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Antônio war nun alleine auf der Welt.

Obwohl eine Nachbarin nach Tiagos Ermordung in dessen Haus kam und ihn versorgte, fühlte er sich

Allein

Ganz allein auf dieser Welt.

Sein Vater war fort

Mit ihm war alles weg, was Antônio liebte.

Tiagos Beerdigung glich einer Völkerwanderung, die halbe Favela war gekommen und alle betrauerten dessen kleinen Sohn.

Es wurde viel geweint.

Es wurde viel gegrübelt.

Keiner wusste, wer Tiagos Platz einnehmen sollte.

Da war niemand weit und breit.

Es gab auch einige kritische Stimmen, die fragten, wie Tiago sich nur so verhalten konnte. Er hätte sich für den Jungen zurücknehmen müssen, denn er hatte mit ihm viel Verantwortung übernommen. Antônio war erst zwölf, bald wurde er dreizehn und nun war er allein, ohne Vater, ohne Mutter. Nun war die Frage, wer sich um den Buben kümmerte.

Dies sollte sich schnell entscheiden. Bruna, die etwas matronenhafte Nachbarin, wollte für ihn sorgen. Sie hatte selbst vier Kinder, doch diese waren alle schon aus dem Haus. Ihr Mann Nilo war vor einigen Jahren gestorben. Sie hatte sechs Enkelkinder und das siebte sollte bald kommen. Ihre jüngste Tochter, Fee, eine hellhäutige Schönheit - brünett, athletisch, groß - die an Misswahlen teilgenommen hatte und mittlerweile Model war, hatte sich oft um den Sohn Tiagos gekümmert.

Sie liebte ihn.

Langsam begriff Antônio, dass er doch nicht alleine auf der Welt war.

In dem Moment des größten Schocks hatte er

Alles vergessen

Jeden vergessen

Aber stimmt: da war ja noch Fee.

Und Bruna, die er auch sehr mochte.

Und deren Kinder und Enkelkinder.

Vor allem Melissa, die ihn, eines Tages, kaum dass sie laufen konnte, an der Hand nahm, ihn durch Brunas Haus führte und ihm alles zeigte, als wäre sie die Besitzerin. Melissa, das Kind der ältesten Tochter Adélia, hatte noch drei Geschwister und jedes sah vom Typ her anders aus. Das älteste Mädchen glich einer Griechin. Weiße Haut, schwarzes Haar. Die Zweitälteste sah aus wie eine Deutsche. Helle Haut, blondes Haar. Das dritte Kind, ein Sohn hatte negroide Züge, dunkle Haut und

Kraushaar.

Melissa wiederum hatte rotbraune Haut und schwarze Haare. Bei ihr kam die indianische Seite durch. Brunas Oma war indianischer Abstammung gewesen. In der Familie hatte es Chinesen gegeben, was sich bei der Mutter der vier Kinder, durch ihre Schlupflider bemerkbar machte. Wenn man alle nebeneinander stellte, hätte man nie gedacht, dass es sich um eine Familie handelte. Doch alle Kinder waren von demselben Vater, einem ausgewanderten Deutschen. Sie mussten viele Scherze über sich ergehen lassen und Bernhard, der Vater, hörte oft: »Denkst du wirklich, deine Frau war dir treu?«

Doch er konnte sich sicher sein, dass Adélia ihn nie betrügen würde, denn beide waren ein Herz und eine Seele. Sie machten selbst Scherze darüber, wie wohl ein fünftes Kind aussehen könnte. Es fehlte nur noch ein Kind mit roten Haaren. Dann wäre die Farbpalette komplett. Die beiden anderen

Enkel waren von der zweitältesten Tochter. Einer war braun wie Kakao, der andere kohlrabenschwarz. Auch diese beide hatten denselben Vater.

Wenn alle Enkel nebeneinander standen, hatte man alle Abstufungen von hell bis dunkel. Alle waren gespannt, wie das dritte Kind, der zweitältesten Tochter, Daia, die gerade wieder schwanger war, aussehen würde.

Die ganze Großfamilie - bis auf Sueli, die drittälteste Tochter von Bruna, das drogenabhängige, schwarze Schaf der Familie - kümmerte sich nun rührend um Antônio.

Aber der Schmerz lag sehr tief.

Und mit dem Schmerz kam ein anderes Gefühl.

Ein Gefühl, das Antônio so bisher noch nie hatte.

Hass

Abgrundtiefer Hass

Hass auf denjenigen, der ihm seinen Vater weggenommen hatte.

Hass auf denjenigen, der ihn wie einen Hund erschossen hatte.

Tödlicher Samba

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