Читать книгу Vorsicht Schwiegermutter! - Heike Abidi - Страница 17

Frau Urlberg trat ein und schritt wie ein General bei der Inspektion ­seiner ­Truppen meinen Flur entlang.

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Frau Urlberg trat ein und schritt wie ein General bei der Inspektion seiner Truppen meinen Flur entlang. Mit einem kaum wahrnehmbaren Kopfschütteln begutachtete sie die Gute-­Laune-Fotos von mir und meinen Mädels ebenso wie die knallrote Telefonkommode.

Klaus führte sie tief ins Herz meiner Wohnung bis ins Wohnzimmer, wo der Ess­tisch stand. Mit einem Mal kam mir meine Deko jämmerlich und billig vor. Meine Schwiegermutter schien es ganz ähnlich zu sehen. Jeder Blick war ­gnadenlos.

Hier ging es ums nackte Überleben.

Während ich mich an Mutter und Sohn vorbei in die Küche schlängelte, um den Aperitif zu holen, entging mir nicht, wie sie mit einem Zeigefinger über eines meiner Regale strich.

Wäre sie nicht meine zukünftige Schwiegermutter gewesen, hätte ich das nicht still hingenommen. So viel stand fest. Tief durchatmen und weiter ging’s. Ich schnappte mir das ­Tablett mit den Gläsern und setzte mein nettestes Lächeln auf.

Klaus reichte unserem Gast freudestrahlend das Getränk. Seine gute Laune verschwand sofort, als sie keine ­Anstalten machte, es entgegenzunehmen.

»Was ist das?«, fragte sie ernst.

Hilflos schaute er mich an. »Hugo. Mit Limette.« Demonstrativ nahm ich mir selbst ein Glas.

»Mein Arzt hat eine Allergie gegen Zitrusfrüchte diagnostiziert.« Ihr Blick ruhte streng auf ihrem Sohn. Jedes Muskelzucken, jede noch so kleine Reaktion abwartend.

»Du hast doch immer …«, setzte Klaus an.

Aus meiner Zuschauerperspektive wusste ich von Anfang an, dass dieser Versuch zum Scheitern verurteilt war.

»Seit Jahren nicht mehr«, schnitt sie ihm das Wort ab. Ihre Stimme besaß einen keifenden Unterton, so vorwurfsvoll, dass mein Freund nichts mehr sagte.

Na, der konnte später was erleben!

Ohne nachzufragen, holte ich ein Glas Mineralwasser. Mit kritischem Blick nahm sie es entgegen. Schweigsam tranken wir unseren Aperitif, schneller als gewöhnlich. Als Mutter und Sohn sich schon mal an den Tisch setzten, richtete unser Gast erst einmal das Besteck neu aus. Dann lächelte sie zu mir herüber, wobei ihr Gesichtsausdruck irgendwie … gequält wirkte.

»Was gibt es denn heute?«

Da ist der Gast aber ungeduldig, Iris, kommentierte der unsichtbare Nervtöter.

»Spargel mit Joghurtsoße«, entgegnete ich vorsichtig.

»Joghurtsoße?« Vielleicht war es die Art, wie sie ihre linke Augenbraue anhob, die mich stutzig machte.

Ich warf Klaus noch einen schnellen, strafenden Blick zu und verschwand wieder in die Küche.

Dort atmete ich erst einmal tief durch.

Aus dem Wohnzimmer drangen einzelne Wortfetzen an meine Ohren. Die beiden unterhielten sich über Unverträglichkeiten und die schwierige Kunst, etwas geschmacklich Ansprechendes zu kochen. Na ja, eigentlich war es eher sie, die sprach. Klaus schien seine Sprache verloren zu haben.

Ich fasste mir ein Herz und brachte die Vorspeise hinaus. Als ich die Teller abstellte, beobachtete ich genauestens die Reaktion meiner Schwiegermutter.

Begeisterung sah anders aus.

Sie stocherte und schob und stocherte und schob. Hob kurz den Spargel an, um zu sehen, mit welcher Konsistenz die Soße heruntertropfte. Ihre Augen, die immer wieder zu Klaus wanderten, verrieten mir, dass sie im Geiste eine Punktetafel hochhielt. Irgendwo zwischen zwei und drei, mutmaßte ich. Mein Freund wagte nicht, mich anzusehen.

Okay, Zeit, zur Hauptspeise überzugehen. Während ich die Quiche Lorraine auf die Teller verteilte, blendete ich die Frage aus, ob diese Frau Urlberg wirklich so gut schmecken würde, wie Klaus mir versichert hatte. Dazu richtete ich den Sommersalat an und arrangierte alles möglichst appetitlich, denn das Auge aß ja bekanntlich mit.

Nicht ohne Stolz brachte ich die Teller aus der Küche.

Das Gesicht meines Freundes begann zu strahlen. Kein Wunder, schließlich gab es nichts, das er so sehr mochte wie meine Quiche.

Wie der Sohn, so die Mutter, dachte ich. Und wurde ­sofort eines Besseren belehrt.

»Ein Kuchen?«, fragte sie. »Ein Kuchen als Hauptspeise?«

»Quiche Lorraine!«, verbesserte Klaus (anscheinend ­hatte er seine Stimme wiedergefunden) und meinte, sie damit zu beeindrucken.

»Aha«, antwortete seine Mutter gelangweilt. Es war geradezu filmreif, wie langsam sie ein winziges Stückchen abschnitt und dann in Zeitlupe zu ihren Lippen führte, als erwartete sie etwas Hochgiftiges. Bereits nach zwei Bissen schob sie ­demonstrativ den Teller von sich. Nur um anschließend nach dem Salatteller zu greifen.

Zeit zu kapitulieren. Ich wagte kaum, hochzusehen. Erst als ich meinte, Essgeräusche zu hören, traute ich mich. Schwiegermama führte Gabel für Gabel meines Sommersalates zum Mund. Ich bildete mir ein, tatsächlich ein Lächeln in ihrem Gesicht zu erkennen.

»Na, wenigstens die Beilage konnte man essen.« Mit diesem Spruch schob sie den leeren Salatteller zur Seite. Das sollte sicherlich ein Kompliment sein. Mein Freund zeigte keinerlei Reaktion und gab sich seiner Lieblingsspeise hin. Wortlos trug ich die Teller ab und warf meinem Schatz böse Blicke zu. Nein, eher tödliche Blicke. Aber das klappte ja nie.

»Ich hole die Nachspeise. Da werden Sie sich sicher ­freuen. Die hat nämlich Ihr Sohn besorgt.« Ich hatte gute Lust, die Fertigdesserts einfach so auf den Tisch zu knallen.

Aber das war unter meiner Würde. Somit holte ich drei Glasschüsselchen aus dem Schrank und verteilte das Dessert. Am Schluss garnierte ich die Schokocreme noch mit Raspeln und Sprühsahne. Schnell und günstig. Die Nach­speise sah ziemlich erbärmlich aus.

Vielleicht hätte man vorher mal fragen sollen, was der Schwiegermutti so schmeckt?

Spätestens jetzt hegte ich ernsthafte Mordgedanken ­gegen meinen inneren Kommentator.


Vorsicht Schwiegermutter!

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