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Schlaganfall-„Diagnostik“

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Kurz-Info zu Beginn.

Hirninfarkt-Diagnostik heißt:

a) Anamnese

b) Körperliche (internistische) Untersuchung

c) Neurologische Untersuchung

einschl.

d) Apoplex Score-Diagnostik

[NIHSS]

e) Bildgebende Verfahren

[cerebrales CT, cerebrales MRT, Angiographie, Sonographie – EEG, EKG, Echokardiographie (i.d.R. TTE = Transthorakale Echokardiographie)]

f) Labor-Diagnostik

Hinweis:

Die Schlaganfall-Diagnostik – wie auch die nachgehende Schlaganfall-Therapie – sollte soweit als möglich erfolgen nach den aktuellen Leitlinien „Schlaganfall“ der Deutschen Schlaganfall-Gesellschaft (DSG) und der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN).

! Sehr wichtig !

Ein Schlaganfall-Patient sollte binnen 10 Minuten nach der Krankenhaus-Einweisung von einem Arzt – optimalerweise von einem Neurologen – gesehen und die Untersuchungen eingeleitet werden.

Umgehend müssen dann die erforderlichen Erst-Diagnostik-Verfahren durchgeführt werden, um die notwendige Schlaganfall-Therapie einzuleiten.

Nun „en detail“:

Anamnese

In vielen Schlaganfall-Fällen ist eine Anamnese-Erhebung mit dem Patienten nicht oder nur eingeschränkt möglich.

Daher ist es sehr wichtig und hilfreich, wenn bei der Aufnahme-Anamnese ein Familienmitglied oder ein Lebenspartner mit hinzugezogen werden kann!

Wichtig:

Bei der Aufnahme wird aus „Zeitgründen“ lediglich eine orientierende Kurz-Anamnese vorgenommen – später dann eine ausführliche Anamnese –.

Die „Kurz-Anamnese“ sollte enthalten:

Aktuelle Erkrankung – wann aufgetreten mit welchen Symptomen, der weitere Krankheitsverlauf bis zur Krankenhausaufnahme –; sonstige und bes. chronische Krankheiten des Patienten – so u.a. insbesondere Blutungsneigung/bekannte Gerinnungsstörung/Bluterkrankung, Herzinfarkt/ Herzrhythmusstörungen/Herzerkrankungen, Hypertonie, Diabetes mellitus, Fettstoffwechsel-Störungen, Nierenfunktionsstörung/Niereninsuffizienz, arterielle Durchblutungsstörungen, Thrombose/Embolie in der Vorgeschichte, TIA/PRIND/Hirninfarkt in der Vorgeschichte – Lebensstil – Stress, Schlaf, Erholungszeiten, Arbeitsbelastung, Ernährung, Rauchen, Alkohol – und Familien-Anamnese – Erkrankungen in der nächsten Familie an Diabetes, Hypertonie, Vorkommen von Herzinfarkt und/oder Schlaganfall –.

Körperliche (internistische) Untersuchung

Hinweis:

Aus „Zeitgründen“ muss sich die internistische Aufnahme-Untersuchung beschränken auf eine „orientierende Basis-Untersuchung“ – Herz, Gefäße, Blutdruck, Lunge –.

Wenn erforderlich, dann zu einem späteren Zeitpunkt eine umfassende internistische Untersuchung.

Neurologische Untersuchung

Bei der Aufnahme sollte/kann lediglich eine „orientierende neurologische Untersuchung“ wegen des bekannten engen „Zeitfensters“ erfolgen.

Zu einem späteren Zeitpunkt – zumeist im Anschluss an die Akut-Erst-Therapie – sollte dann eine eingehende neurologische Untersuchung erfolgen.

Im Rahmen der neurologischen Untersuchung sollte unbedingt die Einschätzung des „Schweregrades“ respektive der „Größe eines ischämischen Infarkts“ erfolgen i.S.e. „Apoplex-Scores“:

NIHSS (National Institute of Health Stroke Scale)

Die Kategorien der NIHSS orientieren sich an möglichen neurologischen Defiziten;

a. Vigilanz (Wachheit/Wachsamkeit)

b. Blickwendung

c. Gesichtsfeld

d. Mimik

e. Arm- und Bein-Motorik

f. Ataxie (Bewegungs-Koordination)

g. Sensibilität der Haut

h. Sprache und Sprechen

i. Neglect (neurolog. Störung der Aufmerksamkeit in Form einer

Vernachlässigung einer Raum- oder Körper-Hälfte und/oder Objekt-Hälften)

