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4.1.1 Vom schulischen zum außerschulischen Religionsunterricht

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Das zeitweilige Ringen um die Wiederherstellung der Weimarer Verhältnisse im Bereich der SBZ wie auch im Kommissariat Magdeburg wurde vor allem auf der kirchenpolitischen Ebene ausgetragen. Dabei stand zunächst das eingeforderte Recht, katholischen Religionsunterricht an staatlichen Schulen durchführen zu können und katholische Schulen wieder zuzulassen im Zentrum des Bemühens der Ordinarien.124 Wie schon in der Zeit der Weimarer Republik wurde der schulische Religionsunterricht neben der Sakramentenkatechese als wesentlicher Ort der religiösen Sozialisation angesehen. Beide Elemente stellten die Grundlage der Jugenderziehung/Jugendseelsorge dar. Unter den Bedingungen der SBZ aber blieb das Bemühen um die Wiederzulassung der Bekenntnisschulen erfolglos bzw. wurde angesichts der politischen Verhältnisse schon bald zu einem Rückzugsgefecht, in dem es nur noch darum ging, den zugestandenen Religionsunterricht an den Schulen durchführen zu können. Nachdem keine gesetzliche Verankerung der Konfessionsschule ausgehandelt werden konnte, versuchte man nun, wenigstens die Durchführung des Religionsunterrichtes zu sichern.

Zunächst war die katholische Kirche vielerorts auf die Räumlichkeiten der evangelischen Kirche oder die der staatlichen Einrichtungen angewiesen.125 Anders wäre der Religionsunterricht rein technisch nicht durchführbar gewesen. Erst in den späten fünfziger Jahren war die Infrastruktur der katholischen Kirche derart ausgebaut, dass ausreichend kircheneigene Räume zur Verfügung standen, um den Religionsunterricht auch außerhalb der Schule durchführen zu können.126 Prinzipiell wurde die Möglichkeit zugesichert, den Religionsunterricht in der Schule durchzuführen, entsprechend der Verordnung über den Religionsunterricht vom 1. Oktober 1945 durch den Präsidenten der Provinz Sachsen127 und den Durchführungsbestimmungen zur Verordnung über die religiöse Unterweisung der schulpflichtigen Jugend128 sowie den zugehörigen späteren Ausführungsbestimmungen. Dennoch war die Durchführung des Religionsunterrichtes im öffentlichen Bereich schon bald gefährdet, da die Katecheten und Seelsorger bei der Ausübung des Religionsunterrichtes an den Schulen mit Behinderungen verschiedenster Art konfrontiert wurden.129 Um sich dagegen zur Wehr zu setzen, bediente sich die Kirche verschiedener Strategien. Sie versuchte, sich so lange wie möglich Schulräume als Orte kirchlicher Unterweisung zu sichern,130 weiterhin, wann immer möglich, evangelische Nachbarschaftshilfe in Anspruch zu nehmen. Daneben begann sie, so zügig es die Nachkriegsverhältnisse zuließen, kircheneigene Räumlichkeiten für die Durchführung des Religionsunterrichtes in den Gemeinden zu errichten.131 Die Frage des Religionsunterrichtes in der Schule betraf die Frage des kirchlichen Selbstverständnisses und dessen Unabdingbarkeit für die religiöse Sozialisation.132

Es gibt genügend Zeugnisse dafür, die zeigen, dass sich die Kirchenleitungen, nicht nur per Lippenbekenntnis, um die Zulassung der Bekenntnisschule bemühten.133 Auch Erzbischof Jaeger in Paderborn schaltete sich mit offiziellen Anfragen an die SMAD in das Ringen um die Wiederherstellung der Weimarer Verhältnisse in der Schulfrage ein.134 Dennoch wurde schon bald klar, dass sich alle Hoffnungen nicht erfüllen würden.135 Dass man sich wie bereits in der Zeit des Nationalsozialismus auf die Pfarrseelsorge zurückziehen und nun erneut die Hoffnung auf die Bekenntnisschule aufgeben musste, löste bei nicht wenigen Seelsorgern Resignation aus.136 Die Kirchenleitungen versuchten dennoch die auch die Bevölkerung für eine Zulassung des Religionsunterrichtes zu mobilisieren.137 Von der nur langsam verblassenden Hoffnung auf eine reibungslose Durchführung des katholischen Religionsunterricht an den staatlichen Schulen genährt, absorbierte das politische Ringen um den Religionsunterricht in der Nachkriegszeit derart viele Kräfte, dass scheinbar für eine umfassende pastorale Standortbestimmung in der Kinder- und Jugendseelsorge nicht genug Energie zur Verfügung stand.

Das Ringen um den Religionsunterricht an der achtklassigen Volksschule war im engen Sinn kein Thema der Jugendseelsorge. Die Schulentlassung und die Aufnahme in die katholische Jugend verliefen meist parallel. Der weitaus größte Teil der Jugendlichen hatte die Schule mit 14 Jahren bereits verlassen. Erst mit der Einführung der zehnklassigen Polytechnischen Oberschule hätte es zu Berührungspunkten zwischen Jugendseelsorge und Religionsunterricht an der Schule kommen können, doch zu diesem späteren Zeitpunkt hatten die politischen Entwicklungen grundlegend andere Verhältnisse geschaffen. Der Religionsunterricht war zu diesem Zeitpunkt weitestgehend auf den Raum der Kirchengemeinde ausgewichen. Mit der Verbannung der Kirche aus der Schule ergab sich notgedrungen ein besonderes Schwergewicht für die Kinder- und Jugendseelsorge in der Pfarrei, woraus unter anderem die religiösen Kinderwochen und die Jugendfreizeiten entstanden sind.138



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