Читать книгу Vorsicht Schwiegermutter! - Heike Abidi - Страница 11

Die dreiteilige Wand war mit Paaren verziert, die sich in Stellungen verrenkten, von deren Existenz ich bis heute nicht die blasseste Ahnung gehabt hatte.

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Ich sah mich in dem Raum um, der bis vor ein paar Stunden noch mein heiß geliebtes Schlafzimmer gewesen war. Das Bett hatten sie in eine Ecke geschoben, sodass nun ­einer von uns über den anderen drüberklettern musste, um ins Bett zu kommen beziehungsweise um es wieder zu verlassen. Es war neu bezogen mit einer wild gemusterten Bettwäsche, ­deren Designer vermutlich zu viele bewusstseinserweiternde Pilze zu sich genommen hatte. Auf dem einen, noch verbliebenen Nachtisch standen ein paar Statuen, aus deren übergroßen Geschlechtsteilen ich nur schließen konnte, dass es sich um Fruchtbarkeitsstatuen irgendeiner Naturreligion handeln musste. Unser Kleiderschrank verschwand hinter einer riesigen Aufstellwand mit … Ich traute meinen Augen nicht: Motiven aus dem Kamasutra? Ja, ich hatte richtig gesehen, die dreiteilige Wand war mit Paaren verziert, die sich in Stellungen verrenkten, von deren Existenz ich bis heute nicht die blasseste Ahnung gehabt hatte. Apropos blass: Ich ­bemerkte, wie mein Kreislauf wegsackte, die Knie nachgaben – und dann wurde mir schwarz vor Augen.

Als ich wieder zu mir kam, lag ich mitten auf unserem Bett, guckte in einen rot-goldenen Baldachin, der mit glitzernden Tierkreiszeichen bestickt war, und hörte meine Schwiegermutter telefonieren.

»Ja, Ben, sie war so glücklich über das, was wir aus eurer schmucklosen und kalten Wohnung gemacht haben, dass sie in Ohnmacht gefallen ist! … Ja, wenn ich es dir doch sage – sie ist total happy! Kann sie ja auch sein, endlich ist es gemütlich bei euch!«

Ich schloss die Augen wieder und entschied mich, weiterhin die freudige Ohnmacht zu simulieren. Zehn Minuten später hörte ich, wie jemand den Schlüssel in der Haustür umdrehte.

»Da liegt sie, sie kommt wohl gerade wieder zu sich! Das war aber auch eine tolle Überraschung!«, sagte Gerdi, während ich die Augen öffnete.

Ben stand besorgt neben unserem Bett. »Andrea, geht es dir wieder gut? Ich messe mal deinen Blutdruck – ist dir schlecht? Hast du Kopfweh?« Er schien noch gar nicht ­bemerkt zu haben, in welch einen Albtraum seine Mutter und deren beste Freundin unsere eben noch so schöne Wohnung verwandelt hatten.

»Mit mir ist alles in Ordnung, aber – sieh dich mal um!«

Ben guckte sich im Zimmer um … dann stand er auf. Sein Blick wanderte über die Sexturner-Aufstellwand hin zu den detailreich ausgestalteten Fruchtbarkeitsstatuen und blieb am farbexplodierenden Baldachin hängen. Dann ging er langsam Richtung Wohnzimmer. Ich hörte, wie er dort hin und her lief. Die beiden Schamaninnen und Verursacherinnen dieses ­Tohuwabohus lächelten zufrieden vor sich hin und warteten gespannt auf seine Reaktion. Ben holte tief Luft. Gleich würde er schreien und die beiden tollwütig gewordenen Design-­Furien aus unserer Wohnung werfen!

Doch er fing an zu lachen. Er lachte, bis er kaum mehr Luft bekam. Sein Lachen war so ansteckend, dass ich auch irgendwann losprustete – obwohl ich das gar nicht wollte! Schließlich hatte diese unheilige Allianz aus Hilmagas und Gerpam gerade unsere Wohnung komplett verunstaltet!

Ben wischte sich die Lachtränen aus dem Gesicht. »­Meine Güte, das ist … entsetzlich … schrecklich! Das ist alles so unfassbar schlimm, dass es schon wieder ganz wunderbar ist! Diese Farben, diese Accessoires … und dann diese bumsfidele Wandgestaltung – wo habt ihr denn diese Perlen des Designs her?«

Hildegard und Gerdi sahen sich fragend an. »Wir sind tagelang durch alle Esoterikshops und Indienläden der Stadt gelaufen. Sogar bis nach Frankfurt sind wir gefahren!«, antwortete meine Schwiegermutter mit leichter Empörung in der Stimme. »Und jetzt sagst du, dass es dir nicht gefällt!«

Es wurde still im Raum. Sehr still. Aus den Sekunden wurden gefühlte Minuten.

Dann guckte meine Schwiegermutter ihre beste Freundin an und blaffte: »Komm, Pamuy, wir gehen. Wir sind hier offen­sichtlich nicht erwünscht!« Sprach’s und rauschte aus dem Schlafzimmer Richtung Wohnungstür. Rumms, die Tür war zu.

Vorsicht Schwiegermutter!

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