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VALERA FAND JOE, SO wie er ihr gesimst hatte, im kleinen Park und setzte sich zu ihm. „Campa“, sagte sie und berichtete, was sie erlebt hatte. Viel war es nicht.

„Florenz ... hm“, machte Joe. „Das nützt uns wenig. Wir müssen die Campas hier in ihrem Venedig-Schlupfwinkel aufspüren.“ Er überlegte, ob es sinnvoll war, der Polizei einen Tipp zu geben. Wahrscheinlich nicht. Möglicherweise waren die Campas offiziell nicht einmal registriert. Und wenn – wer würde glauben, dass es sich um Dämonen handelte?

Die kommende würde die siebte Nacht sein. Danach war wahrscheinlich ohnehin alles vorbei. Es ging also zunächst erst einmal darum, hier einzugreifen. Offizielle Stellen würden dabei eher hinderlich sein. Ein einziges Mal hatte Joe eine Ausnahme erlebt: damals, als der britische Secret Service die Inquisitionsabteilung einrichtete. Aber das war auch längst schon Vergangenheit.

Der Unglaube der Menschen war der beste Verbündete der Dämonen.

„Ich habe eine Idee“, sagte Joe. „Ich werde versuchen, den Unterschlupf zu finden – falls sie gemeldet sind.“

Er zog sein Handy und versuchte sie mittels einer Telefonbuch-App zu finden – leider ohne Erfolg. Also ging Joe den anderen Weg, der einfacher war, den er aber hatte vermeiden wollen. Er telefonierte die Auskunft an und fragte nach dem Anschluss von Signor Campa.

„Signore, der Anschluss von Signor Campa ist nicht anwählbar“, erhielt er zur Auskunft. „Tut mir leid ...“

„Aber seine Adresse können Sie mir doch mitteilen?“, hakte Joe sofort nach, der kaum damit gerechnet hatte, Campa könne tatsächlich als Telefonteilnehmer registriert sein. „Bitte, es ist wichtig.“

„Bedaure. Es sei denn, Sie hätten ...“

„Schon gut“, sagte Joe und legte auf. Es war auch nicht zu erwarten gewesen, dass er mehr erfuhr.

Valera war anderer Ansicht. „Du hättest mich es versuchen lassen sollen“, sagte sie. „Vielleicht hätte ich die Telefonistin hypnotisieren können ...“

„Durch die Telefonleitung?“ Joe musste lachen und Valera seufzte, lächelte aber.

„Stimmt auch wieder“, sagte sie resignierend. „Nun gut, damit sind wir also auch keinen Schritt weiter. Wir wissen nur, dass die Campa-Sippe hier eine ordnungsgemäß gemeldete Wohnung unterhält. Und ...“

Joe grinste und schnippte mit den Fingern. „Hast du noch Bargeld?“

„Was hat das denn mit Campa zu tun ...?“, wollte Valera wissen.

„Nur ein Versuch. Halte mal nach einem Taxi Ausschau.“

„Taxi?“ Valera sah ihn an wie einen Verrückten. Schließlich gab es in Venedig keine Autos. Wo sollten die auch fahren? Unter Wasser vielleicht?

„Motoscafo“, erklärte Joe. „Wassertaxi. Das sind diese durchnummerierten hellbraunen Boote. Wenn du eines siehst, winkst du’s her, ja?“

Fünf Minuten später stiegen sie in eines der Taxis. Joe lächelte den verwegen aussehenden Fahrer freundlich an. „Può darmi un passaggio fino a palazzo di Signor Campa? – Können Sie mich zum Palazzo von Signor Campa fahren?“

„Signor Campa?“, echote der Mann. Campa war ihm unbekannt. Er fragte nach der genauen Adresse.

„Eben die wissen wir nicht“, wandte Valera auf Englisch ein. „Wir haben etwas mit Signor Campa zu regeln, aber man hat uns seine Adresse nicht mitgeteilt. Da dachten wir, dass vielleicht Sie oder einer Ihrer Kollegen ...“

Der Taxipilot zuckte mit den Schultern und benutzte sein Funksprechgerät. In dieser Hinsicht waren die Motoscafi nicht schlechter ausgerüstet als ihre vierrädrigen Pendants auf dem Festland.

„Das haut doch nie hin, solange wir keine Adresse haben“, sagte Valera.

„Vielleicht hat einer von seinen Kollegen mal jemanden zu Campas Palazzo gefahren.“

„Wie kommst du überhaupt darauf, dass es ein Palazzo sein muss? Vielleicht handelt es sich um eine elende Hütte ...“

„Jemand, der es nötig hat, seinen Telefonanschluss für die Öffentlichkeit sperren zu lassen, wohnt nicht in einer elenden Hütte, und Palazzi gibt es hier wie Sand am Meer.“

Nach ein paar Minuten grinste der Taxikapitän. „Sie haben Glück, signore e signorina. Ich weiß jetzt, wo Signor Campa wohnt. Prego, steigen Sie ein ...“

Joe steckte ihm vorab ein großzügiges Trinkgeld zu. Der Chauffeur grinste zufrieden. Das motoscafo raste los. Der Mann fuhr, als müsse er eine Bootsrallye gewinnen. Auf den Kanälen Venedigs gibt es Verkehrsregeln wie im normalen Straßenverkehr, aber wie überall in Italien schienen diese Regeln immer nur für die anderen gemacht zu sein. In Rekordzeit erreichten sie einen heruntergekommenen Palazzo in der Nähe der Strada Nuova. Der Fahrer verlangte einen unverschämt hohen Preis; offenbar hatte er die Zahlungsfähigkeit seiner Kunden ziemlich hoch eingeschätzt, trotz der staatlich festgesetzten Tarife. Joe kürzte den verlangten Betrag kurzerhand um zwanzig Prozent; der Rest war immer noch recht viel für die Strecke, und stieg mit Valera aus. Er sorgte sofort dafür, dass sie in einer Seitengasse verschwanden.

„Das also ist der Palazzo“, sagte er nachdenklich, als das Wassertaxi wieder verschwunden war. „Wir müssen versuchen, da irgendwie hineinzukommen.“

„Mit unserer spärlichen Ausrüstung?“ Valera schüttelte den Kopf. „Ich bin nicht närrisch, mein Lieber. Ein wenig mehr möchte ich schon mitnehmen. Wahrscheinlich ist das ganze Bauwerk für Fremde eine Falle.“

Joe nickte. „Wir wissen jetzt, wo es ist“, sagte er. „Gut, versuchen wir, unser Hotel wiederzufinden und rüsten uns da aus unseren Beständen gründlich aus. Lass mich nur noch mal eine Runde um den Block machen. Vielleicht gibt es einen Hintereingang, den wir nur jetzt sehen können. Es wird bald dunkel; der Abend schreitet voran. Wir haben vielleicht noch zwei Stunden gutes Licht.“

Und die Nacht, dachte er, ist die Domäne der Dämonen. Und in der Nacht wird das siebte Opfer gefordert ...

Bis dahin mussten sie etwas erreicht haben.

Ein größeres Motorboot bog in den Seitenkanal ein, an dessen Rand sie standen. Der Mann am Lenkrad hatte eine Mütze tief ins Gesicht gezogen. Ein anderer tauchte plötzlich aus dem Bootsbauch auf. In seiner Faust lag eine großkalibrige Pistole.

Nur eine Sekunde später fielen die ersten Schüsse.


Venezianischer Dämonenfluch: Gruselroman Großband 3 Romane 10/2021

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