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3. Die Störung und ihre Beseitigung

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Der Anspruch aus § 1004 richtet sich gegen den Störer, das ist diejenige Person, der die Beeinträchtigung zugerechnet wird, wobei es nicht – anders als bei einem Schadensersatzanspruch – auf eine schuldhafte Handlungsweise ankommt, sondern auf eine aus der objektiven Situation abzuleitende Verantwortlichkeit (näher zum Störerbegriff Rn 71). Die Rechtsfolgen – Anspruch auf Beseitigung der Beeinträchtigung und Unterlassung[58] weiterer Störungen – können für den Inhaber eines Rechtsguts mehr Wert haben als der nicht leicht zu substantiierende nachträglich auszugleichende Schaden. Im Begriff der Störung steckt somit stets eine Abwägung zwischen der von der Rechtsordnung geschützten Empfindlichkeit des Eigentümers mit der den Nachbarn im Raum zuzumutenden Rücksichtnahme auf andere Interessen. Die den Ansprüchen auf Beseitigung und Unterlassung entgegenstehenden Duldungspflichten ergeben sich zum großen Teil aus privatrechtlichen Inhaltsbestimmungen des Eigentums, desgleichen aus speziell, hauptsächlich in § 906, ausgeformten Abwehrrechten. Da aber auch diese Vorschriften zum Teil nur sehr spezielle Situationen und Interessenlagen umfassen, hat sich daneben ein Bedürfnis nach Bezeichnung von Verhaltens- und Duldungspflichten aus einem letztlich aus Treu und Glauben (§ 242) abgeleiteten sog. nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis ergeben (näher Rn 108). Generell muss die Beeinträchtigung wenigstens mittelbar auf den Willen der als Störer in Anspruch genommenen Person zurückgehen[59], reine Naturereignisse oder Beeinträchtigungen, die sich aus der natürlichen Beschaffenheit der Sache ergeben, von der sie ausgehen, gehören nicht hierher[60].

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Anderes gilt für solche Entwicklungen, die vom Inhaber der Sache hätten verhindert werden müssen. So kann man einem Grundstückseigentümer, auf dessen Gelände ein bei Sturm umsturzgefährdeter Baum steht (und der deshalb, wenn dies eintritt und ein Nachbar Schaden erleidet, dafür aufzukommen hat[61]), auch zumuten, den umgestürzten Baum zu beseitigen[62], was besonders wichtig ist, wenn von einer Störungsquelle weitere Schäden zu befürchten sind[63]. Besonders relevant sind in diesem Zusammenhang aber Handlungsweisen, die zwar nur auf dem eigenen Grundstück des Störers stattfinden, sich aber auf die Nachbargrundstücke in einer Weise auswirken, dass die Benutzbarkeit für die gewöhnlichen Zwecke leidet, so – s. Fall 4 – der Gebrauch von Pflanzenschutz- und Unkrautvertilgungsmitteln, wenn diese durch Wind oder abfließendes Oberflächenwasser auf ein benachbartes Grundstück gelangen[64]. Nicht selten werden hier ausgesprochen kleinliche Streitigkeiten verfeindeter Nachbarn ausgetragen, so etwa um eine Kinderschaukel und einen Sandkasten als Beeinträchtigung einer Dienstbarkeit[65], besonders oft um eine Störung durch Tiere[66], auch in einem fast sensationellen Urteil betreffend das Quaken von Fröschen in einem auf dem Nachbargrundstück angelegten Teich[67]; der letztere Fall interessiert besonders auch hinsichtlich der vom Störer zu ergreifenden Mittel (Rn 77).

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Vor diesem Hintergrund sind auch die häufig und kontrovers diskutierten Fälle sog. ideeller Einwirkungen zu sehen. Es geht dabei nicht um den Schutz absoluter Rechte, hauptsächlich des Eigentums, und erst recht nicht um eine Usurpation von Eigentümerbefugnissen, sondern um eine von einer Grundstücksnutzung ausgehende Beeinträchtigung persönlicher Empfindungen[68]. Diese sog. „sittlichen Immissionen“ werden von der Rechtsprechung nicht hierher gerechnet, so die Belästigung durch das „Studio Romantica“ (in Wahrheit ein Bordell in einem Einfamilienreihenhaus)[69] oder durch den abstoßenden Anblick eines Hauses[70]. Es wird allerdings auch vertreten, man solle das allgemeine Persönlichkeitsrecht durch § 1004 als mitgeschützt ansehen[71], was aber bei einem hinter verschlossenen Türen ablaufenden Geschehen im Ergebnis nicht in Betracht kommt[72]. Anders ist womöglich zu entscheiden, wenn eine Eigentümerbeeinträchtigung zwar keine wirtschaftliche Schädigung oder Behinderung beim freien Zugang zu dem Grundstück verursacht, wohl aber der Eigentümer durch das Fotografieren und Veröffentlichen von Fotos, die das Grundstück und den Zugang zu ihm zeigen, Belästigungen zu befürchten hat[73]. Verletztes (iSd Deliktsrechts) oder beeinträchtigtes Rechtsgut ist dann aber nicht das Eigentum, sondern das (mit einigen Einschränkungen) ebenfalls als absolutes subjektives Recht anerkannte allgemeine Persönlichkeitsrecht.[74]

