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II. Normativismus

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Im Zusammenhang mit der Rechtswissenschaft und ihrer Methodologie findet sich nicht selten auch der Ausdruck „Normativismus“. Dieses Konzept wird jedoch ebenfalls in unterschiedlicher Weise verwendet. Böckenförde hat „Normativismus“ wie folgt umschrieben: „Bezeichnung einer Richtung des Rechtsdenkens und der Rechtswissenschaft, die das Recht allein als einen gegenüber dem Tatsächlichen abgeschlossenen Komplex geltender Rechtsnormen (im Sinn erlassener Gesetzesregeln) begreift und die Aufgabe der Rechtswissenschaft nur darin sieht, diesen Normenkomplex unter Anwendung der Mittel der Logik zu analysieren, in seinem Aussagegehalt festzustellen und durch Rückführung auf allgemeinere rechtslogische Begriffe und Denkfiguren zu systematisieren“.[179]

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Einem so verstandenen „Normativismus“ entgegengesetzt ist vor allem das „konkrete Ordnungsdenken“ wie es z.Z. des Nationalsozialismus etwa von Carl Schmitt und Karl Larenz vertreten wurde. Dahinter steht die Vorstellung, was als „Recht“ zu gelten habe, ließe sich lebensweltlichen Traditionen und Einrichtungen, etwa der „Familie“, entnehmen. Damit wird der Unterschied zwischen sozialer Normierung und Recht eingeebnet und das Recht von der Interpretation der „konkreten Ordnung“ abhängig gemacht.[180]

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In der heutigen Strafrechtswissenschaft wird der Begriff „Normativismus“ meist in einem anderen Sinne[181] verwendet. Er soll ausdrücken, dass die Begriffsbildung der Strafrechtsdogmatik nicht an irgendwelche Vorgegebenheiten, etwa „sachlogische Strukturen“ (vgl. oben Rn. 56) gebunden sei, sondern im Einklang mit der modernen Definitionslehre grundsätzlich[182] frei gestaltet werden könne.[183] Der Gegenbegriff zum „Normativismus“ in diesem Sinne ist ein „ontologisches Strafrechtsverständnis“, oft einfach als „Ontologismus“ bezeichnet, wonach dem Strafrecht bestimmte Inhalte oder Strukturen zwingend vorgegeben sind. Diese Auffassung besitzt heute kaum noch Anhänger;[184] Straftatsystem und strafrechtliche Begriffe werden teleologisch bestimmt.

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Mit der Entscheidung für eine teleologische, also zweck- oder zielorientierte Perspektive ist die Frage nach den zugrunde zu legenden Zwecken und Zielen des Strafrechts freilich noch nicht beantwortet. Insofern hängen Verbrechensbegriff und Straftheorie in der Tat zusammen.[185] Die Straftheorie ihrerseits verweist auf Rechtstheorie und Rechtsphilosophie. Schon wegen dieser Grundlagenorientierung spricht wenig dafür, dass die Auseinandersetzungen um das Straftatsystem und die juristische Begriffsbildung bald zu einem Ende kommen könnten.

6. Abschnitt: Die Straftat§ 27 System- und Begriffsbildung im Strafrecht › Ausgewählte Literatur

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