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2. Besonderheiten bei Verträgen zwischen Familienangehörigen

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Fall 14:

a) Der angestellte Lehrer L schließt mit seinem 18-jährigen Kind K einen Dienstvertrag ab. Entsprechend diesem Vertrag zahlt er K im Jahr 7000 € für die Beschaffung von Büromaterial, Vorbereitung von Routen für Wandertage und das Abholen von der Schule. Diese Dienste hat K tatsächlich geleistet. Kann L diese Aufwendungen als Werbungskosten von seinen Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit abziehen?

b) Unternehmer U stellt seine Ehefrau F im Unternehmen an. F erbringt die Leistungen als Sekretärin für ein im Voraus vereinbartes und übliches Gehalt und gem. einem im Voraus vereinbarten Vertrag. Das Gehalt der F zahlt U auf ein sog. Oder-Konto, auf das U und F unabhängig voneinander Zugriff haben. Handelt es sich bei den Zahlungen an F und an die Sozialversicherung für F um Betriebsausgaben bei U? Rn 329

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Wegen gleich gerichteter Interessen nahe stehender Personen sind bei Verträgen unter Angehörigen einige Besonderheiten zu beachten. Zwar folgt aus Art. 6 Abs. 1 GG, der Diskriminierungen von Ehe und Familie verbietet, dass solchen Verträgen nicht generell die steuerliche Anerkennung versagt werden kann[112]. Andererseits muss aber auch verhindert werden, dass einige StPfl durch geschickte Gestaltungen Unterhaltszahlungen oder Aufwand für die private Lebensführung entgegen § 12 Nr 1, 2 EStG steuerlich abziehen können.

Der Hintergrund für die Beliebtheit von Verträgen unter Angehörigen besteht in Folgendem: Im Fall 14 a (Arbeitsvertrag mit Kindern) könnte L im Falle der Anerkennung die Zahlungen an K als Werbungskosten (hierzu Rn 773) abziehen. Die Einkünfte blieben indes bei K wegen des Grundfreibetrags (§ 32a Abs. 1 Satz 2 Nr 1 EStG) in vollem Umfang steuerfrei.

Der Vorteil bei Ehegatten-Arbeitsverträgen (oben Fall 14 b) liegt in Folgendem: Stellt Unternehmer U seine Ehefrau F im Unternehmen an, so tritt zwar bei Zusammenveranlagung nach § 26b EStG kein Effekt bei der Progressionsmilderung ein, da dieser ohnehin aufgrund des Splitting (§ 32a Abs. 5 EStG) eintritt. Vorteilhaft sind jedoch die Pauschbeträge, die dem angestellten Ehegatten zustehen (insb der Arbeitnehmer-Pauschbetrag nach § 9a Satz 1 Nr 1 EStG), sowie der Abzug des Arbeitslohns als Betriebsausgabe bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb, da dieser auch den gewerbesteuerlichen Ertrag mindert (Rn 1371 ff). Ferner bestehen bei der Lohnsteuer uU Vorteile durch die Pauschalierungsmöglichkeiten nach § 40, § 40a, § 40b EStG.

Als Verträge unter Angehörigen kommen insb Arbeits-, Darlehens-, Miet- und Gesellschaftsverträge in Betracht[113].

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Um einerseits – wie von Art. 6 Abs. 1 GG gefordert – Vertragsbeziehungen unter Familienangehörigen nicht jede steuerliche Anerkennung zu versagen, andererseits aber zu verhindern, dass mit Verträgen nicht abziehbare Unterhaltszahlungen (§ 12 Nr 1 EStG) oder private Zuwendungen verschleiert werden, stellt die Rspr[114] folgende Voraussetzungen für die Anerkennung von Verträgen unter Angehörigen auf:

(1) Der Vertrag sollte vor Durchführung wirksam geschlossen worden sein. Die Beachtung der zivilrechtlichen Formerfordernisse hat lediglich indizielle Bedeutung iRd Gesamtwürdigung der Ernsthaftigkeit des vertraglich Gewollten. Die Rspr sieht in der Formunwirksamkeit ein Beweisanzeichen für den Mangel der Ernsthaftigkeit, das zumindest dann widerlegt werden kann, wenn den Vertragspartnern die Nichtbeachtung der Formvorschriften nicht anzulasten ist und sie nach Erkennen der Unwirksamkeit zeitnah den Formerfordernissen nachkommen[115].

