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2.5 Kommerzieller Sport

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»Der junge, attraktive Körper wird zum Ideal, um den sich eine ›Industrie‹ bemüht, die von der Kommerzialisierung des Körpers lebt und sie zugleich vorantreibt. […] Hierdurch wird ein Markt befördert, auf dem reflexives Körperwissen feilgeboten und nachgefragt wird« (Meuser, 2004, S. 201).

Kommerzieller Sport bezeichnet einen Sammelbegriff, der weder in der Wissenschaft noch in der Praxis einheitlich verwendet wird. Sportanbieter im kommerziellen Bereich erfahren in den letzten Jahren ein enormes Wachstum. Hierunter sammeln sich Fitnessstudios, gewerbliche Sportanlagen (Trampolinhäuser, Spaßbäder), private Trendsportanbieter, gewerbliche Sport- und Gesundheitsanlagen, Schulen (v. a. Tanz, Kampfsport, Reiten, Segeln) und Studios (z. B. Ballett, Yoga) sowie Personal Coaches oder Sportreiseanbieter (Schubert, 2008, S. 144ff; Heinemann, 2007, S. 120ff).

Eine Abgrenzung zu organisiertem Sport und informellem Sport ist aus den sportlichen Angeboten aufgrund ihrer Vielfalt nicht vorzunehmen. Eigenständiges Merkmal für kommerzielle Sportanbieter bildet jedoch die »spezifische Form des institutionellen Arrangements der Produktion und des Konsums von Sport als Dienstleistungsangebot« (Schubert, 2008, 143). Sind Sportvereine nicht auf Gewinnmaximierung ausgerichtet und bringt informelles Sporttreiben keine monetären Verbindlichkeiten mit sich, erfolgt die Leistungserbringung bei kommerziellen Sportanbietern in einem Tausch zwischen Kunde und Unternehmen – Geld gegen Leistung. Kommerzielle Sportanbieter verfolgen demnach erwerbs- und gewinnwirtschaftliche Ziele (ebd.).

Wie viele Menschen in Deutschland sich der Sport- und Bewegungsangebote kommerzieller Anbieter bedienen, ist derzeit nicht zu erfassen. Dies stellt auch Thieme (2015) für den Kinder- und Jugendbereich in einer Zusammenschau von empirischen Befunden zum Engagement von Kindern und Jugendliche im kommerziellen Sport fest. Zumindest für Fitnessangebote zeichnen sich jedoch Zahlen in der Studie »Der deutsche Fitnessmarkt« ab. Mit 10,61 Millionen Mitgliedschaften, 8.988 Anlagen und einem Gesamtumsatz von 5,2 Milliarden Euro erreichte die Fitnessbranche im Jahr 2017 neue Spitzenwerte. Besonderes Wachstum verzeichneten v. a. Discountfitness-Angebote und Mikrostudios. Neben der Ausbreitung von Fitnessstudios wird auch die Digitalisierung von Sport und Bewegung (Wearables, Online Fitnessstudios, Apps) in den nächsten Jahren an Wachstum gewinnen (DSSV, 2018).

Erfolgsfaktoren kommerzieller Sportanbieter sind lange Öffnungszeiten und flexible Besuchszeiten, ein differenziertes Angebotsspektrum, freie Wählbarkeit von Kursen, hochwertige Raum- und Geräteausstattung, meist gut qualifiziertes Personal sowie diverse Zusatzangebote wie z. B. eine Sauna oder eine Bar (Gugutzer, 2008, S. 93; Schubert, 2008, S. 145). Die hohe Vielfalt an sportlichen Angeboten und die schnelle Anpassung an neue Trends besetzen Angebotsnischen, die vom Vereinssport nicht oder mit Verzögerung bedient werden. So gelingt es kommerziellen Sportanbietern auch Menschen zu mobilisieren, die dem Vereinssport eher fern sind. Dennoch findet gleichzeitig eine Überschneidung statt und Vereinsmitglieder, die gleichzeitig kommerzielle Sportanbieter wahrnehmen, sind keine Seltenheit (Schubert, 2008, S. 148).

Für die Sportsozialarbeit ist zu berücksichtigen, dass kommerzielle Sportangebote wie z. B. Trampolinhäuser oder Spaßbäder v. a. durch ihren Eventcharakter eine hohe Attraktivität für Jugendliche bieten und sich fest in der jugendlichen Lebenswelt etabliert haben. Da es Aufgabe der Sportsozialarbeit ist, einen Zugang zur vielfältigen Bewegungskultur zu schaffen, sollte auch dieser Markt Berücksichtigung finden. Gleichzeitig bietet sich Gelegenheit, einen kritischen Umgang mit kommerziellen Sportangeboten anzuregen, z. B. durch das Aufbrechen von Konsumhaltungen, die kritische Reflexion von Schönheitsidealen oder die Anregung zur Eigenaktivität.

Sportsozialarbeit

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