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c) Fazit

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Der Reiz einer Pilgerschaft liegt heutzutage offenbar darin, dass ein Pilger auf Vorgaben aus der christlichen Tradition stößt, auf die er in seiner Individualität reagieren kann, indem er sie sich zu eigen macht, sich davon absetzt oder sie im Blick auf seine eigene Situation variiert. So bleibt es der Entscheidung des Pilgers überlassen, inwieweit er seinen Weg als Möglichkeit der Begegnung mit sich selbst und anderen Weggefährten sieht oder ob er seine Pilgerschaft auf den Wallfahrtsort und die Begegnung mit der göttlichen Kraft in den Reliquien an seinem Zielort ausrichtet. Die Mehrheit der Pilger sieht die Pilgerschaft offenbar als große Chance zur vertieften Begegnung mit sich selbst – entweder in persönlicher Einsamkeit oder in der sozialen Eingebundenheit einer Gruppe. So spiegelt das Pilgerwesen den gegenwärtigen Trend zum Subjektiven klar wider. Unter dieser Prämisse leben und veranschaulichen die Pilger das Ideal der christlichen Ortlosigkeit auf dem Pilgerweg.

Auch das Thema „Ganzheitlichkeit“ durchklingt die Pilgerberichte vernehmlich und verbindet sich mit persönlich ausgewählten Teilen der christlichen Tradition: Pilgern als leiblich-seelische Erfahrung, Pilgern als Eingebundenheit in die Gemeinschaft der Pilger und in die Geschichte des Pilgerweges, Pilgern nicht zuletzt als Einswerden mit dem Kosmos.68

Eine kirchlich-institutionelle Rückbindung der Pilgerschaft reflektieren die Pilgerberichte und die Mietpilger-Inserate kaum. So nutzen die Pilger zwar die von Christentum und Kirche geschaffene Infrastruktur des Pilgerweges. Doch eine Begegnung mit den dogmatischen oder ethischen Vorgaben des Christentums unterbleibt weithin.69 Damit erfreut sich die Pilgerschaft aktuell tatsächlich auch deshalb eines solch großen Zuspruchs, weil sie „ein geeignetes Forum für die Inszenierung spät- oder postmoderner, posttraditioneller Formen von Religiosität“ bietet.70

Vom Jakobsweg zum Tierfriedhof

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