Читать книгу Warum scheißen die Vögel auf Buddhas Kopf? - Harry Mi Sho Teske - Страница 28
ОглавлениеFall 19: Nansens „Alltäglicher Geist ist der Weg“
Das Kōan
Jōshū fragte Meister Nansen: „Was ist der Weg?“
„Der alltägliche Geist ist der Weg,“ erwiderte Nansen.
„Soll ich mich ihm zuwenden oder nicht?“ fragte Jōshū.
„Wenn du versuchst, dich ihm zuzuwenden, dann trennst du dich von ihm,“ antwortete Nansen.
„Wie kann ich dann vom Weg wissen, wenn ich ihn nicht finde?“ beharrte Jōshū.
Nansen sagte: „Der Weg ist keine Angelegenheit von Wissen oder Nicht-Wissen. Wissen ist Verblendung und Nicht-Wissen ist Verwirrung. Wenn du den wahren Weg jenseits des Zweifels erreicht hast, dann findest du ihn weit und grenzenlos wie das Weltall. Wie kann man darüber auf der Ebene von richtig und falsch sprechen?“
Bei diesen Worten kam Jōshū zu einer plötzlichen Erleuchtung.
Mumons Kommentar:
Nansen löste sich auf. Er schmolz dahin vor Jōshū’s Frage und konnte keine plausible Erklärung anbieten. Obwohl Jōshū doch zu einer Erleuchtungserfahrung kam, musste er noch weitere dreißig Jahre darin eintauchen, bevor er sie völlig verstand.
Mumons Gedicht:
Die Frühlingsblumen, der Herbstmond,
Sommerwind, Winterschnee.
Wenn nutzlose Dinge deinen Geist nicht mehr verwirren,
Dann hast du die besten Tage deines Lebens.
Erklärung:
Jōshū Jūshin (Chao-chou Ts’ung-shen), 778–897, war Schüler und Dharmanachfolger von Nansen Fugan und hatte selber dreizehn Dharmanachfolger.
Nansen Fugan (Nan-ch’üan P’u-yüan), 748–835, war ein Schüler und Dharmanachfolger von Baso Dōitsu (Ma-tsu- Tao-i) und hatte selber siebzehn Dharmanachfolger.
der Weg? Es ist damit der Weg gemeint, der uns herausführt aus der menschlichen Welt des Leidens und der Unzufriedenheit in die Welt der Freiheit und der grenzenlosen Erleuchtung; das heißt, er führt uns direkt zur Befreiung des Nirvāna. Eigentlich gibt es gar nichts anderes außer diesen Weg. Es ist nur so, dass wir durch die ständigen Verlockungen unserer Überflussgesellschaft vollkommen das Bewusstsein dafür eingebüßt haben.
Wenn du versuchst, dich ihm zuzuwenden, dann trennst du dich von ihm Wenn du nach diesem Wege suchst, dann trennst du dich von ihm, weil du dich schon immer auf ihm befunden hast. Du gehst diesen Weg ständig und deine einzige Aufgabe ist es, dir dessen bewusst zu werden. Diese Bewusstwerdung geschieht durch die Methode der Meditation. Nur durch das Mittel des Zazen beruhigen wir unseren Geist allmählich so, dass er endlich erkennen kann, wie universell dieser Weg ist, der sich in unserem alltäglichen Geist widerspiegelt. Der alltägliche Geist mit seinem Auf und Ab, mit seinen Hochstimmungen und seiner Niedergeschlagenheit ist nichts anderes als dieser wahre Weg jenseits des Zweifels.
Wissen ist Verblendung Das alleinige Wissen um diesen Weg ins Nirvāna ist verblendet, wenn es nicht mit einer Methode einhergeht, wie dieses Wissen auch in die Tat umgesetzt werden kann. Dieser Königsweg ist das Zazen, denn das stille Sitzen in Versenkung befähigt mit der Zeit zu einem Loslassen aller Befürchtungen, ob wir uns auf dem Weg befinden oder nicht.
Nicht-Wissen ist Verwirrung Wenn wir nichts von dem Weg in die grenzenlose Freiheit des Nirvāna wissen, dann irren wir weiter in dieser Welt der Unzufriedenheit umher, ohne jemals einen Ausweg zu finden. Das ist der Zustand der gewöhnlichen Alltagsmenschen, die vollkommen verwirrt und geblendet von den Versprechungen unserer modernen Konsumgesellschaft durchs Leben irren, ohne den Schimmer einer Hoffnung.
den wahren Weg jenseits des Zweifels Dieser Weg wird jedem schnell klar, der sich vom Trubel der Vergnügungsgesellschaft zurückzieht und in die stille, ruhige Welt des Zazen eintaucht. Denn die Zweifelsucht verschwindet genauso wie der Glaube an einen festen Persönlichkeitskern sowie das Hängen an Riten und Regeln – und zwar schon mit dem Eintritt in den Weg zur Erleuchtung.