Andere Verfahren zur neurologischen Status-Erhebung beim Schlaganfall sind u.a.:

1. ESS (European Stroke Scale)

2. RSS (Ranking Scale Stroke)

3. LAPSS (Los Angeles Praehospital Stroke Screen)

4. CPSS (Cincinnati Prehospital Stroke)

5. ASPECT (Alberta Stroke Program Early CT Score)

6. mASPECT (Modified Alberta Stroke Program Early CT Score)

Bildgebende Verfahren

„Schlaganfall bedeutet permanenter Zeitdruck!“

D.h.

Es können als Erst-Maßnahmen wegen des „engen Zeitfensters“ – bis vor kurzer Zeit von 2 Stunden, heute je nach Schwere des Hirninfarkst bis zu 4½ Stunden – nur die wichtigsten Untersuchungen vorgenommen werden – so:

cerebrale Computersonographie (cCT), Doppler-Sonographie der extra-kraniellen (Hirn-versorgenden) Arterien sowie erforderlichenfalls noch Elektrokardiographie (EKG) –.

Nach der Akut-Therapie folgen dann weitere Untersuchungen mit Bildgebenden Verfahren.

Zur Anwendung kommen/können kommen insgesamt:

a. cerebrale Computertomographie (cCT)

Oftmals wird beim akuten Schlaganfall eine konventionelle CT des Schädels/Gehirns (cCT) durchgeführt.

Hiermit kann man in der Akutphase unterscheiden, ob der Schlaganfall durch eine Blutung („hämorrhagisch“) oder durch einen Gefäßverschluss („ischämisch“) verursacht wurde, was von entscheidender Bedeutung für die weitere Therapie ist.

Eine einfache konventionelle CT ohne Kontrastmittel („native“ cCT, NECT) ist jedoch besonders in der Frühphase des Schlaganfalls nicht sehr sensitiv und ermöglicht keine genaue Einschätzung der Infarkt-Ausdehnung.

Ergänzend werden deswegen zusätzlich zur konventionellen CT weitere speziellere CT-Untersuchungen zur Schlaganfall-Diagnostik eingesetzt:

A. Perfusions-CT (PCT):

Hiermit kann nicht nur erkannt werden, ob ein Schlaganfall vorliegt, sondern auch eine Unterscheidung zwischen irreversibel geschädigtem Hirngewebe (Kerninfarkt) und eventuell noch zu rettendem Hirngewebe (Penumbra) durchgeführt werden (quantitative Durchblutungsmessung)

B. CT-Angiographie (CTA):

Zur Darstellung der Hirngefäße

C. Kombination von NECT, PCT und CTA

(„multimodale CT-Schlaganfall-Diagnostik")

So lassen sich deutlich mehr Informationen gewinnen, z.B. welches Gefäß verschlossen ist, und welcher Teil des Gehirns wie stark minderversorgt ist. Das erleichtert dem Arzt die Entscheidung über die initialen Therapie-Maßnahmen und das weitere Vorgehen.

Hinweis:

Frühzeichen im cCT für einen Schlaganfall sind sogen. „hyperdense media sign“ (bei thrombot. Verschluss der A. cerebri media), evtl. ‚verstrichene Sulci und Basalganglien, Hirn-Ödem und Verlust der Mark-Rinden-Grenze.

Nach 12-24 Std.: es findet sich eine hypodense Demarkierung des Infarkt-Areals.

Nach Tagen: Kontrastmittel-Anreicherung.

b. cerebrale Magnetresonanztomographie/Kernspintomographie

(cMRT)

Dieses Verfahren gilt als zuverlässiger als ein CT. Wie die multimodale CT liefert auch die (multi-modale) MRT viele nützliche Informationen über Ursachen und zum Verlauf der Gewebeschädigung beim Schlaganfall.

Im Vergleich zur CT hat die MRT den Vorteil, dass sie viel besser kleine Infarkte (Lakunen), ältere Infarkte oder zerebrale Mikroangiopathien darstellen kann.

Nachteilig ist jedoch, dass die MRT-Untersuchung deutlich länger dauert als eine CT-Untersuchung.

