu dieser Polizistin, die nicht gerade redselig war.
Tatsächlich hatte Satorius einen entfernten Verwandten beim Einwohnermeldeamt, der sich scheu umsah, als ihn die Frage nach dem Wohnort von Balthoff traf. Satorius hatte ihn am Nachmittag aufgesucht, der Publikumsverkehr war auf den Vormittag beschränkt und so konnte er seine Überredungskünste, ungehört von lästigen Zeugen, auf den verängstigt dreinschauenden entfernen Verwandten einwirken lassen. Mit Erfolg.
Als er das Amt verließ, hatte er die Adresse. Koblenz, Breitsteinstraße 49. Sein entfernter Verwandter hatte ihm als Zusatzinformation mit auf den Weg gegeben, dass Balthoff unverheiratet sei, was nicht bedeute, dass er alleine lebe. Eine Ehefrau war im System nicht registriert, ebenso keine Kinder. Ein typischer Junggeselle also.
Es ist schon komisch, dachte Satorius. Keiner der beiden Toten war verheiratet. Wenn er die 15 Jahre Gefängnis abzog, dann waren die beiden etwas über 30 gewesen. Seltsam. Vielleicht hatten sie was gegen Frauen. Vielleicht war darin das Motiv für ihre Tat damals zu finden.
„Wer ist der Mann? Erzählen Sie mir von ihm“, hörte er Maggie fragen. „Sie haben doch irgendwelche Erkenntnisse, oder?“
„Momentan weiß ich nicht mehr als Sie, Meg. Nur, dass er, dieser Rainer Balthoff, einer der Täter in der Mordsache Thompson war, dass er 15 Jahre deswegen im Knast verbracht hat und heute in Koblenz wohnt. Wir können nur hoffen, dass er gesprächig ist.“
„Was glauben Sie, wird er uns erzählen, Hans? Ich kann mir nicht vorstellen, dass er überhaupt ein Interesse daran hat, einer Zeitung in dieser Situation ein Interview zu geben. Er wird alle Hände voll damit zu tun haben, auf sich und sein Leben aufzupassen.“
„Da mögen Sie Recht haben, aber wir müssen Balthoff davon überzeugen, dass wir ihn durch seinen Schritt in die Öffentlichkeit vielleicht schützen können. Wenn er uns seine Geschichte erzählt, seine Ängste äußert und vielleicht ein spätes Bedauern zeigt …“
„Glauben Sie wirklich daran?“ Maggies Stimme klang auf einmal irgendwie hart in Satorius Ohren. „Glauben Sie, dass ein Mörder, dessen Tat fast zwei Jahrzehnte zurückliegt und der sich öffentlich nie reuig gezeigt hat, dies jetzt auf einmal tun wird? Soll ich Ihnen etwas sagen? Ihm wird es ergehen wie den anderen beiden und auch den Vierten wird seine gerechte Strafe treffen. Sie haben es nicht anders verdient.“
Die harten Worte aus Maggies Mund hallten in Satorius` Ohren nach und mündeten in einem Konzentrationsmangel, der beinahe ursächlich für einen Unfall gewesen wäre. Unwillkürlich hatte er auf die Bremse getreten und Maggie ungläubig angeschaut, als hinter ihm Bremsen quietschten und ein schwarzer Golf links an ihnen vorbeischoss. Der Wagen beschleunigte und war kurze Zeit später zwischen den vorausfahrenden Fahrzeugen verschwunden. Vergebens wartete Satorius auf eine Beschwerde verheischende Geste des Fahrers, den er wegen der dunkel getönten Scheiben nur schemenhaft erkennen und ausmachen konnte.
„Verdammter Mist!“ Satorius verringerte seine Geschwindigkeit und schielte in einer Art Unbegreiflichkeit zu Maggie hinüber, die ein unschuldiges Lächeln aufsetzte.
„Ist doch wahr“, sagte sie und es klang, als habe ein kleines Kind eine verbotene Tat gerechtfertigt. „Wer solche Taten begeht, darf nicht ungeschoren davonkommen. Wer den Tod sät, wird den Tod ernten.“