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2. Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus

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Die Voraussetzungen der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus, die sich allein nach § 63 StGB bestimmen, sind gerade bei Jugendlichen besonders sorgfältig zu prüfen, insbesondere hinsichtlich seiner Gesamtpersönlichkeit, wobei bei Sexualtätern insbesondere die Pubertät zu berücksichtigen ist, hinsichtlich der Art seiner Erkrankung, seines Vorlebens und seiner Lebensbedingungen und aller sonst in Frage kommenden Umstände (BGH NJW 1951, 450 f.; BGHSt 37, 373; NStZ 1993, 527 [Böhm]; SchlHOLG SchlHA 1957, 161; ThürOLG Beschl. v. 29.1.2007 – 1 Ws 16/07). Von der Vernehmung hierfür in Betracht kommender Auskunftspersonen kann nicht mit der Begründung abgesehen werden, dass ein bestimmtes Verhalten als wahr unterstellt wird (SchlHOLG a.a.O.). Je länger die Unterbringung dauern soll, desto strenger werden die Voraussetzungen für die Verhältnismäßigkeit des Freiheitsentzuges sein (BVerfG StV 1986, 160). Zur Unterbringung bei fehlender strafrechtlicher Verantwortlichkeit (§ 3) s. § 3 Rn. 28–30).

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Da Anordnung und Fortdauer der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus von dem mit Verfassungsrang ausgestatteten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beherrscht werden, nach dem das Sicherungsbedürfnis der Allgemeinheit und der Freiheitsanspruch des Einzelnen gerechten Ausgleich verlangen (BVerfG StV 1986, 162), darf eine Abhilfe der Gefährdung der Rechtsordnung nicht auf andere Weise als die Einweisung in ein psychiatrisches Krankenhaus zu schaffen sein; dabei ist zu prüfen, ob eine ausreichende Sicherung in diesem Sinne etwa durch Familienmitglieder, ggf. mit Unterstützung durch das Jugendamt, erreicht werden kann (BGH NJW 1951, 450 f.) oder ob der Zweck der Maßregel nicht auch durch die weniger beschwerende Maßregel der Unterbringung in einer Erziehungsanstalt erreicht werden kann (BGH NStZ 1993, 527 [Böhm]). Erst wenn über die Unmöglichkeit solcher weniger einschneidender Maßnahmen Klarheit geschaffen ist, hat das Gericht eine ausreichende Grundlage für die Entscheidung über eine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus (BGH NJW 1951, 450 f.). Die Unterbringung eines 17-Jährigen in einem psychiatrischen Krankenhaus kann immer nur in besonderen Ausnahmefällen gerechtfertigt sein (BGH NStZ 1991, 384 = MDR 1991, 1188 f.; BGHR JGG § 5 Abs. 3 Absehen 1). All diese Gesichtspunkte sind in der Hauptverhandlung festzustellen und im Urteil darzulegen.

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Es genügt die bestimmte Wahrscheinlichkeit, der Jugendliche werde die Rechtsordnung künftig unmittelbar bedrohen (BGH GA 1959, 339 [Herlan]). Nicht erforderlich ist indessen, dass verbindlich vorhergesagt werden kann, der Jugendliche werde anschließend keine Gefahr mehr für die Sicherheit der Allgemeinheit sein. Fehlende Erfolgsaussichten stehen – anders als bei der Unterbringung nach § 64 StGB (Rn. 7) – der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nicht grundsätzlich entgegen, weil diese Maßregel in erster Linie dem Schutz der Allgemeinheit dient und die Heilung nur ein erwünschter Nebenzweck ist (für Erwachsene: HansOLG Hamburg MDR 1995, 947 f. m.N.). Grundsätzlich zur Anordnung der Unterbringung eines Jugendlichen in einem psychiatrischen Krankenhaus vgl. BGH MDR 1991, S. 1188 f.

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