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Befreiung

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Eine Woche später und nach intensivem Studium der Village Voice hatte Duke am anderen Ende der Stadt ein ganzes Haus zur Miete gefunden und quartierte Lili aus der Heimstatt ihrer Kindertage aus. In seinem Ungestüm hatte er sich das erstbeste leerstehende Haus in Fußnähe des Weinladens geschnappt. Es befand sich in einem Stadtteil namens Tribeca, der als so unattraktiv galt, dass man dort nur wohnte, wenn man um jeden Preis in Manhattan bleiben wollte. Es war vor allem für Bürogebäude ein fruchtbarer Boden, und sie schossen dort in die Höhe und zogen eine tagaktive, wimmelnde Population von Bürohengsten an. Auf der Upper West Side hielt man Duke für töricht.

Tatsächlich lag seine neue Behausung einen Block entfernt von den größten und hässlichsten Bauten, die die Stadt jemals errichtet hatte, Zwillingstürmen, deren Schatten sich auf die gesamte Umgebung legten, und im Gegensatz zu dem sonnenlichtdurchfluteten Wohnsitz mit Flussblick war die neue Bleibe der Butlers finster wie der tiefste Wald. Sie lag eingezwängt in einer engen Gasse zwischen alten, größtenteils baufälligen Fabrikgebäuden. Hinter dem Haus befand sich ein Stück Rasen, den sie als ihren »Naturzipfel« bezeichneten, was seine Ausmaße recht genau beschrieb.

»Wir brauchen doch keine Wände zwischen uns, oder?«, fragte Duke. Lili verneinte natürlich begeistert.

Das Bett stellten sie in eine Nische, Lili kümmerte sich um das Bad, Duke brachte Lampengirlanden an und installierte funkelnde Küchengeräte. Wenn er kochte, drangen die Gerüche auf die kopfsteingepflasterte Straße und lockten in den gefährlich leeren Nächten wilde Tiermenschen an. Manchmal versuchte jemand einzubrechen. Sahen sie Duke, ergriffen alle sofort die Flucht.

Das junge Paar fühlte sich sicher. Wei Wei änderte ihren Arbeitsplan, damit sie dort zweimal wöchentlich saubermachen konnte. Sie kaufte sich ein Paar rosa Hausschuhe, die sie »Twantzie« nannte, und stellte sie in der Diele ab. Endlich lebten Duke und Lili glücklich und zufrieden miteinander.

Einmal riskierte Bucky einen Anruf bei Duke und fragte, was sie mit der Wohnung machen solle. »Wenn du sie jetzt sofort verkaufst, bekommst du viel Geld dafür«, sagte er mit einer solchen Überzeugung, dass Bucky spurte. Noch an dem Tag, an dem das Inserat erschien, griff jemand zu. Bucky hatte dem Paar die Schlüssel überlassen, aber nicht das Eigentumsrecht, und nach Abzug aller Steuern und der Maklergebühren hatte sie einen stolzen Gewinn von dreizehn Prozent gemacht. In weiten Kreisen sah man darin einen Beweis für Buckys Genie, denn New York war ein Käufermarkt.

Fünf Jahre waren vergangen, seitdem Duke in der New Yorker Szene einen bescheidenen Platz eingenommen hatte, da erschien ein Kamerateam im Laden, um Mr. Perkins über den jüngsten Skandal wegen falsch etikettierter Weinflaschen zu befragen, und er bestand darauf, dass sein junger schwarzer Assistent die Fragen beantwortete. Obwohl Duke Spiegel hasste, war er keineswegs kamerascheu. Er erklärte, dass das Einfüllen billiger, gepanschter Weine in Flaschen mit falschem Etikett nicht damit gleichzusetzen sei, dass man Nullen an eine Dollarnote hängt, nein, viel schlimmer, sagte er in die Kamera blickend, es sei so, als gäbe man Toilettenspülwasser als Champagner aus. Er redete sich in Rage und schien völlig aus der Rolle zu fallen und imitierte fast unbewusst Perkins’ echten New Yorker Tonfall.

Ein aufmerksamer Fernsehdirektor erkannte das Potenzial. Er ließ Probeaufnahmen von Duke machen und bot ihm die Pilotsendung einer Kabelfernsehtalkshow über Wein an.

Welch ein Triumph! Keine Videokamera zwang Duke in die Knie. Er war gelöst, charmant, souverän. Sein erster Gast war Mr. Perkins, sein zweiter Mr. Poole, der den Flug aus Kalifornien selbst bezahlte, um den jungen Mann zu unterstützen, und der sich auf dem Bildschirm so gesprächig zeigte, dass die Sendung dem landesweiten Fernsehen eine Meldung wert war.

Als ein Wochenmagazin über die außergewöhnliche Entwicklung amerikanischer Weine am Beispiel Duke Butlers berichten wollte, eines Nachfahren des ersten leidenschaftlich für Wein engagierten Amerikaners, der Burgunder auf die Scholle von Virginia gebracht hatte, nahm Butler die Reporter nach Tribeca in seine seltsame Wohnung mit und stellte ihnen seine weltberühmte Frau vor. Der Artikel nahm eine andere Richtung. Er befasste sich mit der neuen Aristokratie der jungen Generation. Der Geburtsort ihrer Romanze war Afrika – sie hatten sich am Ufer des Victoriasees verliebt. Dann war Duke zur Armee gegangen und Lili nach Harvard, sie hatten sich wiedergefunden und sich ein Heim in New York City geschaffen.

Das Foto von ihr in Weiß und ihm in Schwarz, auf dem sie sich die Arme um die Hüften legten – eine weiße Hand mit Ehering vor schwarzem Kaschmir, eine schwarze Hand mit dazu passendem Ehering vor weißer Seide –, die Gesichter Wange an Wange, ihre Augen braun, seine blau, landete auf dem Cover des Magazins.

Schwarz und Weiß

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