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4. Führungsaufsicht

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Die Anordnung der Führungsaufsicht richtet sich nach § 68 Abs. 1 StGB. Der Richter hat bei der Ausübung des ihm gem. § 68 Abs. 1 StGB eingeräumten pflichtgemäßen Ermessens neben den vorgenannten Grundsätzen (Rn. 2) die für die Rechtsfolgen des JGG allgemein geltenden Gesichtspunkte (§ 5 Rn. 5–10) zu beachten. Die §§ 68 bis 68g StGB gelten auch insoweit, als sie „Freiheitsstrafe“ voraussetzen (allg. M., s. etwa Brunner/Dölling § 7 Rn. 9, 10; Ostendorf § 7 Rn. 14). Dabei ist die „Freiheitsstrafe“ der Jugendstrafe gleichzustellen (allg. M.). Dies gilt insbesondere auch für die von Gesetzes wegen eintretende Führungsaufsicht nach § 68f StGB. Der automatische Eintritt von Führungsaufsicht nach Vollverbüßung einer Jugendstrafe von mehr als zwei Jahren, oder von mehr als einem Jahr wegen einer Tat nach § 181b StGB findet in § 7 JGG, § 68f StGB eine ausreichende gesetzliche Grundlage (BVerfG NStZ-RR 2008, 217 m. Anm. Sommerfeld NStZ 2009, 247 ff.).

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Führungsaufsicht gem. § 68f StGB (der verfassungsgemäß ist, BVerfG NStZ 1981, 21 f.) tritt auch dann ein, wenn es sich bei der für die Dauer von 2 Jahren vollständig vollstreckten „Freiheitsstrafe“ i.S.v. § 68f Abs. 1 S. 1 StGB um eine einheitliche Jugendstrafe nach § 31 Abs. 1 oder Abs. 2 handelt; dass mindestens für eine der einbezogenen Taten eine Jugendstrafe von 2 Jahren verwirkt wäre, ist nicht erforderlich (OLG München NStZ-RR 2002, 183; LG Berlin ZJJ 2008, 80; Ostendorf § 7 Rn. 14; Fischer StGB § 68f Rn. 3, 4 zur Gesamtfreiheitsstrafe; Brunner/Dölling § 7 Rn. 11; Eisenberg § 7 Rn. 66; OLG Hamm NStZ 1998, 61; OLG Karlsruhe NStZ 1981, 182; OLG Dresden NStZ-RR 2005, 153: es muss mit Sicherheit ausgeschlossen werden können, dass für eine der Straftaten weniger als zwei Jahre verhängt worden wären; LG Hamburg StV 1990, 508). Das gilt auch, wenn es sich bei einer der einbezogenen Straftaten um eine Fahrlässigkeitstat handelt (insoweit anders OLG München NStZ-RR 2002, 183). Diese hier seit jeher vertretene Auffassung hat schließlich durch die Neufassung des § 68f StGB durch Art. 1 des Gesetzes v. 13.4.2007 (BGBl. I, S. 513), mit der die Freiheits- und die Gesamtfreiheitsstrafe für die Anwendung von § 68f StGB gleichgestellt wurden, ihre Bestätigung gefunden (insoweit instruktiv LG Berlin ZJJ 2008, 80). Die bisher bestehenden Auslegungszweifel, die hinsichtlich der Anwendbarkeit des § 68f StGB auf die Einheitsjugendstrafe bestanden, sind durch diese Klarstellung des Wortlauts beseitigt worden (BVerfG NStZ-RR 2008, 217). Eine besondere zusätzliche jugendstrafrechtliche Verhältnismäßigkeitsprüfung unter Berücksichtigung des Unrechts- und Schuldgehalts der Tat ist gesetzlich nicht vorgesehen (s. auch Rn. 13; so offenbar aber Eisenberg Rn. 66), zumal die Anwendung von § 68f StGB mit seinen formalen Voraussetzungen der Vollstreckung von immerhin zwei Jahren Jugendstrafe bereits Taten mit besonderem Unrechts- und Schuldgehalt voraussetzt (s. auch Rn. 12), und der Entfall der Maßnahme unter den Voraussetzungen des § 68f Abs. 2 angeordnet werden kann. Ist dies nicht möglich, ist die Führungsaufsicht gerade auch aus erzieherischen Gründen vom Gesetzgeber als wertvolle Weiterhilfe beim Übergang in die Freiheit (Brunner/Dölling, Rn. 11) nach § 2 Abs. 2, § 7 Abs. 1 JGG i.V.m. § 68f StGB gesetzlich zwingend vorgesehen.

