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2.6 Typische Beispiele abweichender und ergänzender Satzungsbestimmungen 2.6.1 Organisation der AG

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Die Zuständigkeitsverteilung zwischen den Organen der AG, ihre Zusammensetzung und ihre innere Organisation gibt das Aktiengesetz grundsätzlich zwingend vor. Die Satzung kann zusätzliche weitere Gremien vorsehen, wie z.B. Beiräte oder Verwaltungsräte. Ihnen können aber nicht Zuständigkeiten übertragen werden, die das Aktiengesetz zwingend den vorgeschriebenen Organen zuweist, wie z.B. die in § 119 Abs. 1 AktG beschriebenen Rechte der Hauptversammlung.

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Auch die Bestimmungen des Mitbestimmungsgesetzes sind überwiegend zwingender Natur.[102] Abweichungen, die durch entspr. Satzungsbestimmungen möglich sind, sieht § 7 Abs. 1 S. 2, 3 MitbestG bei der Festlegung der Anzahl der Mitglieder des Aufsichtsrats vor: Ist in einem mitbestimmten Unternehmen aufgrund der Anzahl der Arbeitnehmer der Aufsichtsrat aus einer bestimmten Anzahl von Mitgliedern zu bilden, so kann die Satzung eine der in den nächsten Stufen des § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 und 3 MitbestG vorgesehene höhere Anzahl der Aufsichtsratsmitglieder festlegen.[103] Dagegen ist es nicht möglich, die Wahl des Vorsitzenden des Aufsichtsrats und seines Stellvertreters nach § 27 MitbestG durch den Aufsichtsrat etwa auf die Hauptversammlung zu delegieren[104] oder die Beschlussfähigkeit des Aufsichtsrats entgegen § 28 MitbestG von der Teilnahme einer bestimmten Anzahl der Aufsichtsratsmitglieder der Anteilseigner abhängig zu machen.[105] Durch die Aktienrechtsnovelle 2016 ist ferner klargestellt worden, dass der Grundsatz der Dreiteilbarkeit der Aufsichtsratsmitglieder nach § 95 S. 3 AktG nicht für die sogenannten kleinen Aktiengesellschaften gilt; daher kann die Zahl der Aufsichtsratsmitglieder oberhalb der Mindestzahl von drei Mitgliedern frei durch entsprechende Satzungsbestimmung festgelegt werden, sofern nicht aus mitbestimmungsrechtlichen Vorgaben eine Dreiteilbarkeit einzuhalten ist.[106] Das sind nach derzeitiger Rechtslage Gesellschaften, die dem Anwendungsbereich des Drittelbeteiligungsgesetzes unterfallen, § 4 Abs. 1 DrittelbG.

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Die Satzung kann über die Anforderungen des § 100 AktG (persönliche Voraussetzungen für die Mitglieder des Aufsichtsrats) hinausgehende Anforderungen nur für solche Aufsichtsratsmitglieder fordern, die von der Hauptversammlung ohne Bindung an Wahlvorschläge gewählt oder aufgrund der Satzung in den Aufsichtsrat entsandt werden, § 100 Abs. 4 AktG.[107] Statutarische persönliche Voraussetzungen für die Wahl von Arbeitnehmervertretern verstoßen gegen das schon im BetrVG 1952 verankerte Prinzip der Wahlfreiheit und sind unzulässig.[108] Für die innere Ordnung des Aufsichtsrats[109] gibt das Aktiengesetz nur einige wesentliche Regelungen vor, die von allen AG einzuhalten sind, und überlässt weitergehende Regelungen der Satzung: etwa nach § 107 Abs. 1 AktG hinsichtlich der Wahl des Aufsichtsratsvorsitzenden und mindestens eines Stellvertreters oder nach § 108 Abs. 2 S. 1 AktG hinsichtlich der Beschlussfähigkeit des Aufsichtsrats.[110] Auch Satzungsbestimmungen über die Bildung von Aufsichtsratsausschüssen sowie das Verfahren in den Ausschüssen sind als ergänzende Regelungen i.S.d. § 23 Abs. 5 S. 2 AktG zulässig, wenn sie das pflichtgemäße Ermessen des Gesamtaufsichtsrats, wie er seine Arbeitsweise sachlich und personell gestalten will, nicht in einer mit Sinn und Wortlaut des § 107 Abs. 3 S. 1 AktG unvereinbaren Weise einengen.[111] Bei mitbestimmten Gesellschaften gilt zumindest hinsichtlich der Besetzung des Personalausschusses wiederum der Vorrang der §§ 27 ff. MitbestG; aus der Sonderregelung des § 27 Abs. 3 MitbestG dürfen jedoch keine Folgerungen für eine zwingende Besetzung anderer Ausschüsse gezogen werden.[112]

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