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Die Unterscheidung von Handlungs- und Zustandsstörer beherrscht auch die einschlägigen Regeln des öffentlichen Rechts. Es geht darum, wem eine Beeinträchtigung iSd § 1004 zuzurechnen ist. Hat eine Person durch eine Handlung auf das Eigentum eingewirkt, ist sie Störer (infolge Handlungshaftung); gehen die Beeinträchtigungen von einer Sache aus, so ist deren Eigentümer und jeder andere, der die störende Anlage hält, als Störer zu behandeln, auf dessen Willen die störende Beschaffenheit der Sache beruht (Zustandshaftung)[75]. Dabei kommt also der (reine) natürliche Zustand der Sache als Störungsquelle nur in Betracht, wenn aus anderen Gründen als der bloßen Eigentümerstellung (die nicht für sich allein eine Verpflichtung schafft)[76] der für die Sache Verantwortliche den störenden Zustand hätte abstellen müssen. Gründe hierfür können vorangegangene Einwirkungen auf das Grundstück, etwa eine künstliche Aufschüttung[77], sein, während die Schaffung von Einrichtungen, die das Betreten des Grundstücks durch andere bezwecken, eine Verkehrssicherungspflicht begründen kann, deren Verletzung ein Delikt sein kann. Auch in diesem Bereich konkurrieren also die möglichen Beseitigungsansprüche aus § 1004 mit Schadensersatzansprüchen aus § 823.

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Die Begriffe sind aber nicht leicht zu handhaben. So leuchtet es nicht immer ein, dass der bloße natürliche Zustand einer Sache nicht ohne eine menschliche Handlung dem Eigentümer zugerechnet werden kann[78]; jedenfalls gibt es – uU auch deliktisch relevante – Aufsichtspflichten für eine an sich gefährliche Anlage wie etwa einen verlassenen Sportplatz; Pflichten ergeben sich insoweit auch regelmäßig aus öffentlich-rechtlichen Vorschriften[79].

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Die Rechtsprechung geht mit der Annahme einer Zustandsstörung bisweilen ziemlich weit, so wenn technische Defekte innerhalb eines Hauses zum Brand und danach zu Schäden auf dem Nachbargrundstück geführt haben[80]. Weiter lässt sich in Fall 5 diskutieren, ob der ehemalige Betreiber des Steinbruchs nicht ein Auge darauf haben muss, was nach seiner Einstellung des Betriebs auf dem Gelände geschieht.

Im Tennisplatz-Beispiel (Fall 6) ist die Störereigenschaft des N anzunehmen, wenn er die Bäume gepflanzt oder wenn er eine Rechtspflicht verletzt hat, die sich aus allgemeinen Grundsätzen (uU auch aus dem nachbarschaftlichen Gemeinschaftsverhältnis – dazu Rn 108) ergibt, und die inhaltlich dahin geht, dass Beeinträchtigungen des Nachbargrundstücks verhindert werden sollen, soweit das zumutbar ist[81].

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In einer weitgehend arbeitsteiligen Wirtschaft und Gesellschaft muss es bei der Bestimmung der Störerstellung auch eine Verantwortlichkeit für Handlungen anderer geben. Das gilt für Handlungs- wie für Zustandsstörung. Handlungsstörer kann sein, wer als Besitzer (auch und gerade: Mieter) mit oder ohne Erlaubnis des Eigentümers Handlungen vornimmt, die die Nachbarschaft beeinträchtigen[82]. Auch der Eigentümer kann Störer sein, wenn das Grundstück für eine bestimmte Nutzung durch Dritte eingerichtet worden ist. Sogar eine Haftung als Zustandsstörer kommt für Mieter und Eigentümer in Betracht, so in dem Fall der Verpachtung eines bis dahin als gutbürgerlich angesehenen Speiselokals an einen Betreiber dunkler Geschäfte, dessen Kunden und Vertragspartner in der näheren Umgebung unliebsames Aufsehen erregen[83] Derartige Vorkommnisse können auch mit der Figur eines „mittelbaren Handlungsstörers“ gelöst werden, das ist jemand, der das störende Verhalten nicht selbst vornimmt, es aber veranlasst, und verpflichtet gewesen wäre, es zu verhindern; er muss dann beweisen, dass er alles unternommen hat, um das störende Verhalten abzustellen[84].

