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2.1.3 Evolution als zentraler Begriff aller Erfahrungswissenschaften
ОглавлениеEs sind aber wiederum nicht nur die Naturwissenschaften, die den Evolutionsgedanken übernommen und für sich fruchtbar gemacht haben. Auch die Geisteswissenschaften haben davon profitiert. Schon 1909 schreibt der amerikanische Philosoph und Psychologe JAMES MARK BALDWIN als Nichtbiologe zu DARWINS 100. Geburtstag ein ganzes Buch Darwin and the humanities. Er meint damit nicht DARWIN als Person, sondern dessen Theorie, eben die Evolutionstheorie. Von den Geisteswissenschaften behandelt er Psychologie, Sozialwissenschaften, Ethik, Logik (womit bei ihm die wissenschaftliche Methodologie gemeint ist), Philosophie, Religion. Wenn BALDWIN dabei von genetischer Psychologie spricht, so hat das (1909!) noch nichts mit Genetik zu tun, sondern nur mit Genese, insbesondere mit Ontogenese, letztlich also mit dem, was wir heute Entwicklungspsychologie nennen.
Was BALDWIN zu diesem Zeitpunkt nicht weiß: Gleichzeitig erscheint, ebenfalls zu DARWINS 100. Geburtstag und zum 50. Jahrestag seines Hauptwerkes, in England ein Sammelband Darwin and modern science, herausgegeben von dem Botaniker und Geologen ALBERT CHARLES SEWARD.4 Von dreißig Aufsätzen sind darin zwar achtzehn der Biologie gewidmet, aber immerhin sieben den Geisteswissenschaften: Psychologie, Philosophie, Soziologie, Religion, Religionswissenschaft, Sprachwissenschaft, Geschichte, natürlich im Hinblick darauf, was sie mit der DARWIN’schen Theorie zu schaffen haben. Heute, mehr als hundert Jahre später, können wir viele weitere Geisteswissenschaften in diese Liste aufnehmen. Wir werden uns vor allem der Philosophie widmen.