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Dem entspricht auch der gesetzliche Zweck der Vorschrift, zumal das Jugendstrafrecht für Tätergruppen von Jugendlichen, die eine Jugendstrafe von über 2 Jahren verbüßen, ansonsten keine Formen der nachgehenden Betreuung vorsieht (BVerfG NStZ 2008, 217, 218). Während also durch die Vorschriften über die Anordnung der Sicherungsverwahrung erreicht werden sollte, dass die Anwendung dieser Maßregel auf Fälle wirklich schwerer Kriminalität beschränkt und ihr Charakter als äußerstes Mittel der Strafrechtspflege herausgehoben wird (BGHSt 26, 155; 24, 243, 245), kommt es bei dem Institut der Führungsaufsicht darauf an, ungünstig prognostizierten Straftätern, die gerade deswegen nicht in den Genuss der Aussetzung des Strafrestes zur Bewährung gekommen sind, Hilfe und Überwachung bei dem Übertritt in die Freiheit zu gewähren (OLG München NStZ RR 2002, 183, 184; OLG Hamm MDR 1979, 601; HansOLG Hamburg JR 1979, 116; MDR 1982, 689; OLG Düsseldorf MDR 1981, 336; OLG Stuttgart NJW 1981, 2710; OLG Nürnberg MDR 1978, 858; Zipf Anm., JR 1979, 117 f.). Nach dieser Rechtsprechung genügt es daher für die Anwendung des § 68f StGB, dass eine einheitliche Jugendstrafe von mindestens zwei Jahren vollständig vollstreckt worden ist. Denn gleich, ob zwei Jahre wegen mehrerer leichterer oder einer schweren Strafe voll verbüßt worden sind, hat sich durch die zur Ablehnung der Reststrafenaussetzung führende negative Prognose gezeigt, dass die Einflussnahme während des Strafvollzuges trotz beträchtlicher Strafzeit nicht ausgereicht hat zu erproben, ob der Täter außerhalb des Strafvollzuges keine Straftaten mehr begehen wird (OLG Hamm MDR 1979, 601). Die infolge längerer Strafverbüßung eintretenden Schwierigkeiten beim Übergang in die Freiheit bestehen nämlich unabhängig davon, ob es sich um eine Einzel- oder eine Gesamtstrafe handelt (HansOLG JR 1979, 116 und die soeben zit. Obergerichte). Das Rechtsinstitut der Führungsaufsicht bezweckt – im Gegensatz zu der eindeutig dem Sicherungszweck Vorrang gebenden Sicherungsverwahrung – vornehmlich Betreuung und Überwachung derjenigen Straftäter, die so ungünstig prognostiziert sind, dass die zweijährige Verbüßung einer Freiheitsstrafe angezeigt war (Zipf a.a.O.).

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Zur unterschiedlichen Sichtweise der Oberlandesgerichte für den Fall der Gesamtfreiheitsstrafe s. etwa OLG Düsseldorf NStZ-RR 1999, 138 einerseits und andererseits KG NStZ-RR 1999, 138, jeweils mit weiteren Fundstellenangaben. Die Rechtsprechung des BGH zu § 66 Abs. 1 Nr. 1 StGB, wonach eine einheitliche Jugendstrafe nach § 31 StGB nur dann die Voraussetzungen des § 66 Abs. 1 Nr. 1 StGB erfüllt, wenn sie erkennen lässt, dass der Täter wenigstens bei einer der ihr zu Grunde liegenden Straftaten eine Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verwirkt hätte (BGHSt 26, 152 ff.), ist auf § 68f StGB nicht übertragbar. Dies ergibt sich bereits aus der unterschiedlichen Fassung der Tatbestände. § 66 Abs. 1 StGB setzt voraus, dass der Täter zu Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist und zusätzlich, dass er für „die Zeit von zwei Jahren Freiheitsstrafe verbüßt hat. § 66 Abs. 1 StGB stellt damit neben der Dauer der Verbüßung auf den Unrechtsgehalt der einzelnen Tat ab. Demgegenüber genügt nach § 68f Abs. 1 S. 1 StGB, dass gegen den Täter „eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren vollstreckt worden“ ist, so dass es insoweit lediglich auf die Dauer des Vollzuges ohne Aussetzung des Strafrestes zur Bewährung, nicht auf den Unrechtsgehalt der abgeurteilten Straftaten ankommt (s. auch Rn. 11; a.A. Eisenberg § 7 Rn. 66; Schönke/Schröder-Stree 27. Aufl., § 68f Rn. 4, jedoch wie hier Schönke/Schröder-Kinzig, 30. Aufl., Rn 4a).

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Gemäß Art. 303 EGStGB darf Führungsaufsicht nur wegen Taten angeordnet werden, die seit dem 1. Januar 1975 begangen worden sind. Die Regelung des § 7 lässt die Vorschriften über die kraft Gesetzes eintretende Führungsaufsicht (§§ 67b, 67c, 67d Abs. 2, 4, 5 und § 68f StGB) unberührt (§ 68 Abs. 2 StGB).

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