Im Rahmen der MRT-Schlaganfall-Diagnostik ist auch eine mit der CT-Angiographie vergleichbare Gefäßdarstellung (Magnetresonanz-Angiographie, MRA) und eine mit dem Perfusions-CT vergleichbare semiquantitative Durchblutungsmessung (PWI, DWI) möglich.

Hinweis:

Mit dem cMRT ist schon in einem frühen Infarkt-Stadium das betroffene Hirnareal darstellbar und ein Hirnödem.

Beim Hirnstamm-Infarkt ist das cMRT „obligat“!

Bei T1-Wichtung im MRT findet sich beim ischämischen Infarkt „hypodense Signale“.

Bei T2-Wichtung im MRT hingegen „hyperdense Signale“.

Sehr wichtig zu wissen:

Ziel des MRT:

Identifizierung von Hirngewebe, das durch eine „Thrombolyse-Therapie“ (s.u.) vor dem Zelluntergang bewahrt werden kann!

Weitere MRT-Optionen:

1. Perfusions-MRT (PWI-MRT)

Stellt das Areal des Gehirns dar, in dem die Durchblutung eingeschränkt ist – in diesem Gebiet sind die Nervenzellen zum Teil bereits irreversibel, zum Teil aber auch noch reversibel geschädigt

2. Diffusions-MRT (DWI-MRT)

Stellt das Areal des Gehirns dar, in dem die Diffusion eingeschränkt ist (also den „Infarkt-Kern“) – in diesem Areal sind bereits alle Zellen irreversibel geschädigt

Die Differenz („Mismatch“) zwischen den zuvor genannten Arealen entspricht weitestgehend der Penumbra (= die Randzone eines Infarkts, insbesondere eines Hirninfarkts) – je größer die Penumbra ist, desto mehr Gewebe könnte prinzipiell durch eine Lyse-Therapie gerettet werden.

Wichtiger Hinweis:

Vielerorts stehen heute sogen. „offene MRT’s“ zur Verfügung: d.s. MRT-Geräte mit einer speziellen Bauform, bei der der Hauptmagnet nicht in Form einer langen geschlossenen Röhre („Tunnel“), sondern mit besseren Zugangsmöglichkeiten zum Patienten gebaut ist.

Wichtige Anwendungsgebiete der offenen MRT sind die Untersuchung von Patienten mit Klaustrophobie und die Durchführung von chirurgischen Interventionen unter MRT-Kontrolle.

c. Single-Photon-Emission-Tomography (SPECT)

[Eínzel-Photonen-Emissions-Tomographie]

Bei der SPECT handelt es sich um ein funktionell bildgebendes Verfahren der Nuklearmedizin, mit welchem basierend auf dem Prinzip der Szintigraphie Schnittbilder lebender Organismen erstellt werden können.

Diese Methode ist besonders geeignet, um Hirnbereiche, die unmittelbar an die zentrale Nekrose-Zone aufgrund eines Hirninfarktes, welche noch überlebensfähige Hirnzellen enthält, darzustellen.

Nachteil:

Die Geräte sind bislang – insbes. aus Kostengründen – einzig an Großkliniken installiert.

d. Angiographie / Digitale Subtraktions-Angiographie (DSA)

Manchmal ist eine Angiographie erforderlich.

Hierbei wird dem Patienten über einen Katheter ein Kontrastmittel gespritzt und anschließend Röntgenaufnahmen des Kopfes bzw. der extra-kraniellen Arterien gemacht. Mit der Digitalen Subtraktions-Angiographie (DSA) sind die Gefäße am besten darstellbar.

e. farb-codierte Doppler-Duplex-Sonographie

Mit dieser Untersuchungsmethode der extra-kraniellen (Hirn-zuführenden) Arterien können Verkalkungen bei arterieller Verschlusskrankheit, sowie Stenosen und Thromben nachgewiesen werden.

Mit diesem Verfahren der TCD können aber auch die intra-kraniellen (im Hirn gelegene Arterien) Gefäße dargestellt werden.

f. Elektro-Encephalographie (EEG)

Ein EEG ist eine Methode zur Erfassung von elektrischen Strömen (Potential-Veränderungen) des Gehirns. Es erfolgt eine graphische Aufzeichnung von Stromkurven, die von der elektrischen Aktivität der Hirnzellen stammen. Aufgezeichnet werden dabei Potentialschwank-ungen von Pyramidenzellen (jedoch keine Aktionspotentiale!), abgeleitet an der Kopfhaut.

