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VON DER SCHULBANK IN DEN KAMPFANZUG

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Für mich war es immer wichtig, dass ich zweigleisig fahre. Du kannst noch so talentiert sein, aber am Ende gibt es niemals eine Garantie, dass sich der Traum von der Sportkarriere verwirklichen lässt. Das Problem ist nur, einen Arbeitgeber zu finden, der einem den Freiraum gibt, seinen Sport professionell auszuüben.

Wir haben in Deutschland da zum Glück eine sehr großzügige Förderung durch den Bund und die Länder. Viele Sportlerinnen und Sportler entscheiden sich daher nach dem Ende ihrer Schulzeit für eine Karriere bei der Bundeswehr oder Bundespolizei. Die Bundeswehr unterhält sogar eigene Sportförderkompanien, wo man den Dienst nach der Grundausbildung am Sportgerät statt an der Waffe absolvieren kann. Nach reiflicher Überlegung hatte ich mich deshalb für eine Karriere bei der Bundeswehr entschieden. Eigentlich sollte ich am 1. Juli 1992 dann zum Grundwehrdienst einrücken. Geplant war mehr oder weniger der direkte Wechsel von der Schulbank in den Kampfanzug.

Dafür musste ich allerdings auf meine Schulabschlussfahrt nach Italien verzichten. Das war sehr schade, weil das einfach ein schönes Ende für eine großartige Zeit gewesen wäre. Da jeder von uns seine eigenen Ziele hatte und wir uns vielleicht nie wiedersehen würden, wäre das eine letzte Gelegenheit gewesen, noch einmal gemeinsam unterwegs zu sein.

Doch wenn der Verzicht auf diese Fahrt mir dazu verhelfen würde, sofort den nächsten Schritt in Richtung Profi zu machen, dann war es halt so. Das war es mir wert.

Ich begann also zum 1. Juli meinen Dienst bei der Sanitätsakademie in München. Am ersten Tag gab es da dann einen Haufen Kleider. Einkleidungen hatte ich ja schon vorher für die verschiedenen Skiteams erlebt, aber das war dann doch etwas anderes. Diesmal gab es keine Renn-, dafür aber Tarnanzüge und Uniformen. In den ersten vier Wochen sollte ich eine verkürzte Grundausbildung in München absolvieren und dann in die Sportförderkompanie nach Berchtesgaden ziehen. Das war auch der Grund für meine Entscheidung gewesen. Mit dem Standort Berchtesgaden konnte ich meine Arbeit mit den Trainern fortführen, die mich schon an der Christophorusschule betreut hatten. Da hätte sich rein sportlich für mich nicht viel verändert.

Doch irgendjemandem fiel dann plötzlich auf, dass ich noch zu jung für die Bundeswehr bin. Laut Verordnung muss man in dem Quartal, in dem man seinen Dienst antritt, mindestens 17 Jahre alt sein oder werden. Dummerweise bin ich aber im Oktober geboren, also im vierten Quartal des Jahres, und war daher in diesem Augenblick noch 16.

So schnell wie ich angefangen hatte, war meine Grundausbildung also schon wieder beendet. Gegen Ende der zweiten Woche kam der Bescheid, dass ich meine Dienstkleidung wieder abzugeben hätte. Als Datum für mein Ausscheiden aus der Armee war der 14. Juli gesetzt. Damit hätte ich dann immerhin noch die Chance gehabt, an meiner Abschlussfahrt mit der Christophorusschule teilzunehmen, die am 16. Juli starten sollte. Doch leider hat so eine Behörde ihre eigenen Gesetze, die nun einmal vorsahen, dass ich erst nach dem Wochenende meine Kleidung in der Kleiderkammer zurückgeben konnte. Damit war der Bus nach Italien abgefahren und ich dementsprechend frustriert. Jetzt hatte ich weder die Abschlussfahrt noch die Grundausbildung!

Statt im Juli 1992 sollte ich nun nach der kommenden Saison, also erst zum 1. April 1993 einrücken. Zum Glück zeigte sich der Standortkommandant in Berchtesgaden großzügig und bot mir an, trotzdem schon wie geplant in der Kaserne der Sportförderkompanie in Strub zu wohnen. Das war die Rettung, denn aus dem Internat hatte ich ja mit dem Schulabschluss ausziehen müssen.

Mit diesem Sonderstatus in der Kaserne zu leben, war total cool, denn ich war zwar noch nicht offiziell dabei, hatte aber schon das Gefühl, zur Sportförderkompanie zu gehören.

Ich bin dann jeden Tag mit den anderen Sportlerinnen und Sportlern zum Training gegangen, als ob ich schon fester Teil des Teams wäre.

Mein Papa war da einmal mehr eine große Hilfe für mich. Damit ich ordentlich versichert war, hat er mich auf der Tölzer Hütte als Bedienung eingestellt. So wurde dann tatsächlich noch wahr, was er bei meiner Geburt prophezeit hatte. Nur dass ich halt eine Bedienung war, die meistens Ski gefahren ist. Viele Kaiserschmarrn dürfte ich nicht durch die Gegend geschleppt haben.

So konnte ich mich dann ganz auf den Rennsport mit den bereits erwähnten Erfolgen und dem Weltcupdebüt 1992/93 konzentrieren. Am 1. April 1993 bin ich dann gewissermaßen das zweite Mal eingerückt. Diesmal aber richtig. Doch statt eine verkürzte einmonatige Grundausbildung zu absolvieren, musste ich jetzt für drei Monate nach München in die Sanitätsakademie. Diese drei Monate waren auch für eine Leistungssportlerin wie mich ganz schön hart. Wir waren täglich von halb sieben in der Früh bis um vier am Nachmittag im Militärdress unterwegs. Da standen vor allem viele Märsche auf dem Programm. Wenn wir zurück waren, begann für mich das Training. Erst marschieren, dann ab 16 Uhr täglich noch mal zwei Stunden Ski fahren. Das waren brutal lange und harte Tage, körperlich sehr anstrengend und ganz anders als alles, was ich bisher erlebt hatte. Bis dahin kannte ich ja nur das Leben am Berg und im Sportinternat. Vorher war ich Schülerin und bis mittags beschäftigt, nun war mein ganzer Tag verplant. Das war ein echt herausfordernder Sommer.

Trotzdem hat mir diese Zeit sehr gutgetan, denn so ein komplett durchgeplanter Soldatinnenalltag kommt dem Leben einer Spitzensportlerin ziemlich nahe. Außerdem habe ich durch die Akademie ganz andere Einblicke bekommen. Denn dort werden normalerweise Sanitäterinnen und Sanitäter ausgebildet und sämtliche Gesundheitsthemen behandelt. Etwas, das mich bis heute interessiert und umtreibt, aber dazu kommen wir noch.

Der Slalom meines Lebens

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