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dd) Unkenntnis der Behörde
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Anders als bei § 370 Abs. 1 Nr. 1 ist Adressat des § 370 Abs. 1 Nr. 2 nur die Finanzbehörde i.S.d. § 6 Abs. 2, nicht auch andere Behörden.
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Nach dem Wortlaut des § 370 Abs. 1 Nr. 2 muss der Täter die Finanzbehörde – anders als nach der h.M. zu § 370 Abs. 1 Nr. 1 (s. dazu Rn. 255) – in Unkenntnis der steuerlich erheblichen Tatsache lassen. Umstritten ist, ob Voraussetzung dafür ist, dass die Finanzbehörde in Unkenntnis der steuerlich erheblichen Tatsache ist, also nicht auf andere Weise Kenntnis erlangt hat.[386] Dies ist zu bejahen. Die Finanzbehörde wird nur dann über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis gelassen, wenn ihr solche Informationen vorenthalten werden, die sie benötigt, um eine Steuerfestsetzung zutreffend vorzunehmen oder eine andere steuerliche Entscheidung richtig treffen zu können.[387] Logische Voraussetzung dafür, jemanden über eine Tatsache in Unkenntnis lassen zu können, ist, dass dieser nicht bereits Kenntnis von dieser Tatsache hat. Auch Sinn und Zweck der Norm verlangen keine andere Auslegung: Geschütztes Rechtsgut ist das staatliche Interesse am vollständigen und rechtzeitigen Aufkommen der einzelnen Steuern. Eine Gefährdung dürfte aber auszuschließen sein, wenn die Finanzbehörde Kenntnis vom steuerlich relevanten Sachverhalt hat.[388] Zumindest dürfte der andernfalls auf Versäumnissen der Finanzbehörde beruhende Verkürzungserfolg dem Täter nicht zuzurechnen sein. Auch eine Strafbarkeitslücke entsteht nicht: Geht der Täter fälschlich davon aus, dass das Finanzamt keine Kenntnis hat, kommt Versuchsstrafbarkeit in Betracht. Die Behörde hat tatbestandsausschließende Kenntnis, wenn ihr die Tatsache so konkret und nachweisbar bekannt ist, dass sie die entspr. Steuerfestsetzung oder sonstige Maßnahme eigenständig vornehmen kann.[389] Die Rspr. ist zu der Frage, auf wessen Kenntnis konkret abzustellen ist, uneinheitlich.[390] Entscheidend ist die Kenntnis der innerhalb der zuständigen Finanzbehörde organisationsmäßig für die Bearbeitung des Steuerfalls zuständigen Dienststelle.[391] Abzustellen ist im Zweifel auf den Inhalt der Akten, die in der zuständigen Dienststelle für den zu veranlagenden Steuerpflichtigen geführt werden. Dazu gehören alle gehefteten und losen Schriftstücke, die bei der Dienststelle vorliegen oder sie im Geschäftsgang erreicht haben.[392] Bekannt sind der zuständigen Dienststelle neben dem Inhalt der dort geführten Akten auch sämtliche Informationen, die dem Sachbearbeiter von vorgesetzten Dienststellen über ein elektronisches Informationssystem zur Verfügung gestellt werden, ohne dass es insoweit auf die individuelle Kenntnis des jeweiligen Bearbeiters ankommt.[393] Dagegen gelten Tatsachen, die sich aus den Akten anderer Steuerpflichtiger ergeben, grds. auch dann nicht als bekannt, wenn für deren Bearbeitung dieselbe Person zuständig ist.