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Mai 2002 – Große Wüste – Eigentlich Routine

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Wie üblich zog Rayan seine Runden. Immer wenn er in der Wüste unterwegs war, waren alle seine Sinne geschärft. Er liebte die Wüste wie kein anderer. Aber genauso wusste er, dass sie ein Ort war, der keine Fehler vergab. Oft munkelte man, dass Rayan mit der Wüste sprach und noch viel wichtiger: dass sie ihm antwortete. Innerlich musste der Scheich grinsen, denn das war mystischer Blödsinn. Doch tat er nie etwas dazu, derartige Gerüchte zu zerstreuen. Im Gegenteil, wenn sich ihm eine Gelegenheit bot, bestärkte er sie noch.

Was allerdings stimmte, dass er ein Meister darin war, Hinweise zu deuten. Hier eine kleine Staubfontäne, die von einem Rudel Kamele oder anderer wildlebender Tiere stammte, dort eine Ansammlung von Kakteen. Die Art wie sich die Luft über dem Sand bewegte. Und daher wusste er, ja spürte er es, wenn ein Sandsturm kam. Oder er konnte mit Sicherheit sagen, wo sie Wasser finden konnten, auch wenn diese Quellen aufgrund ihrer Abgelegenheit in keiner Karte verzeichnet waren.

Aber es kostete ihm jedes Mal auch viel Kraft, den ganzen Tag über aufmerksam zu sein.

Anfangs hatten sich seine Männer gewundert, wieso er selten inmitten des Pulks blieb, sondern los ritt, um Spuren nachzugehen, die er bemerkt hatte. Er war morgens stets der Erste, der sein Pferd fertigmachte, noch während die anderen Männer mit dem Essen machen oder dem Zusammenpacken ihrer Habseligkeiten beschäftigt waren. Dann umrundete Rayan stets in einem weiten Bogen die Senke, in der sie ihr Lager aufgeschlagen hatten.

In der Wüste war es gut eine Senke zu wählen, auch wenn diese im Angriffsfall von Nachteil war. Aber zum einen war man so wenigstens ein bisschen vor dem Wind geschützt. Noch wichtiger aber war, dass das Feuer auf diese Weise nicht allzu weit zu sehen war.

Würde man mitten auf einem Dünenkamm ein Feuer entzünden, so könnte man das bereits aus vielen Kilometern Entfernung sehen. In einer Senke dagegen konnte es passieren, dass einem nachts ein anderer Trupp in kurzer Distanz passierte, ohne dass er das Lager überhaupt bemerkte. Da war es noch wahrscheinlicher, dass Gegner den Rauch rochen, den das Feuer verursachte.

Dafür war es aber umso wichtiger, am Rand der Senke Wachposten aufzustellen, die verhindern sollten, dass ein Feind, der sie trotzdem erspäht hatte, die Dünenränder besetzte und sie aus strategisch günstigerer Position angriff.

Während seiner Kontrollritte hielt Rayan oft an, stieg ab, um Tierfährten zu beobachten, aber auch die Windrichtung stets zu prüfen oder gar nach Spuren von Menschen oder Lasttieren Ausschau zu halten.

Auf die gleiche Weise beendete er den Tag. Es war bereits zwei- oder dreimal vorgekommen, dass er dem ganzen Trupp Reiter befohlen hatte, alles wieder einzupacken und nochmals weiterzuziehen. Das Murren der Krieger hatte er ignoriert. Vorsicht war das oberste Gebot.

Und schließlich hatten sich die Männer im Laufe der letzten Monate an die Eigenheiten ihres neuen Scheiches gewöhnt. Er war es schließlich gewesen, dessen Intuition und Einfallsreichtum sie damals gerettet hatte; wenn er also ihre aktuelle Lagerstätte als nicht geeignet empfand, so würde er schon wissen, warum.

Überhaupt hatte sich in den letzten Monaten ihr Leben drastisch geändert. War es vorher von Langeweile und Nichtstun geprägt, so gab es nun täglich Trainingseinheiten, Waffenübungen oder Erkundungsaufträge.

Rayan war unermüdlich auf den Beinen, um die Beziehungen zu den umliegenden Stämmen in seinem Sinne zu beeinflussen. Alle hatten von ihm und seinen Taten während des Kampfes gehört, weshalb er von einigen bereits mit entsprechender Ehrfurcht empfangen wurde. Diejenigen, die misstrauischer waren, überzeugte er aber ebenfalls bald.

Sein Name war in aller Munde. Niemals zuvor war es einen anderen Scheich gelungen, so intensive Beziehungen zu seinen Nachbarn aufzunehmen.

Eine weitere bemerkenswerte Veränderung im Leben der Tarmanen war die Konsequenz, mit der ihr neuer Scheich seine Entscheidungen und Anordnungen durchsetzte. Ganz wie er es zu Anfang prophezeit hatte, hatte er strenge Regeln, auf deren Einhaltung er bestand. Zuwiderhandlungen wurden bestraft.

Interessanterweise sahen ihn seine Männer deshalb trotzdem nicht als Despoten an. Das lag zum einen an seiner Ausstrahlung, mit der es ihm gelang, innerhalb kürzester Zeit, die Krieger für sich einzunehmen. Zum Zweiten lag es daran, dass sie sahen, dass auch er nach den gleichen Regeln lebte. Er forderte nichts, was er nicht auch selbst leistete. Weil er stets auf ihre Sicherheit bedacht war und kaum zu schlafen schien, konnte es ihm niemand übel nehmen, dass er vor allem Nachlässigkeiten bei den Wachposten ahndete. Wehe demjenigen, der während einer Wache einschlief!

Den Tarmanen war auch klar, was sie Rayan in Bezug auf Kampffertigkeit zu verdanken hatten. Auf einmal hatten sie statt alter Gewehre völlig neue Waffen. Ihr Scheich gab sich viel Mühe, für jeden einzelnen der Männer die Waffe zu finden, mit der er am besten war. Und in fast allen Kampftechniken überragte er sie um Längen. Kein Wunder, denn in den letzten Jahren hatten sie selbst nur sehr wenig dazu getan, fit zu bleiben.

Rayan - Zwischen zwei Welten

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