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JACK SKINNER SAH DIE Rambla hinauf, auf der sich hunderte Menschen tummelten. Die Sonne war erst einige Stunden untergegangen und das Nachtleben Barcelonas war nun vollends erwacht.

Seine eigene bleiche Haut fiel den Leuten nicht sofort auf. Er spürte den Drang, Blut zu trinken, doch nachdem er sich einige Zeit konzentriert hatte, verschwand der Drang. Er hatte erst vor Kurzem Blut getrunken, doch all diese Leute und ihr Schweiß brachten die vampirische Seite in ihm zum Vorschein, mehr als ihm lieb war.

Er hatte nur eine schwache Spur, doch er war sich sicher, dass Victoria Campa in irgendeiner Weise mit dieser Stadt verknüpft war. Er hatte ein Wegwerfhandy in ihrem Unterschlupf gefunden. Nur eine einzige Nummer war angerufen worden, und die lag in Barcelona. Inzwischen hatte man ihm von der Zentrale des Ordens des Nimrod in England einige Rechercheergebnisse zukommen lassen.

Die angewählte Nummer war eine Handynummer, die immer im selben Funkmast eingewählt war.

Dieser lag im Barri Gòtic. Skinner ging die Rambla hinauf und bog schlussendlich nach rechts ein in eine schmale Gasse. Das Barri Gòtic, das gotische Viertel, war eng und verwinkelt, voller kleiner Gassen und Hinterhöfe. Das neuzeitliche Barcelona des Modernisme bestand dagegen aus breiten Alleen und Straßenzügen mit endlosen schnurgeraden Straßen.

Nun kannte er den Funkmast und die Techniker des Ordens hatten ihm geholfen, den Ort auf ein gutes Dutzend Gebäude einzugrenzen. In einem von diesen oder davor telefonierte der Kontakt von Victoria Campa.

Es war nur eine vage Spur, doch Skinner war sich sicher, etwas zu finden. Einige SMS, die mit dem Handy gesendet worden waren, hatten einen Hinweis enthalten: „D. L. war sehr zufrieden“, oder „D. L. braucht für August Nachschub.“ Wer auch immer D. L. war, Skinner war sich sicher, dass er in der Hierarchie über Victoria stand. Sie schrieb über ihn und seine Anweisungen nie als etwas, über das verhandelbar war. Mit wem auch immer die Dämonin Victoria hier Kontakt hielt, er versuchte auch nie etwas anderes, als D. L. glücklich zu machen.

Skinner sah immer wieder auf sein Handy, bis er schlussendlich einsah, dass der Kartendienst hier in den verwinkelten Gassen keine große Hilfe war. Nach mehreren Abzweigungen, wusste er nicht mehr genau, wo er war, entdeckte dann aber zufrieden am Ende einer sanft abfallenden Straße einen Jazzclub. Dieser lag ungefähr in der Mitte des fraglichen Wohnblocks. Zufrieden lief Jack Skinner den Wohnblock einmal ab, bis er schlussendlich wieder am Jazzclub ankam. Ihm war niemand besonders aufgefallen. Hier Victoria Campa über den Weg zu laufen, wäre natürlich unwahrscheinlich gewesen, doch hatte Jack auf irgendeine Spur gehofft. Natürlich könnte er das Wegwerfhandy nutzen, um zu versuchen, den mysteriösen Kontakt anzurufen. Doch es barg ein gewisses Risiko, weshalb er erst einmal abwarten wollte. Vielleicht meldete sich der Kontakt ja noch von selbst?

Er setzte sich auf eine Parkbank und beobachtete die Nachtschwärmer. Nur einige Dutzend Schritte entfernt war ein kleines Café. Dutzende Leute saßen dort, aßen Tapas und tranken Sangria, während sie sich unterhielten. Viele englische Worte wehten zu ihm herüber und Skinner zog die Stirn in Falten. Er musterte die Leute genauer, viele waren sicherlich nicht von hier. Er erkannte, dass eine große Anzahl von Leuten ein und aus ging durch eine kleine Seitentür zwischen einem Friseursalon und einem Supermarkt.

Er musterte das Klingelschild und entdeckte auf einem den Namen „Pensio Manresa“.