(2) Die vertraglichen Hauptpflichten müssen klar und deutlich vereinbart und entsprechend dem Vereinbarten auch tatsächlich durchgeführt worden sein. Die Nichtanwendung einzelner Vertragsklauseln allein lässt allerdings nach der neueren Rspr des BFH für sich genommen den Rückschluss auf einen fehlenden Bindungswillen noch nicht zu. Auch hier müssen iR einer Gesamtwürdigung alle für und gegen den Bindungswillen sprechenden Anhaltspunkte gegeneinander abgewogen werden[116].

(3) Der Vertrag muss auch inhaltlich einem Fremdvergleich standhalten, der vor allem eine angemessene Missbrauchskontrolle bewirken soll[117]. Dh er muss so ausgestaltet (und durchgeführt) werden, wie fremde Dritte es getan hätten. Familienspezifische Besonderheiten (offene Arbeitszeiten, unbezahlte Mehrarbeit, Tätigkeit im privaten Wohnbereich) sind jedoch zu tolerieren[118]. Bei Darlehensverträgen zwischen nahen Angehörigen differenziert die Rspr nach dem Anlass der Darlehensaufnahme[119]. Die Vereinbarung eines unangemessen hohen Arbeitslohns allein führt noch nicht zum Scheitern des Fremdvergleichs, vielmehr ist in solchen Fällen lediglich eine Korrektur der Höhe nach vorzunehmen[120].

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Für Fall 14 a) bedeutet dies: L hat mit K einen wirksamen Vertrag geschlossen. Dieser ist auch tatsächlich durchgeführt worden. Indes hätte L einem fremden Dritten für die fraglichen Dienstleistungen nicht derart hohe Beträge bezahlt. Der Vertrag hält also einem Fremdvergleich nicht stand und ist daher steuerlich nicht anzuerkennen. Bei den von L an K gezahlten 7000 € handelt es sich somit nicht um Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Tätigkeit (§ 9 EStG). Umgekehrt erzielt K aber trotz des Zuflusses der 7000 € auch keine Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit.

In Fall 14 b) haben U und F einen wirksamen Vertrag geschlossen. Das Rechtsgeschäft müsste ferner tatsächlich durchgeführt worden sein. Der tatsächlichen Durchführung des Arbeitsverhältnisses könnte entgegenstehen, dass das Arbeitsentgelt auf ein Konto des Arbeitgeber-Ehegatten fließt, auch wenn der Arbeitnehmer-Ehegatte allein über dieses Konto verfügen kann (Oder-Konto)[121]. Indes stellt die Frage, auf wessen Konto das Arbeitsentgelt fließt, lediglich ein (widerlegbares) Indiz dafür dar, ob der Arbeitsvertrag tatsächlich vollzogen wurde[122]. Da im vorliegenden Fall die F tatsächlich die Leistungen erbracht hat und die Ausgestaltung des Vertrags auch dem zwischen Fremden Üblichen entsprach, ist der Arbeitsvertrag steuerlich anzuerkennen. Die Aufwendungen für Lohn und Sozialversicherungsbeiträge (Arbeitgeberanteil) stellen daher bei U Betriebsausgaben dar. Bei F handelt es sich um Arbeitslohn, wobei ihr die jeweiligen Pauschbeträge zustehen. Der Arbeitgeberanteil für die Sozialversicherung ist bei ihr gem. § 3 Nr 62 EStG steuerfrei.

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