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Gewerblich-technische Fortschritte

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Auch in der gewerblichen Produktion wurden seit dem 10./11. Jahrhundert wichtige Verbesserungen erreicht. Technischer Fortschritt vollzog sich dabei vor allem in jenen Bereichen, die bereits für internationale Märkte arbeiteten. Im 13. Jahrhundert wurden das Spinnrad und der pedalgetriebene horizontale Webstuhl entwickelt. Zum Walken der Stoffe setzte man Wassermühlen ein. In Walkmühlen wurde das Gewebe mechanisch geschlagen. Zuvor hatte das Walken eines kleinen Stückes Tuch die äußerst anstrengende Arbeit von drei bis zur Erschöpfung arbeitenden Männern erfordert. Walkmühlen gab es in Norditalien und Frankreich schon gegen Ende des 11. Jahrhunderts, in England und Deutschland etwas später. Die Walkmühlen siedelten sich vielfach in noch unerschlossenen ländlichen Gegenden an. Damit wurde das eifersüchtig gehütete Zunftprivileg der Städte umgangen.

Neben Walkmühlen gab es Getreide-, Öl-, Schleif-, Papier-, Säge- und Hammermühlen. Ende des 11. Jahrhunderts existierten in England 5.000 Wassermühlen. Vor allem die Klöster, insbesondere die Zisterzienserklöster, förderten die Verbreitung der Wasserkraft.

Die Verwendung der Wasserkraft verlagerte die gewerblichen Standorte an die Wasserläufe in den Tälern. Die Herstellung gewerblicher Erzeugnisse, die bis dahin fast ausschließlich in handwerklichem Rahmen erfolgt war, wurde am Ort der Mühle zentralisiert, und es entstanden räumliche Zusammenballungen von Gewerbebetrieben. Dies förderte die Konkurrenz und belebte den Erfindergeist.

vermehrte Nutzung von Wind- und Wasserkraft

Die Wasserkraft als neue Art der Energiegewinnung fand im Hochmittelalter also eine immer breitere Verwendung. E.M. Carus-Wilson hat im Hinblick auf die zunehmende Verwendung von Pferden und Mühlen im 11., 12. und 13. Jahrhundert gar von einer „ersten industriellen Revolution“ gesprochen. In der Mechanisierung des Walkvorgangs sieht sie ein ebenso entscheidendes Ereignis wie in der Mechanisierung der Spinnerei und Weberei im 18. Jahrhundert. Allerdings führten diese technologischen Innovationen im Hochmittelalter noch keineswegs zu einem sich selbst tragenden, dauerhaften Wirtschaftswachstum.

Seit der Jahrtausendwende machten sich die Europäer auch die Kraft des Windes zunutze. Die Araber hatten Windmühlen schon lange vorher gekannt. Arabische Geographen, die Persien im 10. Jahrhundert bereisten, berichteten zum ersten Mal von solchen Windmühlen, die allerdings eine vertikale Welle hatten. Die Windmühle mit horizontaler Welle war eine eigenständige Erfindung des Westens. Gegen Ende des 12. Jahrhunderts waren Windmühlen in England, den Niederlanden und Nordfrankreich sehr verbreitet. Die Windmühle wurde im Mittelalter nicht nur gebraucht, um Korn zu mahlen, sondern auch um Pumpen für Entwässerungszwecke anzutreiben. In Holland blieb die Windmühle bis zum Siegeszug der Dampfmaschine die entscheidende Antriebsmaschine.

Der europäische Wohlstand führte auch zu einem Aufschwung der Metallurgie. Mit der wachsenden und wohlhabenderen Bevölkerung vergrößerte sich in der nachkarolingischen Zeit die Nachfrage nach Eisen. Kupfer spielte ebenfalls eine wichtige Rolle. Neben den schon im Altertum bekannten Minen erschloss man neue Gruben in den Vogesen, in den Ostalpen, in Böhmen, in den Karpaten und in Siebenbürgen, in Sachsen (Rammelsberg bei Goslar, Mansfeld) und in Schweden. In der Maasgegend (Lüttich, Maastricht, Aachen, Dinant) entstand im Spätmittelalter ein Zentrum der Kupferindustrie. Kupfer (aus dem Harz) und Zinn (aus England) mussten über große Entfernungen herangeschafft werden. Vor allem der steigende Bedarf an Münzmetall führte dazu, dass die lange verlassenen illyrischen Goldminen wieder ausgebeutet und neue in Tirol, Schlesien und Böhmen erschlossen wurden. Die reichsten Silbervorkommen wurden seit dem 10. Jahrhundert in Tirol, in Kärnten und im Harz ausgebeutet.

Aus Newcastle und dem Lütticher Land liegen schon für das Ende des 12. Jahrhunderts, für das Ruhrgebiet und den Hennegau für das 13. Jahrhundert Nachrichten über Kohlegewinnung vor. Schmiede, Töpfer und Brauer in Holland und Seeland, wohin Kohle aus England schnell gebracht werden konnte, arbeiteten im Spätmittelalter bereits mit diesem neuen Energieträger.

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