Читать книгу Warum scheißen die Vögel auf Buddhas Kopf? - Harry Mi Sho Teske - Страница 35
ОглавлениеFall 26: Zwei Mönche rollen die Jalousien hoch
Das Kōan
Als die Mönche sich vor dem Mittagsmal versammelten, um seinen Vortrag zu hören, zeigte der große Meister Hōgen von Seiryō auf die Bambus-Vorhänge. Zwei Mönche erhoben sich gleichzeitig und rollten sie auf. Hōgen sagte: „Ein Gewinn, ein Verlust.“
Mumons Kommentar:
Sage mir, wer hat gewonnen und wer hat verloren? Wenn du ein Auge hast, um das Geheimnis zu durchdringen, dann siehst du, wo Seiryō Kokushi falsch lag. Jedoch warne ich dich ernsthaft, über Gewinn und Verlust zu diskutieren.
Mumons Gedicht:
Die Vorhänge sind aufgerollt und der große Himmel ist offen.
Aber der große Himmel kommt nicht zum Zen.
Warum schmeißt du sie nicht alle aus dem Himmel,
und bewachst deine Praxis so scharf, dass keine Luft mehr entweicht.
Erklärung:
um seinen Vortrag zu hören Die Mönche versammeln sich in der Regel vor dem Mittagessen, um einem Vortrag des Zen-Meisters, einem Teishō, zuzuhören und dadurch ihren Einblick in die buddhistische Sicht der Wirklichkeit zu vertiefen. Die Aufmerksamkeit ist der Erfahrung nach vor dem Essen am größten und deswegen werden auch alle theoretischen Anleitungen zum Zen-Buddhismus im Normalfall immer vor dem Mittagessen gegeben.
Hōgen von Seiryō, Hōgen Bun’eki (Fa-yen Wen-i), 885–958, war ein Schüler und Dharmanachfolger von Rakan Keijin (Lo-han Kuei-chen). Er ist der Begründer der Fa-yen Schule (Hōgen-Schule) und hat eine Reihe von Schriften hinterlassen, von denen nur wenige erhalten geblieben sind. Er hat viele Schüler gehabt und man sagt, dass die Mönche in seinem Kloster nie weniger als Tausend gewesen sind.
ein Gewinn, ein Verlust Das Aufrollen der Bambusrollos als solches ist vollkommen wertneutral, weder ein Gewinn noch ein Verlust. Aber wieso kommt der große Hōgen von Seiryō dazu, ein dermaßen vernichtendes Urteil über die Handlung einer der beiden Mönche abzugeben oder hat er etwa gar nicht das Aufrollen der Rollos gemeint? Vielleicht hat er gemeint, dass jede Aktion sowohl Vorteile wie auch Nachteile hat und dass es zwar ein Gewinn ist, dass die beiden Mönche gleichzeitig auf seine Aufforderung reagiert haben, aber andererseits ist es ein Verlust, denn beide erhoffen sich dadurch einen persönlichen Gewinn, und diese Motivation ist im Zen-Buddhismus äußerst verpönt.
das Geheimnis Der Zen-Buddhismus hat ein Geheimnis zu bieten, gegen das die Geheimnistuerei in der christlichen Kirche sich nur wie ein fadenscheiniger Taschenspielertrick ausnimmt; was ist das Geheimnis des Glaubens gegen das Geheimnis, das hinter der Macht der Erkenntnis steht?
der große Himmel kommt nicht zum Zen wenn man einen gewissen Fortschritt in der Zen-Meditation gemacht hat, dann ist man gut beraten, diesen Vorteil so schnell wie möglich wieder zu vergessen, um nicht in die Falle zu geraten, sich für einen Experten im Zen-Buddhismus zu halten.
bewachst deine Praxis so scharf man sollte mit großer Achtsamkeit und einem höchsten Maß an Anstrengung an die Praxis herangehen. Gleichzeitig sollte man alles anzweifeln, was einem auf dem Weg des Zen-Buddhismus angeboten wird und man sollte drittens unerschöpfliches Vertrauen in den eigenen Lehrer haben. Dies sind die drei wesentlichen Eigenschaften der Zen-Praxis, wie Meister Hakuin sie im 17. Jahrhundert formuliert hat.