Читать книгу Lernwirksamer Unterricht - Inez De Florio-Hansen - Страница 8
1. Evidenzbasiertes Lehren und Lernen
ОглавлениеAuf dem Weg zum Lehrerzimmer denkt Alice W., eine Realschullehrerin, über die Englischstunde nach, die sie gerade in „ihrer“ siebten Klasse gehalten hat. Die Schülerinnen und Schüler haben gut mitgearbeitet, und es gab auch keine nennenswerten Störungen. Trotzdem ist Alice irgendwie unzufrieden. Sie hat den Eindruck, ihr Unterricht könnte motivierender und lernwirksamer sein, vor allem für die lernschwächeren Schülerinnen und Schüler. Schon seit einiger Zeit sucht sie nach geeigneten Alternativen. Dabei denkt sie nicht an die rezeptartigen Praxisvorschläge aus den ansprechend aufgemachten Fachzeitschriften oder der Ratgeberliteratur, die sie gelegentlich nutzt. Sie glaubt auch nicht, dass die von Erziehungswissenschaftlern und Fachdidaktikern propagierten „Innovationen“ sie wirklich weiterbringen. Ihrer Meinung nach beruhen die Beiträge von Experten häufig auf subjektiven Erfahrungen. Woher weiß man denn, dass die vorgeschlagenen Neuerungen in der Unterrichtspraxis tatsächlich zu besseren Lernergebnissen führen?
Im Lehrerzimmer angekommen, erzählt sie einer älteren Kollegin, was ihr schon länger durch den Kopf geht. Die befreundete Lehrerin kann Alices Bedenken nicht recht nachvollziehen: „Dein Unterricht funktioniert doch! Warum willst du dich auf etwas einlassen, was dich nur Zeit kostet und im Endeffekt nichts bringt? Was meinst du, wie viele Reformen ich schon mitgemacht habe, die nach anfänglicher Euphorie versandet sind? Also ich, ich habe meinen Lehrstil gefunden.“
Der Rat der Kollegin, sich mit dem zufriedenzugeben, was im Unterricht irgendwie funktioniert, überzeugt Alice nicht. Sie sucht weiter nach Entscheidungshilfen. Sie möchte wissen, was besser wirken könnte als das, was sie bereits macht. Sie sucht nach Belegen dafür, dass bestimmte Unterrichtsstrategien tatsächlich lernwirksamer sind oder zumindest sein können als herkömmliche Methoden.