Читать книгу PhiloSUFFie - H.R. Albrecht - Страница 15
ОглавлениеWie es bei mir angefangen hat.
Wie Du ja bereits weiter vorn gelesen hast, bin ich schon als Kind in den Alkohol hineingerutscht. Likörgläser auslecken mit fünf, Schaumkronen abschlürfen mit sechs Jahren und mit 14 Jahren ging das richtige Saufen in der Oberschule los. Heute glaube ich sogar, dass meine Eltern gar nicht realisiert haben, in welche Richtung sich das Trinken bei mir entwickelte. Sie schienen sogar belustigt zu sein, als ich das erste Mal, zu wie eine Tür, vor meinem Vater stand. Der Einzige, der sich schämte, war ich. Die Scham verging aber mit der Zeit. Eventuell konnten meine Eltern auch schon wegen ihrer eigenen Sucht nicht richtig einschätzen, wie anfällig ich für Alkohol war.
Schon mit 16 Jahren wurde an den Wochenenden regelmäßig getrunken. Immer lief bei irgendeinem Schulkameraden gerade eine Party. Schema und Ablauf der Partys: Laute Musik, die noch von Schallplatten kam, billiger Alkohol, Zigaretten und wenn es ein ganz dolle Fete war, waren Mädels und Essen an Bord.
Der Ablauf war immer der gleiche. Waren Mädels dabei, was oft nicht der Fall war, war erst mal Ansaufen angesagt, sozusagen Lockermachen. Nach dem Einsetzen der enthemmenden Wirkung des Alkohols tanzten die Jungs Underground. Das war in den Siebzigern ein Tanz, bei dem der Kopf mit den damals langen Haaren heftigst umhergeschleudert wurde. Nur die Besten hielten das einen ganzen Song lang durch. War die Alkoholkonzentration gestiegen, fing man an, mit den Mädels „Blues“ zu tanzen. Eigentlich war das strategische Ziel dabei das Betasten, das Sich-näher-kommen. Das ging meist bis zum Knutschen, und wenn es „wilde“ Mädels waren bis zum Petting. Für mich war meist früher Schluss. Ich war zwar ein recht hübsches Kerlchen, aber ich war zu schüchtern. Außerdem kam mir auch immer der Alk dazwischen: Ich war meist schon nach ein bis zwei Stunden dicht. Mein zärtliches Umarmen und Betasten galt in der Regel den Rundungen der Toilettenschüssel. Ich war satt und kotzte.
Die Partys kamen und gingen, die Darsteller auch. Nur ich schien immer im Partyfilm zu bleiben. Auch als andere Kumpels feste Freundinnen hatten und sich zurückzogen, hatte ich den Suff. Irgendwie gefiel mir das. Zumal sich meine Alkoholtoleranz erhöhte und ich langsam zum Kampftrinker mutierte. Wenn ich heute zurücksehe, erstaunt mich, dass ich nicht wahrnahm, dass nur ich immer weiter soff. Andere kümmerten sich um Freundinnen, um die Schule, um die Lehre. Mein Interesse war der Rausch. Das Gefühl, unantastbar zu sein, Bäume ausreißen zu können, nicht klein und kümmerlich zu sein, ein wenig glücklich zu sein…
Ich weiß nicht, ob es bei Dir vom Ablauf her ähnlich war. Bei den Alkoholikern, die ich selbst kennenlernte, war es oft so.