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Privates Glück

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Nach dem Ende des Amerikanischen Unabhängigkeitskriegs wurde Bligh wie Tausende andere Marineoffiziere entlassen. Die Royal Navy wurde auf Friedensstärke abgerüstet und die Mehrzahl der Schiffe außer Dienst gestellt, sodass es für ihn in der stark geschrumpften Marine keine Verwendung mehr gab. Außer seinen Dienstbezügen besaß Bligh keine Einkünfte. Zwar sollte er wie jeder unbeschäftigte Offizier vom Leutnant an aufwärts einen Halbsold erhalten, der ihm eine magere Existenz ermöglichte, doch sahen seine Zukunftsaussichten ohne einen einflussreichen Gönner düster aus.

Zumindest hatte er sein privates Glück gefunden. Nach der Rückkehr der RESOLUTION hatte Bligh den Kontakt zur Familie Betham erneuert, die ihn mit offenherziger Freundlichkeit in der Familie aufnahm. Als Teilnehmer an Cooks letzter Expedition hatte Bligh viel zu erzählen, und als Sailing Master war er auch eine standesgemäße Partie für Elizabeth Betham. Offenbar verband die beiden seit Blighs erstem Besuch auf der Isle of Man eine tiefe Zuneigung, und so hatte er am 4. Februar 1781 die inzwischen 27-jährige Elizabeth geheiratet. Die intelligente, gebildete und naturwissenschaftlich interessierte Frau wurde die große Liebe seines Lebens. Im November 1781 wurde ihre erste Tochter Harriet geboren, 1783 folgte die Tochter Mary.

Leider war Elizabeth, von ihrem Ehemann liebevoll „Betsy“ genannt, von schwacher Gesundheit. Oft lag sie wochenlang mit zugezogenen Vorhängen im Bett, zu schwach um aufzustehen. Dies zeigt eine andere Seite von Blighs Charakter. Er war ein überaus liebevoller Ehemann, der sich fürsorglich um seine kranke Frau kümmerte. Auch seine Briefe an Betsy waren von großer Feinfühligkeit und Offenheit. Wie der Briefwechsel des Paares bezeugt, verband sie nicht nur gegenseitige Liebe und Achtung, sondern auch eine tiefe Freundschaft. So ermutigte er Betsy, ihre wissenschaftlichen Neigungen zu verfolgen. Von seiner Reise mit Cook hatte Bligh zahlreiche Muscheln mitgebracht, an denen sie große Freude hatte. Der berühmte Naturforscher Sir Joseph Banks, der als junger Mann an Cooks erster Reise teilgenommen hatte, ermunterte sie später dazu, eine eigene Muschelsammlung aufzubauen, indem er ihr dreißig Exemplare schenkte, die zu den Erinnerungsstücken an seine eigene Fahrt in die Südsee gehörten. Betsys zweite große Leidenschaft galt der Kunst; im Laufe der Jahre erwarb sie eine umfangreiche Sammlung von Kunstdrucken.


Elizabeth Bligh

Elizabeths Vater konnte nur wenig tun, um die finanziell angespannte Situation des jungen Paares zu lindern. Als Leutnant betrug Blighs Halbsold lediglich zwei Schilling am Tag, was einem Jahreseinkommen von 35 Pfund entsprach. Schließlich bot Elizabeths Onkel, der im Westindienhandel tätige Reeder und Kaufmann Duncan Campbell, Bligh das Kommando über eines seiner Handelsschiffe an. Campbell gehörten nicht nur zahlreiche Handelsschiffe, sondern auch etliche der berüchtigten Gefängnishulken auf der Themse, ausgediente Schiffsrümpfe, auf denen die Insassen, Häftlinge und Kriegsgefangene, in drangvoller Enge zusammengepfercht waren.

Als Kapitän sollte Bligh ein Jahresgehalt von 500 Pfund Sterling erhalten. Dies war mehr als das 14-fache seines jährlichen Leutnantshalbsolds und auch mehr als das Dreifache des jährlichen Halbsolds eines Fregattenkommandanten im Rang eines Kapitäns zur See. Auch als aktiver Leutnant hätte sein jährliches Einkommen – je nach Größe des Schiffs – lediglich zwischen 75 und 92 Pfund gelegen. Campbells Großzügigkeit war jedoch nicht völlig uneigennützig, denn Bligh war nicht nur ein erfahrener Seemann mit einer ausgezeichneten Reputation als Navigator, sondern kannte sich auch in der Karibik hervorragend aus. Zudem war er als Familienmitglied vertrauenswürdig. Bereitwillig nahm Bligh das Angebot an. Sein Leben lang blieb er Campbell zutiefst dankbar.

Mitte 1783 erhielt Bligh die Erlaubnis der Admiralität, das Kommando über ein Handelsschiff zu übernehmen. In den folgenden Jahren befehligte Bligh die Westindienfahrer LYNX, CAMBRIAN und BRITANNIA auf der Route zwischen Großbritannien und den britischen Kolonien in der Karibik. Die westindischen Inseln und ihre Produkte waren eine wesentliche Quelle für Englands ökonomischen Aufstieg im 18. Jahrhundert. Sie versorgten das Mutterland mit begehrten Kolonialwaren wie Zucker, Tabak und Baumwolle. Seit Oliver Cromwell 1661 die sogenannte Navigationsakte erlassen hatte, war der Warenverkehr mit den englischen Kolonien ausschließlich britischen Schiffen vorbehalten. Zugleich war jedes produzierende Gewerbe auf den Inseln verboten, alle Fertigprodukte mussten aus England importiert werden. Vor allem mit Zucker wurden damals enorme Vermögen verdient, auf den Inseln ebenso wie in den europäischen Mutterländern.

Erkauft wurde der Reichtum mit dem Leiden der afrikanischen Sklaven, die gewaltsam aus ihrer Heimat nach Westindien verschleppt wurden. Dort mussten sie unter unmenschlichen Bedingungen auf den Zuckerrohrplantagen schuften, um den Europäern im wahrsten Sinne des Wortes das Leben zu versüßen. Der sogenannte atlantische Dreieckshandel war eine ebenso anstößige wie lukrative Schifffahrtsbranche. Mit billigen Manufakturwaren wie Schnaps, Tüchern und Gewehren beladen, fuhren die Schiffe nach Afrika, um dort ihre Waren gegen Sklaven zu tauschen, die in Westindien mit großem Gewinn verkauft wurden. Anschließend kehrten die Schiffe mit Zucker, Tabak oder Baumwolle beladen nach Europa zurück. An dem schmutzigen Geschäft des Sklavenhandels war Bligh allerdings nicht beteiligt, denn die von ihm befehligten Schiffe verkehrten auf direktem Kurs zwischen Westindien und England.

Die BOUNTY war sein Schicksal

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