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ALLROUNDERIN

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So eine Verletzung kurz vor Saisonbeginn wirft einen natürlich gewaltig zurück. Gerade in unserem Team war mit Katja Seizinger, Martina Ertl, Katharina Gutensohn, Regina Häusl und Michaela Gerg-Leitner unheimlich viel Qualität am Start. Vor allem in der Abfahrt und im Riesenslalom gab es eine riesige Konkurrenz. Die besten Chancen hätte ich da sicher im Slalom gehabt. Doch wegen der Verletzung konnte ich das lange überhaupt nicht trainieren. Bei jeder Stange hatte ich Angst, einzufädeln und mir das Band wieder zu reißen.

Mein großer Vorteil war da sicher, dass ich eine Allrounderin war. Wenn die eine Disziplin nicht funktionierte, dann ist es halt in einer anderen gelaufen. Das war durch die Bank so. Hatte ich im Slalom ein Skiproblem, dann ist es dafür in der Abfahrt oder im Super-G gegangen. Und wenn die Abfahrt nicht lief, dann klappte es dafür in den technischen Disziplinen. Ich habe diese Abwechslung gebraucht und geliebt. Immer nur Slalom fahren, da wärst du auch blöd geworden. Das war nämlich auch anstrengend wie die Sau, weil es dir da dauernd die Kippstangen an den Kopf gehauen hat. Und immer nur Abfahrt war auch schwierig, weil man da unglaublich konzentriert sein muss. Da kam mir meine Vielseitigkeit unheimlich entgegen.

Mein Plan war, mich in meiner ersten richtigen Weltcupsaison überall unter den ersten 30 zu etablieren. Das ist ganz wichtig, denn nur da sammelst du Punkte und kommst so immer weiter nach vorn. Ich bin anfangs in jeder Disziplin mit den Startnummern 45, 48, 52 oder auch höher gestartet. Dann ist es schon ein riesiger Unterschied, wenn du mal mit der 28 auf die Piste darfst. Und das habe ich geschafft. Vor allem im Riesenslalom lief es konstant gut. Das nächste Ziel war dann, in die Top 15 zu fahren, denn da sind die Bedingungen noch besser. Natürlich hatte ich irgendwo im Hinterkopf, dass im Februar 1994 Olympische Spiele in Norwegen stattfinden. Um dabei sein zu dürfen, musste ich zweimal in die Top 15 oder einmal unter die ersten 8 fahren. Doch das war viel zu weit weg. Erst einmal galt es, mich auf Dauer im Weltcup festzufahren.

Das war nun mein Leben. Zeit für Privates hatte ich überhaupt nicht mehr. Aber das war auch völlig in Ordnung so. Ich hatte mich für einen Weg entschieden und war bereit, dem alles unterzuordnen. Das Wichtigste für mich war, durch die Erfolge signalisiert zu bekommen, dass ich nicht auf dem Holzweg bin.

Die nächsten Rennen nach dem vorgezogenen Auftakt in Sölden waren dann Ende November 1993 in Santa Caterina in Italien.

Trotz der nicht auskurierten Verletzung bin ich da als 29. und 27. zweimal in die Punkte gefahren. Bei den Weltcups folgten immer wieder mal Ergebnisse zwischen 20 und 30. Das war natürlich alles zu wenig, um die Olympianorm zu erfüllen. Fürs Erste sollte Lillehammer also nur ein Traum bleiben.

Doch kaum hatte das Olympiajahr 1994 begonnen, nahm mein Zug in Richtung Norwegen so richtig Fahrt auf. Gleich im ersten Riesenslalom des Jahres fuhr ich im französischen Morzine auf Platz 19. Das war immer noch zu wenig, aber doch ein deutliches Zeichen, dass es aufwärts ging. Am nächsten Tag stand dann ein Slalom auf dem Programm. Damit hatte ich ja seit meiner Verletzung ein paar Probleme gehabt. Und plötzlich war ich in dieser Disziplin 9. und habe die halbe Olympianorm erfüllt! Klar, dass da die Träume größer wurden. Ich brauchte jetzt nur noch ein Resultat unter den besten 15, um mir schon mit gerade mal 18 Jahren gleich in meiner ersten richtigen Saison meinen Olympiatraum zu erfüllen.

Ziemlich genau ein Jahr nach meinem Weltcupdebüt in Cortina d’Ampezzo ging die Reise Mitte Januar wieder in die italienischen Dolomiten. Während ich 1993 nur dabei sein durfte, weil ein Startplatz frei geworden war, gehörte ich jetzt fest zum Team. Auf dem Programm standen auf den Pisten unter dem mächtigen Tofane-Massiv Abfahrt, Riesenslalom und zweimal Super-G. Für mich lag der Fokus an diesem Wochenende klar auf Super-G und Riesenslalom, wo ich mich weiterhin deutlich wohler fühlte als auf der schnellen Abfahrt.

Irgendwie schien mir dieses Cortina besonders zu liegen. Mit Platz 6 im Super-G holte ich mir mein bis dahin bestes Weltcupergebnis und qualifizierte mich für die Olympischen Spiele in Lillehammer.

Das war einfach nur Wahnsinn!

Im Nachhinein erinnere ich mich besonders an die Olympiaeinkleidung. Das ist für alle Sportler ein fast heiliger Moment. Vor einer ganz normalen Saison bekommt jeder von uns Athletinnen und Athleten Taschen voll mit Teamkleidung, das ist immer schon außergewöhnlich. Aber so eine Olympiaeinkleidung ist viel größer. Da sind Hallen voller Dinge, die du nur deshalb bekommst, weil du dich für Olympia qualifiziert hast!

Unsere Ausgehkleidung war dabei einzigartig. Designer Willy Bogner hatte auf die Jacken riesige orangefarbene Sonnen sticken lassen. Damit sollte für uns deutsche Athletinnen, auch im hohen Norden, wo es im Winter ja sehr dunkel ist, immer die Sonne scheinen. Ich erinnere mich außerdem noch sehr gerne an einen schwarzen Fleecepulli, mit einem goldenen Stern, den wir in Lillehammer hatten. Den habe ich geliebt.

Was ich auch nicht kannte, waren die vielen Journalistinnen und Journalisten, die da überall rumrannten. Die wollten all die bekannten Sportlerinnen und Sportler interviewen, die dort eingekleidet werden, und auch mich!

Und plötzlich realisierst du: »Du bist Olympia!«

Ja, ich bin mir schon sehr stolz vorgekommen.

Der Slalom meines Lebens

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