Читать книгу Insolvenzrecht - Irmgard Gleußner - Страница 26
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C. Ausgangsfall
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In diesem Skript wird ein (virtuelles) Unternehmen vorgestellt, das im Jahr 2015 Insolvenz anmelden muss. Anhand dieses Beispiels werden die wichtigsten Stationen einer klassischen Unternehmensinsolvenz behandelt. Vorab werden die Haftungsgefahren für Gesellschafter und Leitungsorgane in der Unternehmenskrise aufgezeigt. Dann werden die Themen rund um den Eröffnungsantrag (früher Insolvenzantrag) dargestellt. Welche Folgen die Insolvenz für das Unternehmen und die Beteiligten hat, wird abschließend erläutert.
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Ausgangsfall
Die Firma „MyTV GmbH“ ist ein TV-Hersteller in Nürnberg. Das Unternehmen wurde 1964 von Max York gegründet. Nach seinem Tod wurde das Unternehmen 2001 von seiner Ehefrau Maria sowie dem Sohn Simon und der Tochter Tanja weitergeführt. Das Stammkapital der GmbH beträgt 25 000 €. Maria ist mit 52 %, die Kinder sind mit jeweils 24 % als Gesellschafter an der GmbH beteiligt. Geschäftsführer der GmbH sind Simon und Tanja, die jeweils einzelvertretungsberechtigt sind. Als Nischenanbieter vertreibt die Firma MyTV GmbH seit ihrer Gründung hochwertige Fernsehgeräte, die ausschließlich in Deutschland am Standort Nürnberg hergestellt werden. Der Vertriebsweg erfolgt exklusiv über den klassischen Fachhandel. Im Jahr 2014 sind 660 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen im Betrieb beschäftigt. Die Firma schreibt seit 2012 Verluste. Gegenüber der Hausbank bestehen Kreditverpflichtungen über 8 Mio. €. Für den Kredit hat Simon als Gesellschafter-Geschäftsführer die Bürgschaft übernommen. Im Jahr 2014 bricht der Umsatz nochmals dramatisch ein. Grund ist, dass der Markt mit billigen Produkten von asiatischen Herstellern geflutet wird (Preisverfall), aber auch der Schrumpfungsprozess im Fachhandel (schwache Nachfrage). Die Hausbank weigert sich im Juni 2014, ein weiteres Darlehen zu geben. Aufgrund der angespannten Liquiditätslage gewährt Tanja der GmbH im Juli 2014 ein Darlehen über 1 Mio. €. Mitte Dezember 2014 muss Simon feststellen, dass nicht mehr genug Geld da ist, um die Dezemberlöhne, die Leasingraten und die Zinslasten zu zahlen. Die Kreditrückzahlung über 8 Mio. € an die finanzierende Hausbank ist erst recht nicht möglich. Der Steuerberater der GmbH rät aufgrund der Liquiditätslage und der Haftungsgefahr, Insolvenz anzumelden. Am 2.1.2015 ist es dann soweit: Tanja und Simon beantragen beim Insolvenzgericht Nürnberg die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der MyTV GmbH.
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Anhand des Ausgangsfalls werden in diesem Lehrbuch die Schritte und Abläufe eines Unternehmensinsolvenzverfahrens (Regelverfahrens) am Beispiel der GmbH aufgezeigt. Im Buch werden die Begriffe „Unternehmen“, „Gesellschaft“ und „Rechtsträger“ synonym verwendet. Besonderheiten der Aktiengesellschaft werden im jeweiligen Zusammenhang erläutert. Da auch natürliche Personen, die sich unternehmerisch betätigen, nicht vor Insolvenzen gefeit sind, wird nach den Erläuterungen zum Regelverfahren die Möglichkeit der Restschuldbefreiung ausführlich dargestellt. Um diese an einem plastischen Beispiel zu erklären, wird daher auch der Geschäftsführer Simon als Privatperson „in die Insolvenz geschickt“.