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3. Unterbringung in einer Entziehungsanstalt

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Die Voraussetzungen der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt (§ 7; § 61 Nr. 2 StGB) bestimmen sich nach § 64 StGB. Außerdem gelten die zu Rn. 2 dargelegten Grundsätze. Die Maßregel wird in einer Einrichtung vollzogen, in der die für die Behandlung suchtkranker Jugendlicher erforderlichen besonderen therapeutischen Mittel und sozialen Hilfen zur Verfügung stehen (§ 93a). Liegen die Voraussetzungen des § 64 StGB vor, so hat das Gericht grundsätzlich die Unterbringung anzuordnen, selbst wenn eine aus seiner Sicht geeignete Anstalt nicht gefunden werden kann (BGHSt 28, 327; BGH NStZ 1990, 102; s. § 5 Rn. 10; a.A. Ostendorf § 7 Rn. 5).

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Die Anordnung nach § 64 steht im gebundenen Ermessen des Gerichts („soll“), so dass sie bei Vorliegen aller Voraussetzungen ergehen muss, wenn nicht besondere Gründe eine Ausnahme erforderlich machen. Es muss sich um therapiebezogene Ausnahmegründe handeln, um Fälle also, in denen zwar eine Erfolgsaussicht gerade noch bejaht werden kann, die Ausgangsbedingungen aber derart ungünstig sind, dass durch ein Absehen von der Unterbringung der Maßregelvollzug von einem faktisch nicht zu leistenden Therapieaufwand, der für die aussichtsreicheren Fälle die knappen Ressourcen entzöge, entlastet werden kann (BT-Drucks. 16/1344, S. 12 f.). Nach der Vorstellung des Gesetzgebers kann dies der Fall sein, wenn die Verständigung mit dem Probanden nicht oder nur über einen Dolmetscher möglich, die Ausweisung des Straftäters zu erwarten oder bei diesem eine Disposition zur Begehung von Straftaten festgestellt ist, die nicht wesentlich auf den Hang zu übermäßigem Drogenkonsum, sondern auf andere oder weitere Persönlichkeitsmängel zurückzuführen ist (BT-Drucks. 16/1344, S. 12 und Bericht des Rechtsausschusses BT-Drucks. 16/5137, S. 10). Vor diesem Hintergrund wird die bisherige Rechtsprechung des BGH, nach der mangelhafte oder fehlende Sprachkenntnisse des Angeklagten bei der Unterbringungsanordnung außer Betracht zu bleiben haben, in dieser Allgemeinheit nicht mehr aufrecht zu erhalten sein (BGH StV 2008, 138).

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Ein fehlender Therapieplatz in einer vorhandenen Anstalt ist danach auch nach der Änderung des § 64 in eine „Soll“-Vorschrift (Gesetz v. 16.7.2007, BGBl. I, S. 1327) kein ausreichender Grund für ein Absehen von der Unterbringung oder für einen Vorwegvollzug der Jugendstrafe entgegen § 67 Abs. 1 StGB (BGH MDR 1978, 803 [Holtz]; Beschluss v. 13.10.1981 – 1 StR 491/81; BGH NStZ 1981, 492; NStZ 1982, 132; s. auch Rn. 17). Es ist aber andererseits nicht verfassungswidrig, wenn die Vollstreckung der Jugendstrafe, die ursprünglich nach der Maßregel vollzogen werden sollte, angeordnet wird, nachdem sich herausgestellt hat, dass es an einer geeigneten Entziehungsanstalt fehlt (BVerfG JMBlNW 1977, 222). Ebenso ist es auch weiterhin rechtsfehlerhaft, von einer Unterbringung nach § 64 StGB, deren rechtlichen Voraussetzungen vorliegen, abzusehen, weil das Tatgericht eine freiwillige Therapie für sinnvoll hält (ständige Rspr. des BGH, vgl. Nw. bei Detter a.a.O.). Auch hängt die für eine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt erforderliche Erfolgsaussicht nicht alleine von der Therapiemotivation des Angeklagten ab, sondern ist auf der Grundlage einer Gesamtwürdigung seiner Persönlichkeit einzuschätzen (BGH 4 StR 318/07 = ZJJ 2007, 415). Zur Unzulässigkeit der Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt mangels Erfolgsaussicht (§ 64 Satz 2 StGB) oder zum Abbruch einer Entziehungskur wegen Aussichtslosigkeit (§ 67d StGB) s. auch § 93a Rn. 4 und die Rechtsprechungsnachweise bei Fischer, StGB, in den entsprechenden Erläuterungen zu § 64 StGB.

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