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Verhaltenspräventive Angebote

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In den einzelnen sozialpädagogischen Handlungsfeldern des Gesundheitswesens wie z. B. der AIDS-Hilfe, der Suchthilfe oder der Psychiatrie werden unterschiedliche Sportaktivitäten mit dem präventiven Ziel der Gesundheitsförderung angeboten. Diese finden häufig in Form von Freizeitgruppenangeboten statt, so gibt es u. a. Laufgruppen, z. B. der Berliner AIDS-Hilfe, Fußball-, Volleyball- oder Yoga-Angebote, oder es werden Turniere, teils trägerübergreifend, organisiert. Die Sportangebote verstehen sich komplementär zu anderen Freizeit- und Beschäftigungsangeboten wie Malen oder Theater spielen und verfügen häufig weder über eine gesonderte Finanzierung noch ein ausgewiesenes Konzept.

In der Suchthilfe und der Psychiatrie werden Sport- und Bewegungsangebote auch als ergänzende Elemente in das therapeutische Set der Entwöhnungsbehandlung integriert und dienen somit einer kurativen Zielsetzung. Sie können als Rehabilitationssport gefördert werden. Als Beispiele lassen sich hier die Laufgruppe »Laufen für die Seele« der psychiatrischen Einrichtung Alexianer/St. Hedwig Berlin oder in die Suchttherapie integrierte Sportangebote des Tannenhof Berlin-Brandenburg e. V. nennen. Es gibt eine Vielzahl von Verfahren, die Leiblichkeit und Bewegung als therapeutisches Mittel nutzen und sich, in Anlehnung an Hölter (2011), zwischen den Polen Physiotherapie und Psychotherapie ansiedeln lassen. Zu den physiotherapeutischen Verfahren, die auf die Beeinflussung körperlicher Zustände zielen, zählt z. B. die Sporttherapie. Bei bewegungsbetonten psychotherapeutischen Ansätzen, wie z. B. der integrativen oder der konzentrativen Bewegungstherapie, geht es primär um die psychische Beeinflussung. Verfahren, die körperliche und psychische Veränderungen zum Ziel haben und einen edukativ-psychosozialen Fokus haben, sind z. B. die kommunikative Bewegungstherapie oder die Mototherapie (DGPPN, 2012, S. 132; siehe auch Hölter, 2011)

Die von der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenkrankheiten (DGPPN) entwickelten, in 2012 erschienenen S3-Leitlinien für psychosoziale Therapien bei Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen enthalten Empfehlungen zur Sport- und Bewegungstherapie, die u. a. regelmäßige körperliche Aktivität unter Anleitung anregen, um z. B. die psychische Symptomatik zu verbessern oder die Körperwahrnehmung zu fördern (DGPPN, 2012, S. 22). Bei den S3-Leitlinien handelt es sich um Handlungsempfehlungen zur Behandlung von Krankheiten auf Grundlage des aktuellen Erkenntnisstands des Fachgebiets. Je nach Evidenzgrad werden S1-, S2- und, als höchste Stufe, S3-Leitlinien unterschieden (DGPPN, 2019).

In der Behindertenhilfe gibt es seit Jahren eine enge Verzahnung der heil- und sozialpädagogischen Versorgung mit Sport- und Bewegungsangeboten. Neben Programmen des Rehabilitationssports bzw. Funktionstrainings stellt der Breitensport mit traditionellen Sportarten, Fun- und Trendsportarten sowie dem Deutschen Sportabzeichen für Menschen mit Behinderung eine vielfältige Angebotssparte dar. Die dafür zuständigen Behindertensportvereine sind unter dem Dach des Behindertensportverbands (DBS) organisiert, der gleichzeitig auch für den Leistungssport zuständig ist. Der Behindertensportverband ist nach dem Zweiten Weltkrieg aus dem Versehrtensport entstanden, er zählt deutschlandweit über 650.000 vorwiegend ältere Mitglieder. Mitglieder ab 41 Jahren machen 78 % aus, davon sind 46,5 % 61 Jahre und älter (2013) (DBS, 2019). Ziele der Breitensportangebote sind der Spaß an der Bewegung, Spiel und Sport, die Förderung von Begegnungen und Gemeinschaftserlebnissen, die Stärkung der Leistungsfähigkeit und ggf. der Einstieg in den Leistungssport (ebd.). Der DBS ist Mitglied im DOSB und im International Paralympic Committee (IPC) und verfügt über eine eigene Jugendorganisation, die Deutsche Behindertensportjugend (DBSJ) (siehe auch Krüger, 2001, S. 1817).

In den letzten Jahren sind verstärkt Inklusionsbemühungen des DBS zu verfolgen: So wurde 2014, gefördert durch das BMAS, der Index für Inklusion im und durch Sport zur Förderung des Auf- und Ausbaus inklusiver Kulturen, Strukturen und Praktiken im Sport entwickelt (DBS, 2014). Unter den zahlreichen Inklusionsprojekten sind u. a. das Berliner Netzwerk Inklusion und Sport (LSB, 2019) und das Projekt Mehr Inklusion für alle (MIA) hervorzuheben, die die sozialräumlich-regionale Implementierung des benannten Indexes unterstützen sollen (www.mehr-inklusion-fuer-alle.de). Hier könnte Soziale Arbeit mit sozialräumlichen Konzepten bei der Vernetzung mit sozialen Diensten und beim Anschluss an kommunale Versorgungsketten unterstützend tätig werden. Konkret sind hier nicht nur Träger der Behindertenhilfe angesprochen, sich mit den inklusiven Bemühungen der Sportverbände wie dem DBS und dem DBSJ, aber auch dem DOSB, auseinanderzusetzen und ggf. gemeinsame Projekte voranzutreiben. Auch die explizit sozialräumlich agierenden, gut vernetzten Stadtteilzentren oder Nachbarschaftshäuser können einen Beitrag leisten, indem sie Kontakte zwischen den beteiligten Akteuren stiften bzw. niedrigschwellig eigene inklusive Sportangebote in ihr Portfolio aufnehmen. Eine Aufhebung gesonderter Behindertensportverbände im Sinne der Inklusion wird aktuell noch wenig diskutiert.

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