Neben diesem Untersuchungsverfahren gibt es auch die Magneto-Enzephalographie, um das Magnetfeld der Neuronen im Gehirn aufzuzeichnen.

Im Rahmen einer Schlaganfall-Diagnostik macht ein EEG immer dann Sinn, wenn zumindest der Verdacht auf ein epileptisches Anfallsleiden besteht; zudem, um Aussagen über die Funktion der betroffenen Hirn-Areale treffen zu können.

g. Diagnostikverfahren in der Kardiologie

Ein „Ruhe-EKG“ mit sogen. ‚langem Streifen‘ ist unverzichtbares Basis-Screen bzgl. Herzrhythmusstörungen (HRST); aussagefähiger ist das „Langzeit-EKG“ über zumindest 18 Stunden.

Bei Verdacht auf eine kardiogene Embolie-Quelle sollte mit einem EKG und Transthorakaler Echokardiographie (TTE) („Herz-Echo“) – optimalerweise: „Trans-Ösophagealer Echokardiographie“ (TEE) – überprüft werden, ob evtl. Herzrhythmusstörungen für eine Thrombenbildung mit Embolie-Gefahr verantwortlich sein können.

Labor-Diagnostik

Hier muss getrennt werden zwischen:

a) Akutdiagnostik vor therapeutischer Intervention

b) Labordiagnostik zur differentialdiagnostischen Abklärung

Bei gesundheitlicher Stabilisierung sollte dann ggfls. erfolgen

c) Labordiagnostik zur Prävention eines Re-Infarktes

I. Akutdiagnostik vor therapeutischer Intervention

Serologie:

Gerinnungsparameter: INR, Quick, Thrombin-Zeit, partielle Thrombo-Plastinzeit (aPTT), Fibrinogen, D-Dimere

Faustregel:

Wenn Quick und aPTT im Normbereich liegen, dann ist keine relevante Gerinnungsstörung durch NOAK (Neue Orale AntiKoagulantien) und DOAK (Direkte Orale AntiKoagulantien) wahrscheinlich!

- Großes Differentialblutbild

- Unspezifischer Entzündungsparameter: CRP

- Serum-Elektrolyte: Calcium, Kalium, Natrium

- Blutzucker (optimal: Nüchternwert)

- Nierenretentionswerte: Kreatinin, Harnstoff

Hinweis:

- Bei vorbekannter Niereninsuffizienz unbedingt außerdem:

Glomeruläre Filtrationsrate (GFR)

- Ausschluss einer Myokard-Schädigung:

CK und Troponine

- Bei vorbestehender Blutgerinnungsstörung (bisher nicht abgeklärt):

Gerinnungsfaktoren

- Bei Verdacht auf „Blutgefäß-Entzündungen“ (Vasculitis) zusätzlich:

Screening-Profil mit: ANCA, ANA, Kollagen-AAK, Komplementfaktoren, zirkulierende Immunkomplexe, Hepatitis B und C Serologie, Immun-Elektrophorese, HLA-Status

- Bei Frauen im gebärfähigen Alter:

Zusätzlich „Schwangerschaftstest“: quantitatives Beta-HCG

II. Labordiagnostik zur differentialdiagnostischen Abklärung

Vornahme in Abhängigkeit von vorbestehenden Krankheiten und den Ergebnissen der bisherigen Untersuchungen; so u.a.

- HbA1c

- Leberenzyme: OTP, GPT, GLDH, Gamma-GT, Gesamt-Bilirubin,

Alkalische Phosphatase (AP)

- Weitere Nierenparameter: Harnstoff-Stickstoff, Cystatin-C, Harnsäure,

Kreatinin-Clearance, beta-2-Mikroglobulin

- Atherosklerose-Parameter: Gesamt-Cholesterin mit HDL- und LDL-

Cholesterin, Triglyceride, Homocystein

III. Labordiagnostik zur Prävention eines Re-Infarktes

Insbes. zur Prävention eines Re-Infarktes und/oder einer kardiovaskulären Erkrankung:

LpPLA2 (Lipoprotein-assoziierte Phospholipase A2)

[= gefäßspezifischer Marker zur Stabilitätsabschätzung atherosklerotischer Plaques; zur effizienten Früherkennung von kardiovaskulären Risiken]

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