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Vorgeschobenes Verantwortungsbewusstsein gegenüber der Familie
ОглавлениеEin oft verwendetes Argument für die eigene Partizipation am Genozid war die Sorge um die eigene Familie. Doch das Auslöschen fremder Familien, die als Rechtfertigung für das Morden herhalten müssen, legt eine enorme Erblast auf die Kinder der Täter.
Renates Vater war während des Krieges Einsatzgruppenleiter eines Erschießungskommandos:
Mein Vater sagte, er hätte es für uns getan. Wenn er den Befehlen nicht nachgekommen wäre, hätten sie ihn erschossen, und dann wäre seine Familie hilflos zurückgeblieben. Das fand ich eigentlich das Schlimmste, wenn er sagte: Ich habe es für euch getan. Letztlich sagte er damit: Er habe all diese Leute getötet aus Liebe zu seiner Familie und zu seinen Kindern. Ich sagte ihm: ‚Wenn du nur gesagt hättest, du würdest es nicht tun.‘ Darauf sagte er: ‚Du hättest so gern einen Vater, der das getan hätte und dafür erschossen worden wäre.‘ Ja, vielleicht hätte ich lieber einen solchen Vater.47
Hier sind nur einige Beispiele für die Rechtfertigungen, deren sich die Täter bedienten:
„Ich habe es zum Wohl für die Partei gemacht.“
„Ich habe mein Versprechen gegeben.“
„Keiner kann den Druck ermessen, unter dem wir damals standen.“
„Wir müssen das Versagen unseres Landes von damals im europäischen Kontext sehen.“
„Es haben damals ja alle mitgemacht.“
„Wir hätten die Existenz unserer Familie gefährdet.“