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DIE ERSTEN SKI

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Wenn du auf einer Hütte im Skigebiet aufwächst, dann wird der Schnee irgendwann zu deinem Freund. Vor allem im Winter gibt es da oben weit und breit nichts anderes als Weiß.

Selbst wenn es wie verrückt geschneit hatte, musste mein Vater raus und die Terrassen freiräumen und sich um die Tische und Außenanlagen kümmern. Ich bin dadurch relativ früh immer mit ihm in den Schnee. Wenn noch ein kleineres Geschwisterchen da ist, geht das halt eher mit der Mama und als Ältere geht man selbst mehr mit dem Papa. Ich bin immer hinter ihm her. Er hatte eine Schneefräse, mit der er ohne Ende Schnee geräumt hat, und ich immer mit meiner Schaufel hintennach. Das hat mir unheimlich Spaß gemacht. Ich war als Kind wahnsinnig viel draußen. Mal mit dem Bob, mal mit dem Schlitten.

Meine ersten Ski waren dann so kleine Rutscher. Die hatten Plastikschnallen, die man um die Winterstiefel gemacht hat. Damit bin ich mit nicht mal zwei Jahren umeinandermarschiert und habe mich draußen mehr oder weniger allein beschäftigt. Mit richtigem Skifahren hatte das aber nichts zu tun.

Das erste Mal so richtig auf der Piste war ich auf den Schultern meines Papas. Der konnte richtig gut Ski fahren und hat das oft noch in der Früh gemacht, bevor die Gäste kamen. Erst hat er sein Zeug erledigt und mich dann hochgenommen. Anfangs habe ich ganz schön Angst gehabt. Du sitzt da oben und bist komplett abhängig von dem, was der unter dir macht. Das hat oft wie wild geschaukelt und war wirklich hoch.

Mit etwas über zwei Jahren durfte ich es dann selbst probieren. Es gab da einen guten Bekannten, der Skilehrer war. Wenn der keine Gruppe dabeigehabt hat, dann hat er uns Kinder mitgenommen. Mit drei bis fünf Jahren kann man ein Kind ja nicht allein im Skigebiet umeinanderfahren lassen.

Das hat sich dann erst mit meinem letzten Kindergartenjahr, als ich etwa sechs Jahre alt war, geändert. Da hat der Papa dann beim Sessellift angerufen und Bescheid gegeben, dass die Hilde jetzt kommt. Und wenn ich dann da war, hat der vom Sessellift sich wieder beim Papa gemeldet. So konnte ich nie verloren gehen.

Skifahren war einfach wichtig. Auch zur Fortbewegung. Während die anderen Kinder morgens mit dem Bus oder von der Mama in die Schule gefahren wurden, bin ich ab der ersten Klasse mit den Ski gekommen. Das war damals total normal. Man ist halt in der Früh raus mit dem Skianzug. Den Schulranzen hat der Papa auf dem Ski-Doo über den Fahrweg transportiert, während wir über die oft unpräparierten Pisten gefahren sind. Wir waren immer in einer kleinen Gruppe unterwegs. Anfangs mit einer Freundin aus einer benachbarten Hütte, später kam noch mein Bruder dazu. Ich habe mit dem Weg nie ein Problem gehabt, auch wenn es Tage gab, an denen das wirklich keinen Spaß mehr gemacht hat. Denn manchmal hat es so viel geschneit, dass ein kleines Schulkind komplett bis obenhin im Schnee versinken konnte.

Um zur Schule zu kommen, mussten wir erst ein Stück mit dem Lift rauf und dann über einen steilen Hang zu einem Flachstück runter. Da brauchte man relativ viel Schwung, um weiterzukommen. Doch da war eines Tages so viel Schnee, dass nichts mehr ging. Wir haben uns dann entschieden, einen anderen Weg rauszuwandern. Blöd war nur, dass der Papa mit dem Ski-Doo über den anderen Weg gefahren ist. Da bist du dann endlos gestapft, während die anderen alle schon im Warmen saßen. Irgendwann war dir dann auch egal, ob du pünktlich um 8 Uhr in der Schule ankommst. Da hast du wirklich andere Sorgen. Am Ende ist dann aber immer alles gut gegangen und wir sind heil vom Berg runtergekommen.

Dadurch ist man halt sehr schnell selbstständig geworden. Und ich habe Intuition gelernt, die mir später sicher oft bei meinem Sport geholfen hat. Du musstest bei der Abfahrt ja selbst entscheiden, wie du da am besten runterkommst. Da geht es auch um die Wahl der richtigen Linie.

Unten angekommen hat uns der Papa dann mit dem Auto in die Schule gefahren. Wir müssen in der Pause anfangs ziemlich deppert ausgesehen haben, denn wir hatten lange noch keine Ersatzschuhe in der Schule deponiert. Auf dem Pausenhof sind wir dann immer zwischen den anderen Kindern in unseren Skischuhen umeinandergelatscht.

Während der Hinweg über die Piste aber meistens noch lustig war, war der Rückweg oft eine einzige Qual. Weil da kein Bus fuhr und uns der Papa wegen des Hüttenbetriebs nicht holen konnte, mussten wir im Winter oft in den Skischuhen und mit Schulranzen von der Schule zum Lift laufen. Das waren rund zweieinhalb Kilometer über eine lang gezogene Teerstraße. Irgendwann kanntest du jeden Strauch persönlich. Den Lift hast du schon in der Ferne gesehen, aber um da hinzukommen, musstest du gehen und gehen und gehen. Da war man oft mehr als eine halbe Stunde unterwegs. Manchmal verging einem da ganz mächtig die Laune. Aber es gab halt keine Alternative. So was prägt einen auch gewaltig. Und die schlechte Stimmung hielt nie lange an. Im Laufe der Jahre wurden wir immer mehr Kinder, die den gleichen Weg hatten. Und ich hatte meine Gruppe Mädels. Wir haben aufeinander gewartet und uns gegenseitig angespornt. Wenn wir angekommen waren, haben wir die Ski angezogen und das alles hat nichts mehr ausgemacht. Endlich im Lift haben wir wieder geratscht und es wichtig gehabt, wie die kleinen Weiber halt so sind.

Der Slalom meines Lebens

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