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Der uns teilnehmend behütet

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Newman macht Providenz denkbar konkret: „Als der ewige Sohn in unserm Fleisch auf Erden erschien, sahen die Menschen ihren unsichtbaren Herrn und Richter; er offenbarte sich nicht mehr bloß im Walten der Naturkräfte oder in dem verschlungenen Lauf der Menschheitsgeschichte, sondern er offenbarte sich wie einer von uns: ‚Gott, der aus der Finsternis Licht aufgehen ließ, hat auch unsere Herzen erleuchtet, dass uns das Licht der Erkenntnis Gottes im Antlitz Jesu Christi leuchte‘ (2 Kor 4,6), also in sichtbarer Gestalt eines persönlichen Einzelwesens. Es war in gewissem Sinn eine Begegnung von Angesicht zu Angesicht.“

Wir sind gewohnt, die Providenz in eine immer noch relativ für sich stehende Gotteslehre einzuordnen, und außerdem denken wir in der theologischen Christologie – anders als Newman – stärker „antiochenisch“, nehmen also eine betonte Trennung zwischen Gott und dem sogenannten „historischen“ Jesus vor. Die Sprache Newmans erscheint uns dann als anthropomorph. Providenz als die Zuwendung der „erbarmungsvollen Liebe unseres Heilands“ in ihrem Eingehen auf den Lazarus und seine Schwestern, auf Petrus, Thomas, Johannes, Judas, den reichen Jüngling. Aber Newman spricht und denkt, vielleicht angeleitet durch die Kirchenväter, theologisch genauer. Providenz als die Aufmerksamkeit des „Du, o Gott, siehst mich“ wird in Jesus unerhört konkret, wenn sie als Begegnung mit Gott von Angesicht zu Angesicht gesehen wird. Thomas von Aquin hat im Erbe der Väter die Menschheit Jesu Christi noch als „Instrument“, als Organ der Gottheit auffassen können.73 Uns ist diese Kategorie trotz aller von Thomas angebrachten Korrekturen zu mechanisch und instrumentell. Vielleicht könnten wir, Newman erläuternd, besser mit Karl Barth sprechen: Er ist der Erwählte und der Erwählende, der Berufene und der Berufende, der Geliebte und der Liebende, der Vorgesehene und der Vorsehende. In seinen Augen begegnen wir der uns vorsehenden Aufmerksamkeit. Wir leben bei Jesus in Gottes teilnehmender Providenz. Das Kreuz bliebe ein magischer Totempfahl, wenn uns von dort aus keiner sehen würde.

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