Читать книгу DAS Erste Große BetrugsOpferBUCH - Hedwig v. Knorre - Страница 127

Angemessene Kontrolle

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Das heißt natürlich nicht, dass es keine angemessene Kontrolle gibt. Es macht Sinn, dass die Polizei ihre Streife fährt, Präsenz zeigt und bei Bedarf zügig am Einsatzort ist, mit „tatü-tata!“

Auch unsere inneren Kontrollmechanismen sind täglich ununterbrochen im Einsatz – unbewusst. Läuft alles wie erwartet, wie gewohnt, wie es soll, arbeiten sie unbemerkt im Hintergrund. Läuft aber etwas aus der Bahn, anders als gewohnt und erwartet, fangen unsere inneren Alarmglocken an zu läuten: „Vorsicht! Hier stimmt was nicht! Hin schauen!“

Was ist geschehen? Meist ist nur eine Kleinigkeit aus dem Ruder gelaufen.

 Das Portemonnaie steckt nicht in der Hosentasche, wie gewohnt! Ach, da ist es ja in der Jackentasche.

 Wo ist nur der Briefkastenschlüssel? Ach, er hängt nur an der falschen Stelle am Schlüsselbrett.

 Wo ist mein Auto geblieben? Ach, das hatte ich ja gestern abend wegen Parkplatzmangels um die Ecke abgestellt.

 Mir fehlen 50 Euro im Portemonnaie, wo sind sie? Ach, die habe ich ja vorgestern für die Reparatur des notebooks ausgegeben und gerade nicht mehr daran gedacht.

Gewöhnlich beruhigen sich die Alarmglocken schnell wieder. Gut so. Es ist anstrengend, wenn sie zu oft läuten und zu lange. Wir haben genug zu tun.

Die geschilderten Überlegungen zehren viel Energie. Nun fordert aber die Justiz im Nachhinein von Betrugsopfern, wir hätten damit rechnen sollen, einen Betrüger in der Nähe zu haben.

Würden wir tatsächlich damit rechnen, gäbe es noch viel mehr Möglichkeiten, die wir zu bedenken hätten! Hier einige wenige, die im normalen Repertoire der Betrüger ganz selbstver-ständlich vorkommen.

Ist mein Partner ein Betrüger, der mein Portemonnaie in die Jackentasche gesteckt hat, so dass ich es nicht in der Hosentasche finde, wie gewohnt? Aus irgend einem Grund, auf den ich nicht kommen kann, weil betrügerisches Denken außerhalb meiner Vorstellungskraft liegt? Ich muss dringend gründlicher darüber nachdenken...

Der Briefkastenschlüssel hängt an der falschen Stelle am Schlüsselbrett. Ist mein Partner ein Betrüger? Hat er wichtige Post aus dem Briefkasten geholt, und sie mir unterschlagen? Und dann den Briefkastenschlüssel aus Versehen an die falsche Stelle gehängt? Oder hat er nur den Briefkastenschlüssel an eine falsche Stelle gehängt, absichtlich, um mich zu verwirren, zu beschäftigen, von anderem abzulenken? Wovon wohl? Wie kann ich das nur heraus finden...

Das Auto hatte ich gestern abend wegen Parkplatzmangel um die Ecke abgestellt. Habe ich das wirklich, oder irre ich mich? Kann ich mich auf meine Erinnerung verlassen? Ist mein Partner vielleicht ein Betrüger mit Komplizen, und er hat ihnen schnell Bescheid gegeben, so dass sie das Auto inzwischen geknackt / gestohlen haben? Ich müsste um den Block laufen, um nachzusehen, aber ich habe jetzt keine Zeit...

Die 50 Euro hatte ich ja vorgestern für die Reparatur des notebooks ausgegeben und gerade nicht mehr daran gedacht. Aber hatte ich nicht noch einen 50-Euroschein im Portemonnaie? Ich kann mich nicht genau erinnern – wann hab ich nochmal Geld abgehoben, und wie viel genau? Und was hab ich denn noch eingekauft? Ach ja, das notebook hab ich ja gar nicht selbst von der Reparatur geholt, das hat ja mein Partner für mich gemacht, auf dem Rückweg von seiner Arbeit, hatt' ich ja grad vergessen... ist er vielleicht ein Betrüger – hat er womöglich gar nicht gearbeitet? Ist er gar ein Komplize des Computerfachmanns, stecken sie unter einer Decke? Ich hatte auch noch keine Zeit, das notebook auszuprobieren. Vielleicht ist auch nur der Fachmann ein Betrüger und hat mein Geld genommen, ohne seine Arbeit zu tun? Ich müsste dringend das notebook ausprobieren, aber heute hab' ich wieder keine Zeit...

All das sind nämlich Dinge, die Betrüger tun – und noch viel, viel mehr. An diesen wenigen Kontrollüberlegungen wird deutlich, wie anstrengend es wäre, überall Betrüger zu wittern. Eine komplette Überforderung, schlichtweg unmöglich zu leisten. Und auch unrealistisch. Überflüssig. Denn die meisten Menschen sind keine Betrüger.

Es ist also der falsche Ansatz, wenn die Justiz von Betrugs-opfern verstärktes Misstrauen und erhöhte Kontrolle fordert. Menschen mit solch hohem Misstrauen und Kontrollbedürfnis sind nicht lebensfähig und finden sich in Psychiatrien und Therapien, Diagnose „Paranoia“. (möglicherweise ausgelöst durch ein Betrugserleben. Kleiner makab'rer Scherz am Rande.)

DAS Erste Große BetrugsOpferBUCH

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