Читать книгу Venezianischer Dämonenfluch: Gruselroman Großband 3 Romane 10/2021 - Hendrik M. Bekker - Страница 25

Оглавление

18



VALERA SEMJEKA WAR dem Dämon gefolgt. Sie hatte das vibrierende Handy in ihrer Hosentasche ignoriert. Der Dämon hatte sie nicht bemerkt. Er war nur darauf fixiert gewesen, dem blonden Mädchen zu folgen. Es ging den Rialto entlang. Schließlich hatte Valera die günstige Gelegenheit ergriffen, als sie sich in einer schmalen Gasse befanden, die nur schwer von Passanten einzusehen war und in der es keine Fenster gab. Valera glitt geräuschlos an den Dämon heran. Sie fällte ihn mit einem blitzschnellen, wohldosierten Handkantenschlag, ehe er reagieren konnte. Sie legte beträchtliche magische Kraft in den Schlag, sodass er das Gewicht eines Vorschlaghammers bekam.

Sie zerrte den bewusstlosen Dämon in den Spalt zwischen zwei Häusern. Ein wenig wunderte sie sich, dass es diesen Spalt hier überhaupt gab. Normalerweise wurde in der Lagunenstadt jeder Kubikmillimeter Raum genutzt. Aber vielleicht hatte es hier eine winzige Werkstätte oder ein Lädchen gegeben, das aufgegeben worden war. Valera starrte den Dämon an. Was sollte sie jetzt mit ihm anfangen? Er war besinnungslos und konnte sich nicht wehren. Andererseits konnte Valera ihn auch nicht durch die halbe Stadt schleppen in der Hoffnung, dass sie irgendwo wieder auf Joe stieß. Wenn sie den Dämon verhören wollte, musste sie es hier an Ort und Stelle versuchen.

Sie beugte sich über ihn. Mit den Fingerspitzen malte sie Symbole auf seine Stirn. Ihre Lippen raunten beschwörende Formeln. Valera entsann sich alter Magien, die jetzt wieder zur Wirkung kamen.

Es waren Formeln, die im Grunde von jedem Magier benutzt werden konnten. Valera begab sich hier teilweise auf gefährliches Terrain. Ihre Spezialität war die Zeitbeschleunigung oder -verlangsamung, nicht die Befragung. Aber sie verstärkte ihre hypnotischen Fähigkeiten mit der Magie und hoffte, dass es ihr gelingen würde, den Dämon entsprechend zu beeinflussen.

Nach einer Weile öffnete er die Augen.

„Du bleibst ruhig hier liegen“, befahl Valera. „Und du beantwortest meine Fragen.“

Der Dämon starrte sie an. Es war ihm anzusehen, dass er aufspringen und Valera angreifen wollte. In ihm wühlte und arbeitete es. Er fühlte sich durchschaut und tödlich bedroht und wurde unberechenbar. Wenn es ihm gelang, die Hypnose zu durchbrechen, konnte Valera sich höchstens noch durch den schnelleren Zeitablauf retten. Sie wusste nicht genau, welche Fähigkeiten der Dämon besaß.

„Wer bist du?“, fragte sie.

Er bewegte die Lippen. Valera sah, dass er gegen den Zwang zu sprechen ankämpfte. Dadurch wurden seine Worte undeutlich. Dennoch verstand sie den Namen Campa.

Die Hexe hob die Brauen. Die Campas gehörten doch gar nicht hierher nach Venedig! Sie waren eine eher unbedeutende Sippe, die hauptsächlich im Raum Florenz beheimatet war. Valera konnte sich nicht einmal daran erinnern, über welche Fähigkeiten die Campas verfügten, eine so geringe Rolle spielten sie in den Dämonenklans. Aber sie entsann sich, dass die Campas damals die Vasallen des Fürsten der Finsternis gewesen waren. Sie hatten ihm widerspruchslos gedient und ihn unterstützt, und Ezio Campa hatte mehrfach sein Bedauern darüber ausgesprochen, dass der Fürst der Finsternis tot war. Aber das war hier und jetzt nicht von Bedeutung.

„Warum tauchst du in Venedig auf?“, fragte Valera. „Was wolltest du von dem Mädchen? Steckst du hinter den Opfern?“

Campa antwortete nicht. In seinen Augen begann es zu glühen. Plötzlich sprang er mit einem Ruck auf. Er hatte Valeras Hypnose-Sperre durchbrochen! Im Aufspringen wurden seine Hände knochig und grau, und er griff nach ihr, prallte gegen sie. Seine grauen Hände umschlossen sie, wollten ihr das Leben entreißen. Valera versetzte ihm einen Kniestoß. Campa hatte seine menschliche Gestalt nicht völlig aufgegeben, und da, wo er noch wie ein Mensch war, war er auch wie ein Mensch empfindlich. Er gab einen würgenden Laut von sich und krümmte sich zusammen. Aber er verwandelte sich rasch weiter. Sein Gesicht wurde ebenfalls grau, sein Körper dürrer, hagerer. Und von seinen Augen ging heller roter Lichtschein aus.

Valera spürte, wie er sie mit seiner Magie angriff. Sie konnte ihm in diesem Moment nichts entgegensetzen. Valera versetzte sich in den schnelleren Zeitablauf. Sofort begann die Umgebung um sie herum, und damit auch Campa, zu erstarren.

Valera nahm sich ein paar Sekunden Zeit für schnelle Überlegungen. Dann wusste sie, was sie zu tun hatte. Sie packte Campas Kopf und begann daran zu drehen. Es knirschte und knackte. Valera atmete auf und kehrte in den normalen Zeitablauf zurück.

Campa brach zusammen wie vom Blitz gefällt. Sein Gesicht zeigte nach hinten. Die Hexe ließ ihn so liegen, wie er lag, und eilte den Weg zurück, den sie gekommen war. Sie hatte ihn sich gemerkt und fand deshalb relativ rasch zum Markusplatz zurück. Ihre Gedanken kreisten um den getöteten Dämon. Sie empfand keine Gewissensbisse, denn sie hatte in Notwehr gehandelt. Er hätte sie umgebracht, wäre sie ihm nicht zuvorgekommen. Und selbst wenn sie hätte fliehen können, so hätte er seine gesamte Sippe auf sie gehetzt.

Und damit auch auf Joe.

Valera bedauerte nur, dass sie nichts weiter von ihm hatte erfahren können. Aber allein die Feststellung, dass die Campa-Sippe hier aktiv wurde, war schon etwas wert. Es war ein erster Ansatzpunkt. Von hier aus konnte man weiter vorstoßen.

Valera trat auf den Markusplatz hinaus. Es war Ruhe eingekehrt. Die Tauben verhielten sich wieder friedlich, die Touristen ebenfalls. Wahrscheinlich war inzwischen alles wieder in den Zustand der normalität gewechselt. Lange genug war Valera unterwegs gewesen.

Sie überlegte, wo Joe sich jetzt aufhalten konnte, falls er nicht den angreifenden Vögeln zum Opfer gefallen war ...

Sie sah auf ihr Handy.


Venezianischer Dämonenfluch: Gruselroman Großband 3 Romane 10/2021

Подняться наверх