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DER MAFIOSO IM BOOT ging kein Risiko ein. Er jagte davon. Die Schwarzhaarige hinter ihm im Boot regte sich die nächste Stunde lang nicht mehr. Er hatte es geschafft, sie bewusstlos zu schlagen. Das reichte. Was aus dem Mann wurde, war ihm egal. Die Frau war wichtiger, hatte Campa gesagt, und dessen Wille war Gesetz. Und die Prämie war höher, wenn sie lebend abgeliefert wurde. Wenn er sie so ansah, verstand er das nur zu gut. Diese kräftigen Brüste und der kleine Po ... er wollte gar nicht genau wissen, was Campa mit ihr vorhatte. Er hatte es zwar selbst kaum für möglich gehalten, aber es hatte geklappt. Enzo musste nun sehen, wie er allein zurechtkam. Und das alles dicht vor dem Palazzo des Auftraggebers! Einfach nicht zu fassen. Ohne die Auskunft eines Taxipiloten hätten sie die beiden ohnehin nicht so schnell gefunden.

Jetzt fuhr er eine Runde und näherte sich dem Palazzo von der Rückseite. Hier achtete niemand auf ihn. Die Aufmerksamkeit derer, die von den Schüssen aufgeschreckt worden waren, konzentrierte sich auf die Vorderseite. Trotz Schalldämpfer waren die Schüsse gut zu hören gewesen. Häufig irrten die Leute, wenn sie glaubten, ein Schalldämpfer würde den Schuss wirklich unhörbar machen. Das war Unsinn. Er machte das Schussgeräusch nur anders, schwerer aus dem Lärm der Großstadt herauszuhören. Zudem verzog sich die Kugel, wurde schwerer zu identifizieren.

Der Mafioso war zufrieden. Es war alles sehr schnell gegangen. Er vertäute das Boot an der Anlegestelle, lud sich das besinnungslose Mädchen über die Schulter und hastete in den überbauten Hintereingang. Wenn ihn nicht gerade zwischendurch jemand gesehen hatte, war alles wunschgemäß verlaufen.

Heute musste man verflucht aufpassen, jeder hatte ein Handy mit Kamera. Manche waren für den geringen Preis wirklich gut und konnten erstaunlich klare Aufnahmen liefern. Das machte sein Gewerbe in keiner Weise einfacher. Aber wer sollte ihn schon gesehen haben außer seinem Auftraggeber?, beruhigte er sich. Die benachbarten Häuser waren unbewohnt, zumindest offiziell.

Der Mafioso hämmerte gegen die Tür. Sie war alt und eisenbeschlagen, mit eisernen Rosen verziert. Er musste ein paar Minuten warten, bis ihm endlich geöffnet wurde. Ein älterer Mann mit unbestimmbarer Augenfarbe öffnete ihm. Es war der alte Campa. Obwohl klar war, dass er über fünfzig sein musste, konnte man sein Alter nicht genauer angeben. Er mochte gerade fünfzig geworden sein oder aber schon hundert. Ihm war eine jugendliche Leichtigkeit zu eigen, die den Mafioso beeindruckte.

Der alte Campa hob die Brauen.

„Lebend? Das ist sehr gut, Signore ... ich wusste, dass ich mich auf die Ehrenwerte Gesellschaft verlassen kann. Was ist mit dem Mann? Haben Sie ihn erledigt? War er in ihrer Begleitung?“

Seine Stimme war kratzig und kalt, berechnend.

„Ja, Signore. Verzeihen Sie, aber er lebt noch. Ich musste verschwinden. Sie sagten, das Mädchen sei am wichtigsten. Ich weiß nicht, was aus ihm wurde. Vermutlich ist er inzwischen tot. Es kam zu einem Kampf. Ich muss gestehen, dass er nicht unerfahren wirkt. Deswegen wollte ich das nicht fortsetzen, sondern bin mit dem Mädchen zu Ihnen gekommen.“

Campa nickte. Seine seltsamen Augen musterten das Mädchen kalt.

„Das ist in Ordnung. Das heißt: Es ist nicht gut, aber wahrscheinlich nicht zu ändern. Sie haben meinen Willen gut erfüllt. Prego, signore ...“ Er händigte dem Mafioso einen verschlossenen, gut gefüllten Umschlag aus. „Eins noch: Versuchen Sie herauszufinden, ob der Mann noch lebt. Wenn ja: Er wird nicht mehr gebraucht. Ihn benötige ich nicht lebend. Aber er ist ein Zeuge, der verschwinden muss. Wir verstehen uns, was das angeht, oder? Ich danke Ihnen.“

Der Mafioso nickte ihm mit kühlem Lächeln zu und kletterte wieder in sein Boot, nachdem er sich vorsichtig umgesehen hatte. Was sich jetzt innerhalb des Palazzos abspielte, interessierte ihn nicht mehr. Wer viel weiß, lebt gefährlich, ging ihm durch den Kopf. Die Campas bezahlten immer gut und stellten weder Fragen noch verlangten sie Unmögliches. Er hielt sie für gute Auftraggeber. Der Mafioso nahm einen anderen Weg, als er sich entfernte. Dort, wo geschossen worden war, war jetzt zu viel los. Er konnte die Polizeisirenen hören. Er stoppte das Boot ein paar hundert Meter entfernt in einem anderen Seitenkanal und kehrte zu Fuß zurück. Aber er hielt sich im Hintergrund, während er beobachtete. Seine Kleidung war von dem Kampf im Wasser immer noch klatschnass. Das Wetter war warm, bald wäre sie trocken. Aber noch würde es auffallen, wenn er sich unter die Schaulustigen mischte. Deshalb beobachtete er aus der Ferne.


Venezianischer Dämonenfluch: Gruselroman Großband 3 Romane 10/2021

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