Читать книгу Der Slalom meines Lebens - Hilde Gerg - Страница 11
INTERNATSLEBEN
ОглавлениеIch hatte als Kind weder Konditionstraining noch Kinderballett oder Kinderturnen. Und ich war auch nicht mit fünf schon in der Bambinigruppe irgendeines Clubs, wo man Rollen vorwärts und rückwärts und Sprünge über irgendwelche Dinge übt. So was gab es bei uns da oben am Berg nicht. Also hatte ich unheimlich viel gegenüber denjenigen aufzuholen, die nicht erst mit neun Jahren im Skiclub angefangen hatten. Erst als ich 14 war, kam ich den anderen Schritt für Schritt näher.
Damals war das System auch noch anders als heute. Wenn du mit elf noch nicht top warst, dann hat es auch noch gereicht, wenn du mit 13 oder 14 dabei warst. Diese Zeit hat man jetzt oft nicht mehr.
Das Konditionstraining im Sommer mit dem vielen Laufen war für mich dann der Horror. Ich bin wahnsinnig gern Ski gefahren, aber alles andere war schlimm, weil alle besser waren als ich. Deshalb war es so entscheidend, langsam zu merken, dass ich zumindest auf den Ski jetzt immer näher an die Spitze rankomme. Besonders gut erkennen konnte ich das an der Pantherwertung. Das ist eine deutschlandweite Wertung im Skirennsport für Schüler. Mit der Zeit bin ich da immer weiter vorn gewesen. Das war ganz wichtig für meinen Werdegang, denn damit stiegen mein Selbstvertrauen und mein Ehrgeiz. Ich wollte auf alle Fälle mindestens einen silbernen Panther. Von den goldenen gab es nur zwei für ganz Deutschland. Dieses Ziel habe ich erreicht und gemerkt, dass es in die richtige Richtung geht und dass es Sinn macht, hier mehr zu investieren. Das hatte allerdings große Veränderungen in meinem Leben zur Folge.
Die Situation daheim war unheimlich kompliziert, denn der Papa musste mich nach den Rennen ständig mitten in der Nacht mit dem Ski-Doo irgendwo abholen. Das war ungemütlich, kalt und ein wahnsinniger zeitlicher Aufwand. Also zog ich mit 14 Jahren daheim aus und in das Internat der St.-Irmengard-Realschule nach Garmisch. Das passte perfekt, weil sich dort das Skifahrerzentrum mit den Trainern befand, bei denen ich in der Mannschaft fuhr.
Zum ersten Mal hatte ich kurze Wege. Von der Schule in mein Zimmer waren es jetzt über den Essenssaal nur noch ein paar Meter. Zum Training wurde ich abgeholt, und wenn ich zurückgebracht wurde, konnte ich gleich meine Hausaufgaben machen. Das war purer Luxus, verglichen mit dem Aufwand, den ich während der ersten Schuljahre am Berg betreiben musste. Mein Tag hatte nun viel mehr Stunden, die ich zum Trainieren und Lernen nutzen konnte.
Weil man aber im Wintersport dem Schnee oft hinterherfahren muss, hatte ich durch das viele Gletschertraining – das eben nicht um die nächste Ecke stattfand – eine Menge Fehlzeiten. Die haben die Lehrkräfte dann mit mir nachgeholt.
Wenn ich das alles von zu Hause aus gemacht hätte, hätte ich viele Stunden in die Fahrerei investieren müssen. So passte alles zusammen. Mein Leben war nun ganz auf den Sport zugeschnitten.