Читать книгу BGB-Sachenrecht - Harm Peter Westermann - Страница 35
1. Das Sacheigentum im BGB
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Fall 4:
B ist Gemüsebauer und baut vorwiegend Bio-Gemüse an. Sein Gärtnereigrundstück liegt an einem Hang. Oberhalb des Grundstücks des B liegt ein Grundstück, auf dem D Silomais und Sommerweizen anbaut. Nach starken Regenfällen fließt vom Grundstück des D Oberflächenwasser auf das Grundstück des B ab. Kurze Zeit später stellt B schwere Schäden an den von ihm angebauten Pflanzen fest. Eine Untersuchung ergibt, dass die Schäden von Herbiziden herrühren, die mit dem vom Grundstück des D gekommenen Wasser in die Pflanzen des B gelangt waren. B verlangt von D, der seine Pflanzen mit diesem Mittel zu behandeln pflegt, Schadensersatz für die beschädigte oder zumindest nur noch eingeschränkt verkäufliche Ernte und will für die Zukunft, da starker Regen niemals ausgeschlossen werden könne, Unterlassung der Behandlung der auf dem Grundstück des D wachsenden Pflanzen mit Herbiziden. Lösung Rn 69, 75
Fall 5:
E ist Eigentümer eines Steinbruchs, den er in herkömmlicher Weise seit alters her betreibt. Auf einem in der Nachbarschaft gelegenen Grundstück errichtet F eine Fabrik, in der er Lackleder herstellt. Einige Zeit nach Errichtung der Fabrik geht E dazu über, den Steinbruch wesentlich intensiver mit modernen Maschinen auszunutzen. Dabei entsteht Staub, der auch auf das Grundstück des F gelangt und das frische, noch feuchte Lackleder beschädigt.
1. Welche Möglichkeiten hätte F, gegen E vorzugehen?
2. Muss E dem F Schadensersatz leisten, wenn ein sonst zuverlässiger Angestellter, der A, eine Entstaubungsanlage, deren Einbau vorgeschrieben war, fahrlässig schlecht bedient hat, sodass einmal eine besondere Staubbeeinträchtigung bei F eingetreten ist?
3. E hatte den Steinbruchbetrieb vor Jahren aufgegeben, das Grundstück aber behalten. Ohne sein Wissen hat N auf dem Gelände in begrenztem Umfang wieder mit dem Abbau von Natursteinen begonnen, tut dies aber ziemlich dilettantisch, sodass für die tieferliegenden Nachbargrundstücke Steinschlaggefahr entsteht. Auf das Grundstück des F sind nach einem Arbeitsgang des N zahlreiche Steine gefallen und haben Schäden angerichtet, für die F nicht nur N, sondern auch E haftbar machen möchte; zumindest soll E für die Beseitigung der Steine sorgen und die Gefahren in Zukunft abstellen. Lösung Rn 60, 66, 75
Fall 6:
Der Tennislehrer T betreibt eine Tennisanlage am Rande eines Wohnviertels. Auf dem dem N gehörigen Nachbargrundstück wachsen Pappeln, deren Wurzeln, zunächst unbemerkt, in das Grundstück des T hineinwachsen, wo sie erst bemerkt werden, als sie bereits den Belag des Tennisplatzes zerstört haben. T verlangt von N Beseitigung der Wurzeln, Wiederherstellung des Belags des Tennisplatzes und Ersatz für den Verdienstausfall, der ihm während der Zeit der Unbenutzbarkeit des Platzes entstanden ist, schließlich für die Zukunft Maßnahmen, die die Wiederholung derartiger Störungen verhindern. Lösung Rn 60, 66, 73
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Eigentum, wie es in § 903 umschrieben ist, ist ein absolutes dingliches Recht, also eine subjektive Rechtsposition, die sich auf Sachen iSd § 90 bezieht, damit immerhin auf bewegliche Sachen, Grundstücke und sog. grundstücksgleiche Rechte (Erbbaurecht und Wohnungseigentum). Es umfasst also nicht die Inhaberschaft an Forderungen oder Mitgliedschaftsrechten, die aber sehr wohl zum „Vermögen“ eines Einzelnen gehören können[1] und in mancher Hinsicht, etwa im Hinblick auf den Schutz gegen Übergriffe Dritter, wie Eigentum behandelt werden. Im BGB fehlt ein einheitlicher, alle Spielarten des absoluten subjektiven Rechts umfassender Begriff, weshalb auf der Hand liegt, dass der Gesetzgeber den Inhalt der jeweiligen subjektiven Berechtigung festlegen kann. Eigentum iSd § 903 umfasst positive und negative Befugnisse, also das Recht die Sache in Besitz zu nehmen, sie selbst zu nutzen oder die Nutzung anderen zu überlassen, sie zu verändern und zu veräußern; zu den „negativen“ Befugnissen gehört das Recht, andere von der Einwirkung auf die Sache (durch Betreten eines Grundstücks, Benutzung oder gar Verwertung) auszuschließen. Somit kann der Eigentümer Störungen und Beeinträchtigungen in der eigenen Nutzung der Sache abwehren (Rn 58 ff), wenn er nicht Besitzer ist, kann er gem. § 985 Herausgabe der Sache verlangen.[2]
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Im Zuge der privatrechtlichen Inhaltsbestimmung ist zu beachten, dass dem Eigentümer das Recht als privatnütziges zusteht, was aber nicht heißt, dass die rechtliche Funktion eines Gegenstandes und seine dadurch bedingte Stellung in der Gemeinschaftsordnung ohne Bedeutung wären, so dass zum Eigentum oder zur Inhaberschaft an einem absoluten Recht auch Nutzungsbeschränkungen oder Duldungspflichten (s. etwa §§ 917, 1004 Abs. 2) gehören können.