Dann kamen die Touristen dorther, folgerte er und wurde in seinen Gedanken unterbrochen.

„Sie müssen klingeln, damit Ihnen aufgemacht wird. Es ist immer jemand da, keine Sorge. Aber es ist echt voll“, sagte jemand auf Englisch neben ihm. Er sah zur Seite und entdeckte eine leicht angetrunkene junge Frau mit blonden Haaren, die in unordentlichen Zöpfen geflochten waren. Sie trug über ihrem hellen Top eine Wildlederjacke, geschnitten wie ein Männersakko.

Jack Skinner roch, dass sie angetrunken war, wenn auch nur leicht. Erneut spürte er Hunger auf Blut in sich.

„Danke“, sagte er und versuchte sich in einem charmanten Lächeln. „Sagen Sie, ist Ihnen hier etwas Ungewöhnliches aufgefallen? Irgendwas ... Seltsames in den letzten Tagen?“

Er wusste, dass die letzte SMS, die „Neues“ verlangte, vor wenigen Tagen abgeschickt worden war. Er hatte Glück.

„Sie meinen das Verschwinden von Stefano, oder?“, fragte sie und musterte ihn auf einmal ganz neu und mit größerem Interesse.

Er nickte und sie seufzte. „Sind Sie von der Presse oder ein Polizist?“

„Ich ermittle in dem Fall“, erwiderte er wahrheitsgemäß und wich der Frage aus.

„Okay, ich hab vorgestern schon mit dem Polizisten geredet, aber wenn es sein muss ...“, sagte sie und Jack nickte.

„Muss es leider, ja. Darf ich Ihnen einen Kaffee spendieren?“

„Machen Sie eine Sangria draus und ich nehme es an.“

„Gerne“, sagte Jack und sie gingen zurück zu dem kleinen Café. Er erfuhr, dass sie Lennja hieß und aus Finnland kam.

Er bestellte für sich selbst einen Kaffee und für sie ein Glas Sangria, während sie begann zu erzählen.

„Na ja, es ist schon komisch. Stefano ist der zweite, der jetzt weg ist. Ich wohne seit drei Wochen hier, ich bin auf Wohnungssuche. Ich mache ein Auslandssemester in Barcelona und wollte mir rechtzeitig vorher etwas suchen, aber ich kann Ihnen sagen ... zum Wohnen ist es ungeheuer teuer. Jedenfalls ist erst ein Ire verschwunden, ohne zu zahlen oder seine Sachen mitzunehmen. Der Betreiber war ziemlich sauer. Die Sachen liegen für jeden beim Einchecken sichtbar hinter dem Tresen und er hofft wohl, dass wir irgendwas von dem Kerl hören. Er hat die Polizei gerufen und ihn als vermisst gemeldet. Dann, wenige Tage später, kommt Stefano nicht mehr zur Pensio. Ich hab mich einige Male mit ihm unterhalten. Er war aus Genua und wollte von hier weiter nach Santiago de Compostela. Ziemlich gläubiger Katholik“, sagte sie und ihre Stimme klang abfällig.

„Sie haben keine Ahnung, wohin die beiden verschwunden sind?“

„Nein, gar keine. Ich meine, Barcelona ist keine unsichere Stadt, ja? Es ist wie jede andere Großstadt. Man kann verloren gehen und es gibt Viertel, die man meiden sollte. Aber ... verschwinden? Ich meine, wäre ihnen was zugestoßen, dann hätte man inzwischen doch irgendwas gefunden, oder? Wenn es ein Raubüberfall gewesen wäre oder so.“

„Möglicherweise“, stimmte Skinner zu und nippte an seinem Kaffee. Er war stark und gut.

Er unterhielt sich noch eine Weile mit der Frau und musste dann einsehen, dass er nicht mehr herausbekommen konnte aus ihr. Zudem wurde sie langsam eindeutig müde und ihre Stimme wurde schleppend. Er verabschiedete sich von ihr an der Tür der Pensio und wählte danach die Nummer des Ordens. Er stellte eine Rechercheanfrage, bezüglich der beiden verschwundenen Männer und machte sich selbst auf, so viel herauszufinden wie möglich.


Venezianischer Dämonenfluch: Gruselroman Großband 3 Romane 10/2021

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