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A Erfahrung von Providenz 1. John Henry Newmans biographische Erfahrungen2 Die nationale Religion Englands

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Im ersten Teil seiner Zustimmungsgrammatik beschrieb John Henry Newman die „Religion Englands“ kritisch als eine Religion bloß begrifflicher Zustimmung (Z 37–40).3 Damit meinte er, dass die Leute den Sätzen einer Religion ihre Zustimmung so geben, wie sie am Anfang des Lebens den durch ihre Erziehung vermittelten Prinzipien, Werten, Normen und Lebensauffassungen überhaupt zustimmen, indem sie vorhandenes Wissen, Allgemeinbildung und Weltanschauungen zunächst einfach übernehmen. „Bloß begrifflich“ nannte Newman diese angelernte Religion, weil ihre Zustimmung meist nur den angelernten Begriffen gilt. Sie umfasst selten auch die damit gemeinte Wirklichkeitsbehauptung, wie es die Dogmen und die sakramentalen Riten tun. Diesen liegt eine reale und nicht nur eine begriffliche Zustimmung zugrunde, eine Zustimmung also, die auf eine Wirklichkeit vorzugreifen, eine Wirklichkeitserfahrung zu realisieren sucht. Das Subjekt stimmt, sich persönlich bestimmend, zu. Weil die nationale Religion Englands in diesem Sinne sich also selten und nur schwach auf Wirklichkeit beziehe, deshalb bleibe sie zumeist im Begrifflichen oder im subjektiven Gefühl befangen.

Die Schwäche und Stärke dieser nationalen Religion bestehe auch darin, dass sie „Bibelreligion“ bleibe. Die Bibel wird in der Kirche, in der Familie und privat gelesen. Sie habe den Geist des Volkes auf religiöse Gedanken gestimmt, ihm einen sittlichen Maßstab gegeben, ihn zu großen Werten inspiriert. Weil sie Bibelreligion sei, darum sei sie auch „nicht eine Religion von … Glaubensakten und unmittelbarer Andacht, sondern von heiligen Szenen und frommen Gefühlen. Sie ist verhältnismäßig sorglos dem Bekenntnis und dem Katechismus gegenüber, und hat infolgedessen wenig Sinn gezeigt für die notwendige Übereinstimmung ihrer Lehrgegenstände miteinander.“ (Z 40) Aber eine Ausnahme sieht Newman: „Was die Schrift besonders darlegt von ihrer ersten Seite bis zur letzten, ist Gottes Providenz, und das ist nahezu die einzige Lehre, die von der Masse religiöser Engländer mit einer realen Zustimmung gehalten wird.“ Newman ist also der Ansicht, wohl aus seiner persönlichen Anschauung und Erfahrung, dass in dieser englischen „Leutereligion“ und in ihrer Bibelpraxis wenigstens zu einem kirchlichen Glaubenssatz eine reale Zustimmung vollzogen wird: nämlich zu Gottes Providenz.

Wen zählt Newman zu dieser „nationalen Religion Englands“? Nicht nur den calvinistischen Puritanismus, nicht allein die Evangelikalen (Low Church), nicht nur die anglikanische High Church. Das seien nur einzelne Schulen und Parteiungen. Im Auge hat Newman dabei die Masse fromm gesinnter und rechtschaffen lebender Leute aller Stände, also die gesamten unterschiedlichen Erscheinungsformen der Religion des englischen Volkes. Von dieser behauptet Newman, bei aller sonstigen Kritik, voll Anerkennung, dass sie in einem Punkt lebendig sei, voll realer Zustimmung: in der Lehre von der Providenz. In der Religion, in die er selber hineingeboren und hineinerzogen wurde, gab es mit ihrem Glauben an die Providenz einen lebendigen Pulsschlag.4

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