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3 Die Arbeitsgemeinschaft der Jugendseelsorger in der SBZ gründet sich
ОглавлениеAls Beginn einer eigenständigen Jugendseelsorge für die SBZ kann die Zusammenkunft der Jugendseelsorger am ersten Dezemberwochenende 1946 angesehen werden.96 Auf diesem ersten Treffen in Alt-Buchhorst wurde aufgrund der politischen Nachkriegssituation der Aufbau der Jugendseelsorge für die SBZ konzipiert. Die sich daraus entwickelnde Arbeitsgemeinschaft der Jugendseelsorger war aufgrund der Interventionen von K. Preyssing und H. Wienken im Rahmen der DBK von Anfang an unabhängig von der westdeutschen verbandlichen Jugendarbeit zu sehen und somit nicht als Zweigstelle von „Altenberg“97 zu verstehen, auch wenn G. Moschner98 auf dieser konstituierenden Sitzung anwesend war und mit seiner Präsenz die gesamtdeutsche Sicht ins Spiel brachte. Vielmehr bestand die Aufgabe der neu entstandenen Arbeitsgemeinschaft darin, in der SBZ eine selbständige Jugendseelsorge aufzubauen. K. Schenke wurde zugleich als Priester für die überregionale Jugendseelsorge in der gesamten SBZ freigestellt.99 Mit diesen Entscheidungen wurde die Grundlage dafür gelegt, dass die Jugendseelsorge der SBZ einen eigenen Weg gehen konnte. K. Schenke, bei diesem ersten Treffen selbst nicht anwesend, traf sich unmittelbar danach mit dem Berliner Jugendseelsorger R. Lange am Krankenbett des Prälaten Puchowski, um konzeptionelle Details zu besprechen. Die ersten Weichen für die Jugendseelsorge der SBZ wurden gestellt. Obwohl K. Schenke aus pragmatischen Gründen seine Arbeit lieber weiterhin von Leipzig aus führen wollte, entschied man sich, aus politischen Gründen, für Ost-Berlin als den Ausgangspunkt seiner Arbeit.100 Außerdem stand in Berlin das einzige intakte Jugendseelsorgeamt in der SBZ zur Verfügung. In den übrigen Ordinariaten im Bereich der SBZ war die eigenständige Jugendseelsorge erst noch im Aufbau begriffen. Mit K. Schollmeier in Erfurt und H. Theissing101 in Görlitz gab es ab 1946 in zwei anderen Ordinariaten der SBZ bereits hauptamtliche Jugendseelsorger.102 In den anderen Bistümern war die Jugendseelsorge noch größtenteils dezentralisiert auf die Städte beschränkt (Dresden, Leipzig,103 Rostock), während für das Kommissariat Magdeburg der Paderborner Jugendseelsorger A. Reineke zuständig war. Ihm zur Unterstützung wurden am 1. Dezember 1945 zwei nebenamtliche Jugendseelsorger, für Mannes- und Frauenjugend getrennt, für das Kommissariat Magdeburg ernannt.104 Daneben wurden noch Dekanatsjugendseelsorger berufen.105
Am dritten Märzwochenende 1947 fand ein erstes Interzonen-Treffen von Jugendseelsorgern aus den Westzonen und aus der SBZ statt. Bereits in den Tagen zuvor hatten sich die Jugendführer der SBZ in Berlin versammelt und wurden u. a. von Prälat Puchowski auf die Verantwortung der Laien in der katholischen Jugendseelsorge eingeschworen. Selbst wenn es vor allem der Priestermangel war, der zur betonten Mobilisierung der Laien veranlasste, sollten sich die Jugendführer nicht als „Notnagel“ verstehen, auf den in der Umbruchszeit zurückgegriffen würde. Sie, die Laien, seien durch Christus befähigt, mitverantwortlich als Kirche und in der Kirche zu arbeiten.106 Am gemeinsamen Wochenende mit den Jugendseelsorgern aus allen vier Zonen hatte vor allen das CAJ-Konzept des Sehen - Urteilen - Handelns begeisterten Anklang gefunden. Dieses Konzept, obwohl auf den religiösen Bereich konzentriert, verbunden mit bündischen Elementen und einem großen Ausmaß an Improvisation, bildete inhaltlich einen wichtigen Ausgangspunkt für die spätere Jugendseelsorge in der SBZ. In einem weiteren Referat hob G. Moschner wieder den bündischen Ansatz ins Bewusstsein der Jugendlichen und Seelsorger. Die von Priestern geprägte Pfarrjugendseelsorge hätte in der Zeit des Krieges nur einem „Klerikalismus“ Vorschub geleistet und die berufenen Jugendführer seien zwar schon „halbe Kapläne“ gewesen, aber diese Art der Jugendseelsorge in der Zeit des Nationalsozialismus hätte auch als Arbeit im Verborgenen enggeführt. Die katholische Jugend solle in der Gesellschaft wieder präsenter sein und müsse daher von der Jugend geführt werden.107
Die erste Konferenz der späteren Arbeitsgemeinschaft der Jugendseelsorger der SBZ fand im Herbst 1947 in Alt-Buchhorst statt.108 Dort stand neben der liturgischen und religiösen Erziehung der Jugend109 angesichts der Personalsituation in der Jugendseelsorge auch das Anliegen im Vordergrund, verstärkt Jugendhelfer zu schulen und somit mehr Laien zu aktivieren.110 Die Umsetzung dieser ersten konzeptionellen Anregungen wurde durch die katastrophalen wirtschaftlichen Verhältnisse erschwert. Sobald solche Helferschulungen den Pfarroder Dekanatsrahmen überschritten, behinderte die desolate Infrastruktur der Nachkriegszeit eine Umsetzung. Nur wenige der Jugendlichen erfuhren von den stattfindenden Helferschulungen und noch weniger konnten den Reiseaufwand bewerkstelligen. Daher waren bei vielen Schulungen der Anfangszeit Klagen über die geringen Teilnehmerzahlen zu hören. Das in solchen Kursen vermittelte Handwerkszeug war vor allem auf eine die religiöse Erziehung betreffende Helferarbeit in den Jugendgruppen ausgerichtet. Dazu zählten die moralische Erziehung der Jugend, die Vermittlung von religiösem Wissen und das Erlernen liturgischer Grundkenntnisse. Auch wenn auf den überregionalen Treffen der Jugendseelsorge schon früh erste zentrale konzeptuelle Ansätze entwickelt worden waren, behielt sich nicht nur Magdeburg vor, diese regional zu interpretieren. Das führte dazu, dass von einer einheitlichen Umsetzung einer zentralen Jugendseelsorge in der SBZ wie auch später in der DDR nicht gesprochen werden kann.111 Dazu waren die Partikularinteressen der leitenden Seelsorger in den einzelnen Ordinariatsbezirken und die der Ordinarien doch zu stark ausgeprägt. Davon abgesehen waren die ersten Treffen der Jugendseelsorger noch nicht zu vergleichen mit der Organisation der späteren Sitzungen. Sie lebten noch viel mehr vom Charisma112 der anwesenden Seelsorger als von etwaigen Konzeptionen.113