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2.1 John Hattie und sein Forschungsprojekt

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Führt man sich vor Augen, wie mühselig, aufwendig und problematisch es ist, gute Meta-Analysen zu erstellen, muss man sich wundern, dass ein einziger Forscher alle verfügbaren Meta-Analysen zu einer Mega-Analyse zusammengefasst. Genau das hat John Hattie getan. Er hat die gesamte erziehungswissenschaftliche englischsprachige Forschung zu allen erdenklichen Faktoren, welche die kognitive Leistung von Lernenden in Schule und Hochschule beeinflussen, in einer Synthese vereinigt.

John A. C. Hattie war Professor für Erziehungswissenschaft an der University of Auckland, Neuseeland und Direktor der dortigen Visible Learning Labs. Seit 2011 ist er Direktor des Melbourne Education Research Institute an der University of Melbourne, Australien. Ende 2008 hat er eine Studie vorgelegt mit dem Titel: Visible Learning – A synthesis of over 800 meta-analyses relating to achievement (HATTIE 2009). In diese Mega-Analyse, mit der Hattie weltweit Aufsehen erregt, sind mehr als 50000 Primäranalysen eingeflossen; die Bibliographie umfasst über 70 Seiten.

Um Hatties Leistung besser einschätzen zu können, sollte man seine Voraussetzungen und seine Arbeitsbedingungen berücksichtigen: Hattie ist Statistikexperte. Er hat über ein entsprechendes Thema an der University of Toronto, Kanada, promoviert. Nach eigenen Angaben hat er ca. 15 Jahre an der Studie gearbeitet. Dabei wurde er von einem Forschungsteam unterstützt, und ihm sind ca. 31 Millionen Aus$ (das entspricht über 20 Millionen Euro) an Fördergeldern zugeflossen (vgl. Times Educational Supplement vom 14.09.2012).

In seiner Mega-Analyse beschränkt Hattie sich auf die kognitive Leistung der Lernenden. Zahlreiche andere Erziehungs- und Bildungsziele, z.B. „Kreativität oder Demokratiefähigkeit, der Sinn für Ästhetik und fürs Soziale“ (vgl. SPIEWAK 2013) bleiben unberücksichtigt. Die konstruktive, durchaus wohlwollende Kritik einer Gruppe von Wissenschaftlern der Massey University, Neuseeland, geht in dieser Hinsicht noch weiter: “To be more accurate, he [Hattie] is concerned not with achievement but with achievement that is amenable to quantitative measurement” (SNOOK ET AL. 2009: 95).

Hattie selbst räumt ein, dass Statistik sein vorrangiges Betätigungsfeld ist. Folglich geht es ihm auch nicht um Interaktionen im Klassenzimmer mit ihren kontextspezifischen Ausprägungen (Hattie 2009: VIII).

Darüber hinaus spielen die Auswirkungen von Armut und Unterprivilegierung in Hatties Studie keine Rolle, denn Letztere seien zwar beklagenswert, können seiner Ansicht nach jedoch nicht durch die Schule beeinflusst werden (vgl. HATTIE 2009: VIII–IX). Im Widerspruch dazu steht, dass er u.a. die Effektstärke für das Geburtsgewicht bei Frühchen (pre-term birth weight, d = 0.54; ibid.: 51f.) berechnet. Da Hattie sich mit seiner Mega-Analyse auch an Bildungspolitiker wendet bzw. von ihnen rezipiert wird, ist der Vorwurf von Snook und Mitautoren (SNOOK ET AL. 2009: 95) bedenkenswert: “As we shall see, social class background is indeed more important than many of the issues discussed in this book and hence policy decisions cannot be drawn in isolation from the background variables of class, poverty, health in families and nutrition.”

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