Читать книгу Vernehmungen - Heiko Artkämper - Страница 105
3.7.1Die „richtige“ Entscheidung
Оглавление310Die gerade genannten Bestrebungen sind allerdings nicht geeignet, die Frage zu beantworten, wann überhaupt eine Entscheidung/ein Urteil „richtig“ ist. Einige denkbare Antworten lauten
–sofern sie/es mit der Wahrheit (welcher?) korreliert,
–alle Verfahrensbeteiligten damit zufrieden (oder gar einverstanden) sind,
–sofern sie/es dem Gesetz entspricht (und in einem gesetzmäßigen Verfahren zustande gekommen ist),
–sie/es richtig begründet ist,
–wenn andere dieselbe Entscheidung/dasselbe Urteil gefällt hätten, bzw.
–sie/es das Ziel gleichmäßigen und der Gleichbehandlung verpflichteten Strafens erreicht.
311Alle Varianten sind mehr als angreifbar und zum Scheitern verurteilt: Tatsachenfeststellungen sind vielen Unwägbarkeiten ausgesetzt, die Soziologen und Psychologen (er)kennen, die aber der Gedankenwelt der Kriminalisten häufig vorenthalten bleiben:6 Begriffe wie „Schulterschlusseffekt“, „bestätigende Informationsverarbeitung“, „Inertiaeffekt“ und „Ankereffekt“ ziehen sich durch das gesamte Strafverfahren und prägen die Entscheidungsfindung. Schünemann hat – was als Arbeitshypothese durchaus tauglich erscheint – die Frage aufgeworfen: „Der Richter im Strafverfahren als manipulierter Dritter?“7
312Auch Sommer widmet sich der Emotionalität der Entscheidungsfindung und zitiert aus dem Erfahrungsbericht eines Schöffen: „Ich habe Urteile mitgetragen, die mir im Gerichtssaal sinnvoll vorkamen, die ich aber eine halbe Stunde später, daheim vor meiner Freundin, kaum mehr rechtfertigen konnte.“8