Читать книгу Diakonie zwischen Vereinslokal und Herrenmahl - Jan Quenstedt - Страница 55
2.1 Problemanzeige: Das Selbstverständnis „diakonisch“ Handelnder
ОглавлениеDie bisherigen Darstellungen haben gezeigt, dass die Verwendung des DiakoniebegriffsDiakoniebegriff nicht einheitlich ist und empirisch zuweilen sogar eine gewisse Sprachlosigkeit hinsichtlich des Verständnisses von „Diakonie“ festzustellen ist.1 Leitbilder und PräambelnPräambel diakonischer WerkeDiakonische Werke und Verbände versuchen Abhilfe zu schaffen und Verstehenshilfen und Zielvorgaben in Bezug auf die Begrifflichkeit zu formulieren, deren Umsetzung und Erfolg jedoch nur schwer zu evaluieren ist. So wäre für den diakoniewissenschaftlichen Diskurs eine Studie sinnvoll, die die Motivationslagen und das SelbstverständnisSelbstverständnis von hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern reflektiert und hinterfragt.2 Mit dieser Studie wäre die Möglichkeit gegeben, den Begriff und das Geschehen der „Diakonie“ einer multiperspektivischen Betrachtung zu unterziehen: Einmal aus Sicht der Leitungsebene, die konkrete Vorgaben und Maßstäbe ausarbeitet (in der vorliegenden Studie durchgeführt anhand von LeitbildernLeitbild und PräambelnPräambel). Sodann kann die Sicht der Mitarbeitenden in den Blick kommen, die sich in ihrer täglichen Praxis idealerweise an den Vorgaben der Leitbilder und PräambelnPräambel orientieren. Und letztlich kann „Diakonie“ aus der Sicht der Personen beleuchtet werden, die mit einer bestimmten ErwartungshaltungErwartungshaltung „Diakonie“ in Anspruch nehmen.3 Die Notwendigkeit einer solchen Studie wurde neuerdings auch im Anschluss an das Forschungsprojekt „Merkmale diakonischer Unternehmenskultur in einer pluralen Gesellschaft“4 formuliert.5 Bei einer solchen Studie „wäre es interessant, den Zusammenhang von LeitbildernLeitbild und anderen verschriftlichten Normen in den Einrichtungen mit der wahrgenommenen Unternehmenskultur zu untersuchen. Also das Wechselspiel von Präskription und Deskription.“6 Im Anschluss an dieses Desiderat zeigt der folgende Fragenkatalog auf, welche Perspektiven die Studie aufgreifen könnte:
Was verstehen die Mitarbeitenden der Diakonie unter dem Begriff der „Diakonie“?
Welche Bedeutung besitzen die Ansprüche aus Vorgaben und LeitbildernLeitbild für das SelbstverständnisSelbstverständnis der Mitarbeitenden und ihrer täglichen Arbeit?
Zu welchem Grad identifizieren sich die Mitarbeitenden mit den Zielen, Ansprüchen und Grundlagen der Leitbilder und PräambelnPräambel?
Welche MotivationslageMotivationslage führt zu einer Tätigkeit im sozialen Sektor? Könnten z.B. die Ausführungen Beyers die Bedeutung des Aspekts der LebenshingabeLebenshingabe bzw. der Ausführung eines ganzen OpfersOpfer hervorheben?7 Oder ist der Gegenpol plausibler: Ist die Tätigkeit im sozialen Sektor mit einer extrinsischen MotivationMotivation zu verbinden, durch die sich die Mitarbeitenden als Dienstleisterinnen bzw. Dienstleister verstehen, die für die Nächste bzw. den Nächsten sorgen, um sich ihren Lebensunterhalt zu verdienen?8
Worin sehen die Mitarbeitenden der Diakonie das Surplus christlich geprägten Hilfehandelns gegenüber dem Hilfehandeln anderer Trägerinnen und Trägern sozial-fürsorglicher Arbeit? Wie unterscheidet sich aus ihrer Sicht die Diakonie [die Innere Mission/die CaritasCaritas etc.] von der Volkssolidarität [der AWO/dem DRK etc.]?
Sind die Mitarbeitenden Kirchenglieder bzw. in einer Kirchgemeinde aktiv?
Besteht eine Verbindung zwischen dem kirchlichen Leben innerhalb einer Gemeinde und dem sozial-fürsorglichen Handeln der Mitarbeitenden in der Diakonie?
Wird der GottesdienstGottesdienst als Mittelpunkt gemeindlichen Lebens verstanden und motiviert er zu diakonischem Handeln?9
Die angeführten Überlegungen und Fragen sind exemplarisch für die Konzeption einer entsprechenden Studie zu verstehen und dürfen nicht als abgeschlossen angesehen werden. Vielmehr soll deutlich werden, welche Fragen sich aus den in dieser Studie durchgeführten Annäherungsversuchen ergeben, die einer empirischen Evaluation bedürften. Ein empirischer Blick auf die Motivationslagen von Mitarbeitenden bietet nicht zuletzt die Möglichkeit, sowohl Überforderung als auch Enttäuschungen vorzubeugen – sowohl seitens der Mitarbeitenden als auch seitens der Leitungsebene.