Eigentum an einem 150 ha großen Waldgrundstück in Großstadtnähe, an einem für eine Tallandschaft wichtigen Hochgebirgshang, an ca. 10 ha Baugelände in Großstadtnähe, an einem bedeutenden Kunstwerk und andererseits Eigentum an getragenen Kleidern (s. den Ausgangsfall 1, Rn 1) haben auch bei formaler Gleichheit unterschiedliche Inhalte, sie sind aber immer „Eigentum“.
Zu den privatrechtlichen Inhaltsbeschränkungen des Eigentums gehören etwa Pflichten, Einwirkungen eines anderen, somit auch von Nachbargrundstücken ausgehende, zu dulden (§§ 906, 1004 Abs. 2, dazu näher Rn 79 ff), desgleichen die Duldungspflicht gem. § 904, die auf dem Gedanken beruht, dass der Eigentümer einen Zugriff auf die Sache nicht verbieten darf, der nötig ist, um einer Notlage zu begegnen (die auch nicht, wie beim „aggressiven Notstand“ iSd § 228, von der Sache selbst ausgehen muss). Man kann auch daran denken, dass der Zustand einer Sache Verkehrssicherungspflichten des Eigentümers begründet, die ihn bei schuldhafter Verletzung gegenüber einem dadurch zu Schaden Gekommenen haftbar machen können[3]. Anspruchsgrundlage ist dann freilich § 823, also der Gedanke, dass vom Eigentum ausgehende Gefahren nicht andere in ihren deliktisch geschützten Rechtsgütern verletzen dürfen, es handelt sich nicht um eine verschuldensunabhängige Haftung des Eigentümers für den Zustand seiner Sache, wie sie bisweilen gefordert wird. Die Abwehr- und Untersagungsbefugnis eines Hauseigentümers umfasst etwa auch das Hausrecht, das nicht nur an Häusern, sondern auch an einem umfriedeten oder einem gewerblich genutzten Grundstück besteht; so kann ein Fußballverein aus seinem vereinseigenen Stadion Randalierer entfernen oder vom Publikum ausgehende Störungen des Sportbetriebs zu verhindern suchen, den Besuchern etwa Wurfgeschosse oder Feuerwerkskörper abnehmen; der Betreiber eines Flughafens kann das den Betrieb störende Verteilen von Flugblättern untersagen[4].
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Die Art der Benutzung von Grundstücken bringt es mit sich, dass manchmal gefragt werden muss, ob Nutzungs- und Abwehrbefugnisse auch den Luftraum über und das Erdreich unter der Erdoberfläche erfassen. Im Grundsatz erstreckt sich das Eigentum auf den Raum über und unter der Oberfläche, im letzteren Bereich allerdings durch das Bergregal gem. § 3 Abs. 4 Nr. 1 BBergG beschränkt, so dass etwa Sand und Kies vom Eigentümer abgebaut werden dürfen[5]. Ausgeschlossen ist aber schon – aus außerprivatrechtlichen Gründen – der Zugriff auf das Grundwasser[6]. Allgemein kann aber der Grundeigentümer nach § 905 Einwirkungen in einer Höhe und Tiefe, die seine Interessen nicht berühren, nicht verbieten. Das bedeutet, dass er auch den Flugverkehr dulden muss, soweit die Voraussetzungen des § 1 LuftVG eingehalten sind. Eine praktisch wichtige, häufig umstrittene Duldungspflicht folgt aus § 76 des Telekommunikationsgesetzes (TKG) in Bezug auf Telekommunikationsleitungen. Hinter solchen gesetzlichen Eigentumsbeschränkungen stehen öffentlich-rechtlich geregelte Kompetenzen. Einschränkungen des Benutzungsrechts, besonders auch Duldungspflichten können sich aber auch aus dem gesamten (privaten) Nachbarrecht ergeben, näher Rn 79 ff.