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Im Fall 5 ist somit E Störer, denn auf seine Anweisungen geht der Einsatz der modernen Maschinen ohne besondere Vorrichtungen gegen Staubentwicklung zurück. Er kann auch jederzeit die Ursache der Staubentwicklung beseitigen. Der natürliche Abfluss von Niederschlagswasser auf ein niedriger gelegenes Grundstück würde nicht ausreichen, wohl aber die Anreicherung des Wassers mit Chemikalien (s. Fall 4). Ein Grenzfall ist die Erhöhung der Menge des auf das Nachbargrundstück abfließenden Niederschlagswassers durch eine Änderung der Nutzung des höher gelegenen Grundstücks; die Entscheidung des BGH[85] gegen die Störereigenschaft des Handelnden erklärt sich aber aus der Vereinbarkeit des Handelns mit wasserrechtlichen Vorschriften.

Im Fall 4 dagegen wurde der Eigentümer des höher gelegenen Grundstücks als Störer angesehen[86].

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Weder beim Handlungs- noch beim Zustandsstörer – auch nicht bei der Verantwortlichkeit eines vom Eigentümer betrauten Dritten und bei der mittelbaren Handlungsstörung – kommt es auf ein Verschulden an. Das überrascht etwas angesichts der tatsächlichen Nähe zum Deliktsanspruch, aber die im Vorigen behandelten Beschränkungen der Verantwortlichkeit des Eigentümers stellen bis zu einem gewissen Grade einen Ausgleich für das nicht geltende Verschuldenserfordernis dar.

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Der Inhalt des Beseitigungsanspruchs besteht darin, dass der Störer Maßnahmen zur Beendigung des störenden Zustandes oder der verbleibenden Nutzungsbeeinträchtigung trifft, nicht aber für vermögensrechtliche Schäden, die durch die Nutzungsbeeinträchtigung verursacht sind, aufkommen muss – das wäre ein nach Deliktsregeln zu regulierender Schadensersatz.[87] Nach der Rechtsprechung hat somit der Störer die Benutzbarkeit des gestörten Rechtsguts wiederherzustellen, dh also den auf das Nachbargrundstück gefallenen Baum zu beseitigen, in Fall 6 die in den Tennisplatz eingedrungenen Wurzeln zu schneiden[88], darüber hinaus müsste der Störer Pflanzen, die der umgestürzte Baum zerstört hat, wieder anpflanzen oder auch den Tennisplatz in einen gebrauchsfähigen Zustand versetzen. Weiter muss er nach einer im Schrifttum vertretenen Ansicht[89] eine fortdauernde, wenn auch im Augenblick nicht „aktive“ Störungsquelle beseitigen, also etwa ein defektes Wasserrohr, durch das Schmutzwasser auf das Nachbargrundstück geflossen ist, schließen[90]. Das würde sich freilich auch schon aus dem in § 1004 gleichfalls gegebenen Unterlassungsanspruch rechtfertigen lassen, der eingreift, wenn eine Beeinträchtigung, die nicht zu dulden sein würde, droht. Regelmäßig wird dies aus einer mindestens einmaligen tatsächlich erfolgten Störung zu schließen sein, was auch der Wortlaut des § 1004 zu erfordern scheint; es genügt aber auch eine ernstliche Bedrohung, ohne dass der Nachbar abzuwarten braucht, ob es zu der Störung kommt (sog. Erstbegehungsgefahr)[91]. Im Schrifttum wird jedenfalls zum Inhalt des Beseitigungsanspruchs auf eine gewisse Gefahr der Überschneidung mit einem Schadensersatzanspruch hingewiesen, die sich dadurch vermindern lässt, dass als Gegenstand des Anspruchs auf Herstellung der Wiederbenutzbarkeit immer nur die beeinträchtigte Sache verstanden wird[92], namentlich kann Geldersatz keinesfalls verlangt werden. Weitergehend nehmen aber die Vertreter der Theorie, die die Beeinträchtigung als Usurpation von Eigentümerrechten auffasst (Rn 64), an, dass der Störer lediglich zur Entfernung aus dem fremden Rechtskreis verpflichtet sei[93] – das wird der Weite der nach den Bedürfnissen der Praxis nicht hinzunehmenden Beeinträchtigung fremden Rechtsguts zu wenig gerecht.

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